Über Wochen haben sich vor allem Gegner und Skeptiker zu Wort gemeldet. Jetzt kommen Befürworter eines Nationalparks im Spessart aus der Deckung. Am Donnerstag sprachen sich die Vorsitzenden der drei Kreisgruppen des Bundes Naturschutz in Main-Spessart, Miltenberg und Aschaffenburg bei einem gemeinsamen Pressetermin dafür aus, dass der Spessart Nationalpark werden soll.
Sie sprechen für rund 7500 Mitglieder
Erwin Scheiner (MSP) Dagmar Förster (AB) und Steffen Scharrer (MIL) vertreten insgesamt rund 7500 Mitglieder des Bundes Naturschutz. Gemeinsam mit dessen in Rothenbuch beheimateten stellvertretenden Landesvorsitzenden Sebastian Schönauer sowie Michael Kunkel, dem BN-Waldexperten im Spessart, zeigten sie sich überzeugt, dass ein Nationalpark nicht nur ökologisch ein Gewinn wäre.
Freude über Ende der „Blockadehaltung der Staatsregierung“
„Wir sind froh, dass es so gekommen ist“, sagte Schönauer mit Blick auf die Tatsache, dass die Bayerische Staatsregierung im August völlig überraschend von sich aus die Absicht erklärt hat, nach dem Bayerischen Wald und dem Berchtesgadener Land eine dritten Nationalpark schaffen zu wollen. „Damit gibt die Staatsregierung ihre bisherige Blockadehaltung auf“, so Schönauer.
Ziel: Versachlichung der Diskussion
Der dritte Nationalpark, so mutmaßen Experten, soll ein Waldnationalpark mit Schwerpunkt auf der Buche werden. Dies wertet der bayerische BN-Vize als Möglichkeit, dass „endlich die naturschutzfachlichen Potenziale des Spessarts anerkannt werden“. Die Verantwortlichen der drei Kreisgruppen wollen sich in den kommenden Wochen vor allem um eine Versachlichung der Diskussion bemühen und dazu das Gespräch mit Bürgern und Politikern suchen. Bislang, so erklärten die BN-Vertreter, dominierten unbegründete Ängste und falsche Behauptungen.
NAtionalpark würde nur rund ein Zwanzigstel des Spessartsumfassen
So veranschaulichten die Naturschützer mit der oben zu sehenden Grafik, dass ein Nationalpark in der Mindestgröße von 10 000 Hektar gerade einmal knapp fünf Prozent des über 240 000 Hektar umfassenden Spessarts bedecken würde. „Der Nationalpark wäre im Spessart locker unterzubringen“, folgerte Michael Kunkel. Zwar hüteten sich die Naturschützer, konkrete Flächen zu benennen. Klar ist jedoch, dass der Nationalpark seinen größten Nutzen im Hochspessart entfalten könnte, vor allem in den Staatswäldern des Forstbetriebes Rothenbuch.
Wertvolle Schutzgebiete als Spendengeber für umliegende Wälder
Dort, so Kunkel, gebe es schon jetzt „qualitativ sehr hochwertige Schutzzonen“ in Gestalt mehrerer Naturwaldreservate wie Eichhall oder Gaulkopf sowie Waldnaturschutzgebiete wie dem Metzgergraben. Diese könnten mit ihrer einzigartigen Artenvielfalt als „Spendengeber“ für die umliegenden Wälder dienen. Die großflächigen alten Buchen- und Eichenwälder des Spessart seien schon heute „Hotspots der Artenvielfalt“, durch intensive Forstwirtschaft jedoch in ihrem Bestand bedroht.
Naturschützer sehen in Holzrechten kein Hindernis
Nicht bedroht seien durch einen Nationalpark hingegen die alten Spessarter Holzrechte, so Schönauer. Zum einen würden die Holzrechte in ihrer verbrieften Form ohnehin kaum irgendwo ausgeübt. Zum anderen wären durch einen Nationalpark nur wenige der 44 von den Holzrechten tangierten Gemeinden betroffen. Für diese ließen sich in Staatswäldern außerhalb des Nationalparks problemlos alternative Möglichkeiten der Holzversorgung aufbauen, so die BN-Vertreter.
Jetzt beginnt die Suche nach Verbündeten
Sie kündigten an, in den kommenden Wochen die Nationalpark-Diskussion aktiv zu begleiten. Gezielt wolle man sich Verbündete suchen, beispielsweise aus dem Bereich Tourismus, der von der Ausweisung eines Nationalparks deutlich profitieren dürfte. Auch mit den Verantwortlichen des der Nationalparkidee bislang eher skeptisch gegenüberstehenden Spessartbundes wolle man das Gespräch suchen.
Neben dem ökonomischen auch ein ökologischer Nutzen
Michael Kunkel, der schon seit Jahren ein kritisches Auge auf die in seinen Augen mancherorts aus dem Ruder laufende Forstwirtschaft im Spessart wirft, kündigt an, Vorträge in verschiedenen Spessartgemeinden halten zu wollen. Auch er verweist neben dem ökologischen auch auf den ökonomischen Nutzen eines Nationalparks: Der Forstbetrieb Rothenbuch erwirtschafte trotz intensiver Forstwirtschaft aktuell lediglich eine schwarze Null. Ein Nationalpark hingegen bringe nachweislich Wertschöpfung in die Region.