Einen Dialog zwischen Literatur und Musik zum Thema „Liebe“ und ein dreigängiges Menü genossen rund 80 Besucher in der Kantine des Zementwerkes Schwenk unter dem Titel „Amore, Amore“. Der Rezitator Reinhold Joppich las erotische Geschichten italienischer Autoren und Mario Di Leo präsentierte Lieder mit Gitarre. Die Organisation hatte die Buchhandlung Ehehalt im Rahmen der LesART-Reihe 2012.
Appetit auf „Bella Italia“, auf lauschige Sommerabende im Veneto, an der Rivera oder in der Toskana sollte der Abend machen, aber auch Lust auf Literatur, auf Lesen. Und dazu ist die Verbindung von Musik, mediterraner Küche und „Amore“ bestens geeignet. In der Art der Präsentation konnten die beiden ihre Absicht erfüllen. Mario Di Leo überzeugte mit perfektem Gitarrenspiel und einer Stimme wie der kredenzte Rotwein Sponsa Rosso Veronese. Samtig, leidenschaftlich und eine Spur rauchig. Mal frech, mal rassig, mal melancholisch: Di Leo interpretiert nicht nur, er lebt seine Lieder und sein Heimatland Italien. Schade, dass die Verstärkeranlage gelegentlich Schwächen zeigte. Auch die Liedauswahl zeigte Abwechslung. Ein zartes „Lied von der verlorenen Liebe“, eine Hommage an Marilyn Monroe oder das Lehrstück, wie man in sittlich strengen Familien dem Auge der künftigen Schwiegermama entkommt.
Gewandt, erfahren und sicher pointiert war auch der Vortrag von Reinhold Joppich. Mit der Auswahl seiner Lesetexte durfte allerdings der eine oder andere schon mal hadern. Erotische Literatur kann prickeln, knistern, von Leidenschaft erzählen oder von tiefen Gefühlen schmachten, sich verzehren oder auch „Herz-Schmerz“ bieten. Eine bloße Reduzierung von „Amore Italiana“ auf lustige, skurrile oder komische Geschichten befriedigte nicht alle. Die einzelnen Storys waren durchaus pfiffig, wie etwa in dem modern erzählten Märchen „Die drei Alten“, in dem ein liebestoller Prinz statt einer schönen Braut eine 94-jährige Urgroßmutter unter sieben Schleiern zur Frau kriegt.
Süffisant auch wie eine junge Frau in „Noch ein Schuft“ peu á peu in eine Affäre mit einem eher unattraktiven älteren Herrn hineinschlittert, letztendlich aber doch an dessen Mutter scheitert.
Leidenschaft und Eifersucht
Leidenschaft und Eifersucht blitzte auf in Alberto Moravias „Ach die Frauen“ mit Missverständnissen und fliegenden Fäusten. Recht derb dann die Erzählung „Das Dampfross“ mit einer unbändig triebhaften, stattlichen Frau und einem völlig überforderten, kleinen erschöpften Mann.
Italienische Liebe sei geprägt von einer völlig anderen Mentalität, sagte Joppich, der zwei Jahre als Buchhändler in Rom gelebt hat. Sie sei leichter, intensiver, aber auch oberflächlicher. Romantik wie in Deutschland gebe es kaum, der „italienische Gockel“ hat nur ein Ziel: möglichst schnell zum Erfolg zu kommen. Vielleicht weicht da auch ein italienischer Autor gern auf eher satirische Liebesgeschichten aus.
Zum Erfolg des Abends trug auch das Menü von Burkard Ehehalt bei, der mit seinem Team Currysüppchen mit Garnele, Maispoulardenbrust mit Thymiankartoffeln und italienischem Gemüse sowie köstliche Schokoschnitten mit Cassissorbet an Joghurtschaum zauberte.