Mit der gastronomischen Durststrecke im Ort hat es bald ein Ende. Ab Mitte Oktober macht die Turnhallengaststätte wieder auf. Neuer Pächter ist Sebastian Merz, der seit März 2012 die Speisegaststätte „Waldrast“ in Maria Buchen führt und nun Neustadt als Nebenbetrieb hinzunimmt. Der Gaststättenname „Zur Kohlwiese“ bleibt, versichert Merz der Main-Post.
Weiter unklar ist, wie es mit dem seit einem Monat geschlossenen Neustadter Traditionsgasthaus „Engel“ weiter geht. „Wenn wir das schon wüssten“, sagte Verpächter Hubert Riedmann auf Anfrage: „Der Pächter hat noch einen Vertrag und rührt sich nicht.“ Dennoch sucht Riedmann bereits einen Nachfolger.
Der 31-jährige Sebastian Merz stammt aus Neustadt, wohnt zur Zeit in Lohr und wird noch vor Wiedereröffnung der Turnhallengaststätte nach Erlach ziehen. „Wir kommen wieder zurück“, sagt dessen Lebensgefährtin Carmen Schulz, 25 Jahre, die ebenfalls in Neustadt aufwuchs. Beide kennen die Leute und sind ihrerseits im Ort keine Unbekannten.
Federführend: Carmen Schulz
Die Turnhallengaststätte soll keine kleine Ausgabe der „Waldrast“ werden, sondern ein eigenes Gesicht bekommen, das zum Ort und zu den Bedürfnissen in Neustadt passt. „Es wird kein Speiserestaurant“, erklärt Merz. Gleichwohl wird die Speisekarte zehn bis 15 Gerichte umfassen, sagt Merz, der gelernter Konditor und Koch ist: „Wir werden auch nur abends offen haben“, und zwar ab 17 Uhr mit Ruhetagen montags und dienstags. Sonntags werde auch mittags geöffnet und und an Bundesliga-Spieltagen samstags ab 15 Uhr.
Er spricht von „wir“ und deutet auf Carmen Schulz, denn sie wird sich vornehmlich um den künftigen Neustadter Nebenbetrieb kümmern, während Sebastian Merz wie gewohnt in der „Waldrast“ präsent ist.
Zum Publikum von Carmen Schulz, die sich in der Gastronomie auskennt, gehören neben den Sportlern dann auch die Freizeitkegler, denn die beiden Kegelbahnen gehören zur Gaststätte dazu. Termine für die Kegelbahn sind noch frei, merkt Merz an. Für die Fußballfreunde soll es Fußball-TV geben. Das Bier soll weiter von der Martinsbräu kommen, so Merz: „Wir bleiben unserer Familienbrauerei treu.“
Lieferservice künftig in Neustadt
Merz rechnet sich für seinen um Neustadt erweiterten Gaststättenbetrieb operative Vorteile aus, weil das Personal flexibler einsetzbar ist und sich die sechswöchige Winterpause in Mariabuchen besser ausgleichen lässt. In der Waldrast arbeiten derzeit neben dem Chef ein festangestellter Koch, zwei bis drei Teilzeitkräfte sowie fünf bis sechs Aushilfen.
An der Kohlwiese werden künftig ein bis zwei Leute hinter der Theke und in der Küche benötigt. Entsprechend können aus den Teilzeitstellen nun Vollzeitstellen werden. Merz hat gutes Personal, das er nun vielfältiger und weniger saisonabhängig einsetzen will. Hinzu kommt ein weiterer Effekt, denn der Gastronom bietet auch einen gastronomischen Lieferservice außer Haus an. Von der Küche in der Waldrast aus lässt sich das nicht so geschickt abwickeln. Dieses Betätigungsfeld soll nach Neustadt verlagert werden.
Gespräche für die Verpachtung der Turnhallengaststätte, die dem FSV Neustadt-Erlach gehört, führte Sebastian Merz, Vereinsmitglied seit über 25 Jahren, im Kreis aller drei gleichberechtigten Vereinsvorsitzenden. Sein Vater Thomas Merz ist einer dieser Vorsitzenden. Die Pachtkonditionen seien dieselben wie beim Vorpächter. Die katholische Kirche als Verpächterin der „Waldrast“ in Maria Buchen ist über die Betriebserweiterung informiert.
Derweil bleibt der „Engel“ an der Hauptstraße, ein Satteldachhaus mit Fachwerkobergeschoß von 1711, „vorübergehend geschlossen“, wie ein Hinweis verkündet, der am Speisekartenaushang angebracht ist. Darauf steht ergänzend mit Hand geschrieben: „Wir hatten reserviert“ und „Wir auch“.
Den seit zweieinhalb Jahren bestehenden Pachtvertrag für Gaststätte und Hotel „kann ich nicht auflösen“, erklärte Riedmann, der in Schwetzingen bei Heidelberg lebt, auf telefonische Anfrage und meinte: „Wenn der Pächter einfach so aufhört, kann ich nichts dafür“. Der Vertrag sei seinerzeit auf Wunsch des Pächters über fünf Jahre „ohne Mieterhöhung“ abgeschlossen worden.
Riedmann betonte, „wir haben keinen unanständigen Vertrag“. Die Vereinbarung sei „ganz normal zwischen Geschäftspartnern“. Vielmehr habe er als Verpächter seit 2012 „auch Geld investiert“, nämlich um die 15 000 bis 18 000 Euro. So seien unter anderem die Theke gemacht und fast alle Fenster erneuert worden.
„Ein Fleißiger kann Geld machen“
Zwar hat Riedmann noch keinen Nachfolger parat, aber eine Vorstellung, wie ein neuer Pächter aussehen müsste. „Was wir suchen, ist ein Pächter, der vom Fach kommt“, sagte Riedmann: „Fleißig muss er sein, dann kann er Geld machen.“ Denn die Lage des Gasthofs sei top, direkt an der Straße entlang des Mains zwischen Marktheidenfeld und Gemünden gelegen.
Die letzte Eintragung im mittlerweile abgeschalteten Internet-Gästebuch des Engels stammt vom 3. August und lautet: „Wir waren als Biker-Paar am 16. Juni 2014 mit dem Schlemmerblock zum Steak-Essen im Gasthof zum Engel: sehr leckeres Essen, nette freundliche Bedienung und wir hatten eine angenehme Unterhaltung mit dem Chef/Koch. Uns gefiel die zurückhaltende, sehr freundliche Atmosphäre im Lokal. Wir kommen gerne wieder!“
Der derzeitige Pächter der Gaststätte war trotz wiederholten Versuchs der Redaktion für eine Stellungnahme nicht erreichbar.