Zum Sandschöpfen kaufte sich der "Schorsch" damals einen neuen, zwölf Meter langen und 1,80 Meter breiten Schelch, für 1000 Reichsmark. Dieser war nicht aus Holz sondern schon aus Eisen. Georg Dreßler hatte dieses Handwerk von seinem Vater Johann Dreßler übernommen und führte es weiter bis zu seiner Einberufung. An Kirchweih 1947 kehrte Georg Dreßler aus der Gefangenschaft zu seiner Familie zurück.
Im Jahre 1948 fuhr er wieder mit seinem Schelch zu Wasser. Die Bauwirtschaft florierte. Der saubere Mainsand fand guten Absatz. Zeitweise begleitete ihn sein elfjähriger Sohn Werner, der ihn nach Möglichkeit unterstützte - besonders beim Ziehen des leeren Gefährtes, flussaufwärts bis zur Mainfähre bei Kreuzwertheim.
Fuhr gerade ein Schiff zu Berg, so genügte ein Wink und man warf ihm ein Zugseil zu, an dem er sich mitziehen lassen konnte. Vor dem Wasser hatte Dreßler keine Angst, er konnte ja schwimmen. Das Arbeitsgebiet des Sandschöpfers war begrenzt und wurde vom Flussmeister aus Aschaffenburg kontrolliert. Es zog sich vom Campingplatz Wertheim bis zur Höhe Mainfähre bei Kreuzwertheim.
Die Arbeit war zeitlich begrenzt, von März bis Oktober. Hier herrschten auch strenge Regeln. Der Sand durfte nicht aus dem Flussbett genommen werden, sondern nur aus den seitlichen Wasserbauten. Dort lagerte sich der Sand etwa 80 bis 100 Zentimeter unter der Wasseroberfläche flach oder pyramidenförmig ab.
Hochwasser als Chance
Besonders viel Sand wurde bei Hochwasser angeschwemmt. War es ein großes Hochwasser, so sammelte sich viel Sand an. Ging das Wasser schnell zurück, war es zum Vorteil des Sandschöpfers. Ging es aber langsam ab, so zog es den Sand wieder teilweise im Flussbett mit.
Der Sandschöpfer war bei günstiger Witterung schon morgens um 5 Uhr auf dem Wasser. Er führte relativ wenig, aber schweres Schöpfwerkzeug mit sich: eine Zughaue und eine Knepphaue. Mit einer drei bis fünf Meter langen Stange versehen, zog der "Schorsch" den Sand mit Muskelkraft unter dem Wasser zusammen und dann auf den Schelch.
Zu dieser schweißtreibenden Arbeit hatte der "Schorsch" vorsorglich den "Schimmel" (Mostkrug) im Gepäck. Ab und zu gönnte er sich einen kühlen Schluck Apfelmost. War der Schelch beladen, so hatte der "Schorsch" sechs Kubikmeter Sand an Bord. Der Schelchrand schaute dann nur wenige Zentimeter aus dem Wasser.
Eine Tagesarbeit war ein Schelch voll Sand. Auf der Talfahrt bis zum Lagerplatz galt für den "Schiffsführer" höchste Konzentration, wenn er seine schwimmende Last bis zum Haslocher "Scheidplatz" mit der Streiche am Heck manövrierte. Während dieser Fahrt und auch beim Ausschaufeln des Schöpfgutes achtete der "Schorsch" darauf, dass möglichst kein Schiff in die Nähe kam, dessen Wellen seine Last gefährden hätten können. Das Ausschaufeln war eine weitere Kraftanstrengung.
1952, im Alter von 50 Jahren gab Georg Dreßler seinen Beruf auf. Bis dahin hatte er keine Konkurrenz, doch die Modernisierung war auch auf diesem Gebiet schon angelaufen. Zu seinen Kunden zählte vor allem die Landbevölkerung. In der Umgebung wurde überall gebaut. Mit Pferd- oder Kuhfuhrwerk, aber auch schon mit Latern wurde der Sand abgeholt. Das Aufladen erfolgte mit der Schaufel.
Auch zum Bau am "Haus der Bäuerin" in Röttbach, 1952, wurde hier der Sand geholt. Es handelte sich dabei überwiegend um Quarzsand aus dem Fichtelgebirge oder um Basalt aus der Rhön. Die Handwerker hatten den Mainsand gerne, weil er gegenüber dem Grubensand sauber war.
Der Winter im Wald
In den Wintermonaten arbeitete Georg Dreßler im Wald. Er hatte ja auch Familie. Zusammen mit seiner Frau Gretel (geborene Kunkel) hatte er vier Kinder zu ernähren und das Sandgeschäft betrachtete man als ein schönes Zubrot. Die Familie hatte keine eigene Landwirtschaft und lediglich das Nachbarrecht in der Gemeinde.
Durch Ableistung der Fronarbeit war ihnen dadurch ein Grundstück sowie Holz und Reisig aus dem Wald zugesichert. Nach der Aufgabe des Sandschöpfens, verkaufte der "Schorsch" seinen Schelch und arbeitete auf dem Bau. Damit war ein altes Handwerk in Hasloch für immer beendet.
Georg Dreßler stürzte am 21. März 1973 beim Baumschneiden von der Leiter und starb an den Verletzungen, die er sich dabei zuzog. Sein Werkzeug zum Sandschöpfen verwaltet Sohn Rudi und erinnert sich noch gerne zusammen mit seinem Bruder Werner an die Zeit des Sandschöpfers.