Zwei vergnügliche Stunden hat der Theaterverein "Die Gaukler" rund 75 Besucherinnen und Besuchern am Freitag bei der Premiere seines neuen Stücks im nahezu ausverkauften Kulturkeller des Weinhauses Mehling in Lohr beschert. In "Einmal Toskana und zurück oder: Nur Zeitreisen ist schöner" geht es um erotisch angehauchte Geschichten, die sich zum Zeitvertreib eine Gesellschaft reicher Florentiner erzählt, die 1348 vor der Pest aufs Land geflohen ist.
Autor des Stücks ist Regisseur Carsten Steuwer aus Osnabrück, mit dem die Gaukler erstmals zusammengearbeitet haben. In seinem Werk hat er sich am Dekameron orientiert, einer Sammlung von 100 Novellen meist erotischen Inhalts von Giovanni Boccaccio aus dem 14. Jahrhundert. Drei Geschichten werden durch eine doppelte Rahmenhandlung zusammengehalten.
In der ersten Rahmenhandlung kommen Gaukler-Vorsitzende Steffi Staub und Susanne Balzer-Endres auf die Idee einer Zeitreise, denn "bei uns in Lohr ist das möglich". Aber muss es unbedingt ins Jahr 1348 sein, als in Europa die große Pest tobte? Die beiden haben damit kein Problem: "Als ob wir noch nie eine leichte Pandemie überlebt hätten."
Verwechslungen im Schlafsaal
Die zweite Rahmenhandlung sind die Erzählungen der Florentiner, die sich vor ihren beziehungsweise vor den Augen des Publikums "manifestieren". In der ersten Szene quartieren sich zwei Freunde unter einem Vorwand in einem heruntergekommenen Gasthof ein, weil einer von ihnen hinter der Wirtstochter her ist. Das Haus verfügt nur über einen Schlafsaal, in dem es nachts zu allerhand Verwechslungen kommt.
In ein Nonnenkloster geht es in der zweiten Szene: Eine junge Nonne bekommt regelmäßig Besuch von ihrem Geliebten, der sich in einem Fass einschleicht, wird aber von ihren eifersüchtigen Kolleginnen verpfiffen, die selbst scharf auf den jungen Mann sind. Die strenge Äbtissin merkt bei ihrem Strafgericht nicht, dass sie sich im Dunkeln versehentlich statt ihres Schleiers die Hose ihres Priestergeliebten aufgesetzt hat, den sie in einer Truhe ins Kloster schmuggeln lässt.
Die dritte Szene dreht sich um einen eifersüchtigen Kaufmann, der seine Frau zu Hause einsperrt. Diese rächt sich an ihm und beginnt eine Affäre mit dem jungen Nachbarn, der sie übers Dach besucht. Denn die Türen bewacht der mit Pfeil und Bogen bewaffnete Ehemann.
Zehn Darsteller für 23 Rollen
Die insgesamt 23 Rollen werden von nur zehn Mitwirkenden übernommen. In den folgenden Aufführungen, die bis März 2024 dauern, werden jeweils acht Ensemble-Mitglieder eingesetzt. Um aber allen das Premierengefühl zu ermöglichen, war am Freitag in einer Sonderbesetzung das komplette Ensemble dabei: Marie-Pierre Katzameyer, Herbert Lochner-Grossmann, Stephanie Staub, Manuel Mereien, Susanne Balzer-Endres, Jana Lippert, Swetlana Rausch, Gerald Kamphaus, Sybille Lang und Petra Zakrzewski.
Das Ensemble zeigte eine geschlossene Leistung mit flüssigem Spiel fast ohne "Hänger". Wenn man Mitglieder hervorheben möchte, dann Staub mit ihrem vielfältigen Mienenspiel und Zakrzewski mit zwei furiosen Auftritten als Äbtissin und in einer Männerrolle als eifersüchtiger Kaufmann.
Musik der Benny-Hill-Show
Das Stück ist witzig, hat Tempo und einige Slapstick-Elemente, die passenderweise mit der Musik der Benny-Hill-Show unterlegt werden. Um diese noch zu kennen, muss man wohl auch eine Zeitreise unternommen haben. Dazu kommen lustige Anachronismen, wie der Wunsch des eifersüchtigen Kaufmanns, alles von zu Hause aus bestellen zu können, um das Haus mit seiner Ehefrau nicht verlassen zu müssen.
Gute Dienste auf der Bühne leisten die von der Firma Lohr-Element aus Gemünden gespendeten Styrodur-Dämmstoffplatten. Sie sind die Liegen der Städter-Gesellschaft und bilden aufgestellt und entsprechend bemalt Kloster- und Häusermauern.
Ensemble zur Hälfte neu
Nach der Premiere zeigte sich Gaukler-Vorsitzende Steffi Staub froh darüber, dass es mit einem Ensemble, das zur Hälfte aus Neulingen besteht, gelungen ist, das Stück in sechs Wochen auf die Bühne zu bringen. Alle seien mit Freude bei den Proben dabei gewesen, die laut Susanne Balzer-Endres "anstrengend, aber toll" waren.
Regisseur Carsten Steuwer bekam als Geschenk ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Habitus" (Auftreten). Das Wort hat er nach Angaben der beiden Frauen immer wieder verwendet. Die Gaukler hätten sich "wahnsinnig ins Zeug gelegt", bescheinigte ihnen Steuwer. Die Zusammenarbeit mit ihnen habe viel Spaß gemacht.