Spätestens bei der siebten Nummer stellt sich Irish-Pub-Feeling ein. Die drei Männer vor der holzvertäfelten Wand stimmen Garth Brooks' "Friends In Low Places" an, unisono. Zwei, drei der 16 Zuhörer im etwas abgesetzten Gastzimmer singen mit bei dem gemütlichen Country-Song, den Georg Fath mit Understatement angekündigt hat: "Oh, des hab ich schon lang nicht mehr gespielt." Es ist Gitarrenstammtisch im Café Mann, eine Mischung aus Wohnzimmerkonzert und modernem Wirtshaussingen, locker, zwanglos, ungeniert. Und das seit fünf Jahren.
Vor fünf Jahren ins Leben gerufen

Fath hat ihn im Februar 2014 ins Leben gerufen, erzählt der 59-Jährige, der hauptberuflich die "Sunny Music School" in Lohr und Burgsinn leitet und unter anderem Gitarre unterrichtet. Heute hat der Mann mit dem markanten Bowler-Hut seine "Country Potatoes" aufgereiht. Neben ihm der Mann mit stattlichem Schnauzer, Tirolerhut auf dem Kopf, amerikanischem Akzent in der Sprache und dem E-Bass in Händen: Liam Wade. Für seinen Kontrabass hätte der Platz kaum ausgereicht. Ein Jahr grad ist es her, dass Fath und Wade sich kennengelernt haben – beim Gitarrenstammtisch im Café Mann.

Mit Gerry Schmidt spielt Fath schon seit Jahren zusammen, sei es als Duo oder bei "Mir 2wä und Band". Der Himmelstadter mit Zopf streichelt seine Snaredrum nur mit dem Schlagzeugbesen. Von seinem Schlagwerk hat der Mittvierziger ansonsten nur die Basstrommel mitgebracht. Die beiden sind wohl das, was Brooks' Song benennt: "Friends In Low Places" – also so was wie Kumpels auf Kneipenebene. Der Song selbst ist eigentlich eine Parodie auf "friends in high places", womit US-Amerikaner Beziehungen zu einflussreichen Personen in gehobeneren Kreise umschreiben.
Wo der Mann noch ein Mann ist

"Da ist der Mann noch ein Mann", kommentiert Ingrid Lengler den Song - spitzzüngig, aber zu Recht: Denn beim Refrain geht es bei den Worten "low places" tatsächlich tief hinunter in den Tonkeller. Da hatte die blonde Sängerin aus Karlstadt, die privaten Musikunterricht erteilt und im Café Mann auch zur Geige greift, zu pausieren. Fath schluckt trocken: "Ich brauch noch ein Bier."
Der nächste Song aber ist wie geschrieben für die 60-Jährige, die erst jüngst zu den Landkartoffeln gestoßen ist: Mit klarer, sanfter Stimme und "The Night, they drove old Dixie down" erinnert sie an Joan Baez und die frühen 1970er, wie vorher schon mit Dolly Partons "Jolene". Zwei Nummern später darf sie dann auch ihr Talent am Waschbrett entdecken, wie Fath frozzelt.
Nach eineinhalb Stunden gibt es noch eine Welturaufführung: Die "Country Potatoes" präsentieren "Whiskey On The Boat", geschrieben von Liam, inspiriert von einer Spritztour auf dem Main mit Faths Boot, das in Neustadt vor Anker liegt.
Frank Schwab mit der Ukulele

Doch der Stammtisch ist mehr als ein Wohnzimmerkonzert. "Jetzt geben wir die Bühne frei für die Session", kündigt Fath an. Jetzt sind jene gefragt, die Bock und Traute haben, die eine Gelegenheit suchen, sich mal vor kleinem Publikum auszuprobieren. So gesehen ist Frank Schwab, der sich gleich an den Barhockern vorbei nach vorne drängt, vollkommen untypisch. Doch sein Auftritt mit der Ukulele hat Tradition: "Mrs. Robinson" von Simon & Garfunkel ist ein Muss. "Potatoes" und Publikum singen mit, schwelgen dann auch bei Peter Maffeys Schnulze "Es war Sommer".

Dann legt sich Andrea ins Zeug. Liam hat sie mitgebracht. Die beiden haben sich beim Deutsch-Sprachkurs kennengelernt. Nach ihrem sentimentalen "Killin' me Softly" stellt sich mit Brian schließlich noch ein waschechter Schotte vor, der den Abend mit "Angie" von den Rolling Stones beschließt.
Was vor fünf Jahren beim damaligen Pächter Menderez Ozcan im Stadtcafé begann, lebt seit 2016 im Café Mann weiter: Der "Gitarrenstammtisch", der eigentlich als Musikertreff gedacht war, ist eine kleine, aber feine Institution geworden, wie es sie im Landkreis vielleicht sonst nur noch in Gemünden und Karlstadt gibt.
Musiker aller Art willkommen
Initiiert, um die Musikszene in Lohr zu beleben, verträgt er noch ein paar Interessenten mehr als die 20 bis 30, die es meist sind. "Ich würd' mich sehr freuen, wenn noch mehr Musiker kämen", sagt Fath. Nächste Gelegenheit dazu ist an diesem Donnerstag: Diesmal sind ab 20 Uhr Beatles-Songs angesagt. Und wer weiß, wer noch dazustößt zu den "Friends In Low Places" im Café Mann ...