Peter Keller klopft mit den Fingerspitzen auf den Tisch. „Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland hat keinen Tarifvertrag, keinen Betriebsrat und somit keine Mitbestimmung. Das ist ein entscheidender Punkt, wenn's um soziale Gerechtigkeit geht.“ Der drahtige Zellinger ist so engagiert wie immer, wenn es um Arbeitnehmerthemen geht. Kaum zu glauben, dass er an diesem Mittwoch 80 Jahre alt wird.
Keller hat ein bemerkenswertes Leben hinter und noch viel Energie in sich. Geboren wurde er am 11. Oktober 1937 in Würzburg, gelebt hat er immer in Zellingen. Er besuchte in seinem Heimatort die Volksschule; da war noch nicht abzusehen, dass er Ingenieur würde, Bundestagsabgeordneter, Leiter einer Bildungseinrichtung und dass er sich im Alter mit Qigong fithalten und auf Akupunktur schwören würde.
Bei den Pfadfindern fing alles an
Keller führt diese ganze Entwicklung darauf zurück, dass er als Bub bei den Pfadfindern mitmachte. Und dazu kam er, weil der frühere Zellinger Pfarrer begeisterter Pfadfinder war und von dieser Bewegung schwärmte.
Weil die Pfadfinder christlich geprägt waren, standen sie der CSU nahe. Kellers Weg in die Junge Union war programmiert, obwohl Zellingen, wie er sagt, „eher rotgefärbt“ war. Keller erinnert sich an nächtliches Plakatekleben zur Landtagswahl 1958. 1966 war sein eigenes Konterfei auf Plakaten: Er trat bei der Zellinger Bürgermeisterwahl an, scheiterte aber am SPD-Kandidaten. „Es war wohl gut, dass das nicht geklappt hat. Sonst wäre ich später nie in den Bundestag gekommen.“
Ingenieur bei Siemens
Über den zweiten Bildungsweg machte Keller Abitur, wurde Ingenieur bei Siemens und engagierte sich dort im Betriebsrat. Der Zellinger war in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und der Christlich-Sozialen Arbeitnehmerschaft (CSA) aktiv. So ergab sich die Möglichkeit, 1980 für den Bundestag zu kandidieren. Die drei vorherigen unterfränkischen Listenkandidaten hatten sich allesamt anders orientiert. „Das war mein Glück“, sagt Keller. Zeitgleich mit ihm zog der damals 31-jährige Ingolstadter Horst Seehofer in den Bundestag ein. An dem reibt sich Keller noch heute.
Seehofer – Weggefährte und Rivale
Als Seehofer in den 90ern Bundesgesundheitsminister war, musste auf Geheiß des Finanzministers gespart werden. Seehofer unterstützte den Vorschlag, nur noch Brillengläser, nicht mehr die Brillengestelle von den Krankenkassen bezahlen zu lassen. Keller ergriff im Gesundheitsausschuss das Wort: „Ich habe drei Kinder, die Brillen tragen. Vielen, vielen Abgeordneten geht es genauso. Wir alle werden diesen Vorschlag nicht unterstützen.“ Seehofer habe die Idee fallen gelassen. Als dankbare Bürger dem Gesundheitsminister dafür Weinpräsente schickten, habe er gesagt: „Die gehören eigentlich dem Peter Keller.“ Auch auf seinen Einsatz im Bundestag, mit dem er für einen schwerbehinderten deutschstämmigen Bergmann in der Tschechoslowakei einen Rollstuhl besorgte, blickt Keller mit Zufriedenheit zurück.
Einsatz für die Benediktushöhe
Umtriebig war Keller schon immer. Als die Gastwirtschaft auf der Retzbacher Benediktushöhe schloss, erkannte er das Potenzial des Gebäudes. Von der Diözese habe er gehört, wenn er die Hälfte des für den Erwerb nötigen Geldes zusammenbringe, gebe die Diözese die andere Hälfte für einen Kauf des Gebäudes. Keller putzte Klinken, fand Spender und sammelte die nötige Summe. 1981 wurde er der erste Leiter der katholischen Bildungsstätte.
Bis 2001 veranstaltete er dort vielerlei Seminare, die oft Bezug zu seinen Kernthemen Arbeitnehmerrechte und Gesundheit hatten. Der aufgeschlossene Mann lernte Akupunktur und Akupressur kennen, Qigong und vieles mehr. „Das hilft mir ebenso wie meine täglich 15 bis 20 Minuten auf dem Cross-Trainer, um fit zu bleiben.“
Mit seiner Frau Karin ist Peter Keller seit 54 Jahren verheiratet. Die beiden haben drei erwachsene Kinder; ein Sohn verstarb als 16-Jähriger. Seinen 80. Geburtstag feiert Keller im Familienkreis.
Zur Person Peter Keller wurde am 11. Oktober 1937 in Würzburg geboren. Er wuchs in Zellingen auf und lebt noch heute dort. Von 1962 bis 1968 war er bei der Firma Siemens als Ingenieur tätig. 1964 machte er sein Abitur an einem Abendgymnasium. Er studierte Geschichte, Soziologie und Pädagogik in Würzburg und legte 1977 sein Magisterexamen ab. 1980 wurde er Leiter der diözesanen Arbeitnehmerbildungsstätte Benediktushöhe Retzbach. Mitglied des Bundestages war Keller von 1980 bis 1987 und von 1990 bis 1998. Er ist noch Ehrenvorsitzender der CSA und der Seniorenunion im Kreis Main-Spessart. Verheiratet ist Keller ist seit 54 Jahren mit seiner Frau Karin; er hat drei erwachsene Kinder und vier Enkelkinder.