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LOHR: Lohr wagt mehr Moderne

LOHR

Lohr wagt mehr Moderne

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    Grenzabstände, Dachneigungen, Wandhöhen – wie für vieles andere in Deutschland gibt es auch für den Bau eines Hauses enge Vorgaben. Kleinere und manchmal auch größere Abweichungen werden freilich immer wieder geduldet. Meist mit dem Hinweis, dass die Planung trotz eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des Bebauungsplanes städtebaulich noch ins Bild passt.

    Am Dienstag nun lag wieder mal ein Bauplan auf dem Ratstisch, bei dem schon vorher klar war, dass es zu Diskussionen kommen würde. Und in der Tat: Das Haus, das Thomas und Heidi Mersi in der Sendelbacher Buchenstraße bauen wollen, fällt etwas aus der Reihe (siehe Planskizze). Quadratisch, praktisch – aber auch gut? Darüber gingen die Meinungen auseinander.

    Das vehementeste Plädoyer für die Genehmigung der Planung hielt Stadtbaumeister Johannes Denk. Das Gebäude, das sich architektonisch stark von der angrenzenden Bebauung abhebt, „hat eine Qualität und führt eine Linie“, so der Architekt im Dienste der Stadt. „Die Nachbarn können sich nichts Besseres wünschen“, zeigte sich Denk angetan – auch mit dem Hinweis, dass das Gebäude trotz seiner klotzigen Gestalt „kleiner ist, als es sein dürfte“.

    Auch Hans-Joachim Hüftlein, der städtische Bauamtsleiter, war sich sicher, dass Planungen wie die vorliegende künftig häufiger auf den Tisch kommen werden, „auch aus energetischen Gründen“.

    Mit dieser Vorstellung konnten sich zumindest einige Stadträte nicht so recht anfreunden. „Das fällt völlig aus dem Rahmen“, urteilte beispielsweise Christine Kohnle-Weis (SPD). Das „gigantische Gebäude“ werde an einer „exponierten Lage“ stehen und weithin sichtbar sein. Gerade vor dem Hintergrund, dass sich die Bauherren in der Nachbarschaft weitgehend an die Regeln des Bebauungsplanes gehalten hätten, könne man nun ein solches Gebäude nicht zulassen. Andernfalls gebe man nur ein Zeichen, dass „Bebauungspläne nichts mehr wert sind“, so Kohnle-Weis.

    Auch Reinhold Lachmann (CSU) gab zu bedenken, dass es einst „ein Sakrileg war, dass in Sendelbach keine Flachdächer gebaut werden“. Wenn der Hauptverwaltungsausschuss nun seine Zustimmung zu den vorgelegten Plänen erteilte, „entscheidet er gegen den erklärten Willen des Stadtrats“.

    Gerold Wandera (Grüne) hingegen zeigte sich erfreut über die moderne Planung: „Endlich hat mal jemand den Mut, was Anderes hinzustellen.“ Er habe sich jedenfalls „schon immer aufgeregt“ über den „08/15-Baustil“, der in Lohr zu sehr verbreitet sei.

    Prüße plädiert für Vielfalt

    Auch Bürgermeister Ernst Prüße bekannte, dass er „für die Vielfalt“ sei. Man solle es den Bauherren überlassen, wie sie ihre Häuser gestalten. Brigitte Riedmann (Freie Wähler) schlug in die gleiche Kerbe. Wenn die Vorschriften der Bebauungspläne nicht mehr so eng gesehen würden, könne man doch gleich zumindest weitgehend auf eine Regulierung verzichten. Man solle in künftigen Bebauungsplänen nur noch die Baugrenzen definieren „und alles andere den Bauherren überlassen“.

    „Endlich hat mal jemand den Mut, was Anderes hinzustellen.“

    Stadtrat Gerold Wandera über die vorgelegte Planung

    Lachmann indes erinnerte daran, dass in der Vergangenheit schon „Leute ihr Dach abreißen mussten, weil der Kniestock 15 Zentimeter zu hoch war“. Da falle es schwer, zu erklären, weshalb nun die Vorschriften derart lax ausgelegt würden. Diesen Einwand ließ Bauamtsleiter Hüftlein nicht gelten. In dem von Lachmann angesprochenen Fall habe ein Bauherr einfach abweichend vom Bebauungsplan gebaut, ohne sich die Genehmigung zu holen. „Das ist schon ein Unterschied“, so Hüftlein.

    Am Ende der Diskussion erteilten bis auf Kohnle-Weis alle Stadträte dem Sendelbacher Bauvorhaben ihren Segen – um sich gleich in die nächste Diskussion zu stürzen. Denn unmittelbar anschließend mussten sich die Räte mit der von Elisabeth und Stefan Reusch eingereichten Planung für einen etwas moderner gehaltenen Anbau an ein bestehendes älteres Haus im „Fuchsloch“ in Halsbach befassen.

    Verblüffend dabei: Nachdem Bauamtsleiter Hüftlein den Räten zur Genehmigung des ausgefallenen Neubaus in Sendelbach geraten hatte, schlug er nun vor, dem deutlich unauffälligeren Anbau in Halsbach die Zustimmung zu verweigern. Begründung: Es lägen zu viele Abweichungen vom Bebauungsplan vor.

    Die Mehrheit der Räte wollte Hüftleins Argumentation jedoch nicht folgen. Angesichts der Zustimmung zu der Sendelbacher Planung werde man Schwierigkeiten haben, den Halsbacher Bauwerbern eine Ablehnung „zu verklickern“, sagte beispielsweise Rosemarie Stenger (CSU). Schließlich sei das in Halsbach geplante Bauvorhaben im Vergleich zu dem in Sendelbach „noch human“.

    Geschmack hat sich gewandelt

    Auch Michael Ullrich (CSU) verwies darauf, dass sich der Geschmack der Häuslebauer nun mal gewandelt habe. „Wenn es den Leuten gefällt, sollte man die Zustimmung geben“, sagte er nicht zuletzt mit Blick auf die Tatsache, dass auch alle Nachbarn per Unterschrift dem Bauplan zugestimmt haben.

    Hüftlein hingegen verwies darauf, dass „Halsbach von der gestalterischen Sicht schon was Besonderes ist“ und man sich in dem Ort auch „als was Besonderes sieht“. Auch deshalb empfahl der Bauamtsleiter den Stadträten: „Sie müssen eigentlich nein sagen“.

    Die Stadträte jedoch verweigerten Hüftlein die Gefolgschaft und erteilten stattdessen auch dem Halsbacher Bauvorhaben ihr Einvernehmen. Die einfache Logik dabei: Letztendlich muss eh das Landratsamt als Baubehörde über die Zulässigkeit aller Planungen entscheiden. Und falls die Behörde ablehnt, hätte man in Lohr wenigstens den Schwarzen Peter los.

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