"Beim Obstanbau ist fast alles Handarbeit." Peter Stenger, der Besitzer des Obsthof Stenger muss es wissen, denn im Moment läuft die Ernte auf Hochtouren. "Man kann sich vielleicht gar nicht vorstellen, wie aufwendig eine solche Ernte ist", sagt der 30-Jährige. Und weil vieles Handarbeit ist, ist Stenger auf die Unterstützung von Hausfrauen aus der Lohrer Umgebung und von polnischen Saisonkräften angewiesen.
Während der Ernte arbeiten sich pro Tag ungefähr ein Dutzend Helfer von Baum zu Baum und pflücken die Früchte. "Man hat so seine Leute", erzählt Stenger. Was allerdings nicht immer reicht: Er sei auch an Aushilfskräften interessiert, sagt er. Was freilich schwer ist, denn Fabriklohn, so Stenger, könne er für diese Arbeit leider nicht bieten - "das würde sich nicht rechnen".
Bei der Ernte werden noch grüne Früchte am Baum gelassen, bis sie richtig reif sind. Für Apfelbäume rechnet man teilweise drei Pflückgänge.
Stenger hat in der Hauptsaison alle Hände voll zu tun. "Die ganze Arbeit ist schwer zu koordinieren. Morgens muss ich allen sagen, wo sie heute pflücken sollen." Damit ist es aber nicht getan: Volle Kisten müssen abgeholt und leere zu den Pflückern gebracht werden. "Man muss für jeden mitdenken und schauen, ob richtig gearbeitet wird."
Um auf Märkten möglichst viele Obstsorten anbieten zu können, pflücken die Helfer vor Markttagen verschiedenes Obst. Normalerweise arbeiten alle zusammen auf einer Obstwiese.
8000 Spindelbäumchen
Stenger baut fast die ganze Obstpalette an: Äpfel, Birnen, Kirschen und Mirabellen, sogar Pfirsiche sowie verschiedene Beerenarten. Den größten Anteil haben aber die Äpfel: Zirka 8000 Spindelbäumchen mit Tafeläpfeln verteilen sich auf vier Hektar.
Unter den zehn Hauptsorten sind Elstar, Cox, Jonagold und Golden Delicious. "Die Bäume sind zweieinhalb bis drei Meter hoch, damit sie vom Boden aus zu bearbeiten und zu ernten sind", so Stenger. Das sei deshalb so wichtig, weil die Tafeläpfel so empfindlich sind.
Die Mostäpfel hingegen wachsen auf Hochstämmen. Die Zwetschgenbäume stehen bei Stenger von der Wichtigkeit her an zweiter Stelle. Sie beanspruchen etwa 1,5 Hektar Platz. Von den zehn bis 15 Sorten ist die Hauszwetschge wohl am bekanntesten.
Der Obsthof beherbergt neben Obstbäumen aber auch noch zehn Bienenvölker. Dabei spielt der Honig nur eine untergeordnete Rolle, erklärt der Obstbauer. "Wir brauchen die Bienen zum Bestäuben der vielen Blüten."
"Man bekommt die Bäume aber schon öfter als nur zur Ernte zu sehen", betont er. Allein der Schnitt der Bäumchen dauert mehr als 100 Stunden pro Hektar. Neben anderen kleineren Arbeiten, müssen die Äpfel ausgedünnt werden. Es dürfen nicht mehr als zwei an einem Fruchtansatz wachsen "sonst bleiben sie zu klein und schmecken nicht", so Stenger.
Eine weitere Arbeit an den Bäumen ist der Pflanzenschutz. Stenger baut zwar kein Bio-Obst an, betont aber, "das Obst, wie wir es produzieren, ist nicht belastet." berücksichtige man das Nützlings- und Schädlingspotential, sei "der Pflanzenschutz für den Kunden die günstigere Alternative". Stenger hat direkten Kontakt zu seinen Kunden und will ihnen "selbstverständlich gesundes Obst bieten. Ich würde bedenkenlos in einen Apfel direkt vom Baum beißen!"
Der Obsthof Stenger lagert seine Früchte in einer 800 Quadratmeter großen Halle mit mehreren Kühlzellen für die verschiedenen Sorten.
Äpfel lieben zum Beispiel Temperaturen von zwei bis vier Grad. Sie reifen dann noch und bleiben fest. Manche Obstsorten können gelagert werden, bis die nächste Saison beginnt.
"Im Prinzip geht es nur, wenn die ganze Familie ein bisschen mithilft", erzählt Stenger. Das zeigt zum Beispiel die Verwertung des Obstes. So führt seine Mutter, Inge Stenger, den kleinen Laden direkt am Hof, in dem sie Obst und die anderen Erzeugnisse verkauft. Auf verschiedenen Märkten ist Stengers jungvermählte Frau Karin vertreten. "Sie geht aber zusätzlich mit hinaus auf die Obstwiesen", fügt Stenger hinzu.
Sein Vater, Alfons Stenger, bearbeitet das sogenannte Verwertungsobst. In der Brennerei am Hof stellt er Schnaps her, in der Kelterei verarbeitet er Äpfel zu Most und Saft. Dieser wurde im letzten Jahr sogar mit dem silbernen Abzeichen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft prämiert.
Die Ernte ist also die bekannteste, bei weitem aber nicht die einzige Arbeit. "Eigentlich ist es ein Full-Time-Job, Freizeit bleibt uns kaum", erzählt Stenger und steigt wieder in seinen Jeep, um auf seine Wiesen zu fahren.