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"Rechnung" wirkt täuschend echt

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"Rechnung" wirkt täuschend echt

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    Marktheidenfeld Dr. Josef Leibetseder ist kein Einzelfall: Wie der Lengfurter haben offenbar viele hundert Gewerbetreibende aus dem Raum Marktheidenfeld in den vergangenen Monaten "Rechnungen" eines Telefonbuch-Verlags aus Kirchheim erhalten. Der Absender der Briefe wurde am Wochenende unter Betrugsverdacht festgenommen. Die Staatsanwaltschaft München-Haar ermittelt.

    Von der Aufmachung her ähnelte der Brief, der Ende Februar bei Leibetseder auf dem Tisch landete, mit seiner fast Magenta-roten Schrift einer Rechnung der Telekom. Der Inhalt aber verschlug dem Unternehmer die Sprache: 498,80 Euro sollte er einem Telefonbuch-Verlag aus dem oberbayerischen Kirchheim für einen Online-Eintrag im Jahr 2003 zahlen. Von einem Auftrag aber wusste Leibetseder nichts. "Ihre Rechnung" war das Ganze betitelt, doch erst im Kleingedruckten fand sich der Hinweis: "Bei dem Angebot handelt es sich nicht um eine Rechnung . . ."

    "Gleich weggeworfen"

    Wie dem Selbstständigen aus Lengfurt muss es offenbar vielen Unternehmern in der Region ergangen sein, wie die Recherche der MAIN-POST ergab. "Ich hab das gleich weggeworfen", berichtet Gisela Merz aus Birkenfeld. Schon mehrmals habe sie solche Schreiben bekommen, vor 14 Tagen das letzte. "Ich hab da nie etwas bezahlt."

    Für Udo Roth, der in Bergrothenfels den Burggasthof bewirtschaftet, war der Brief der Erste seiner Art. "Das ist doch Bauernfängerei", habe er sich gleich gedacht. Das Schreiben landete im Papierkorb. Ein in solchen Dingen gebranntes Kind ist Konrad Köhler aus Esselbach. Nachdem er vor etwa zehn Jahren schon einmal auf ein solches "Rechnungsangebot" hereingefallen war und nur mit Hilfe eines Anwalts aus dem Vertrag kam, wirft er Briefe dieser Art nun grundsätzlich weg.

    Auch Waltraud Stollberger aus Remlingen kriegt "immer wieder mal" Schreiben dieser Art. "Und das, obwohl wir seit Jahren keine Ferienwohnungen mehr auf dem Bauernhof vermieten", die Familie also keine Werbung mehr nötig hat. Was Stollberger mit allen anderen Vorgenannten gemeinsam hat: Ohne es zu wissen, findet sich ihr Name samt Adresse und Telefonnummer auf der Internetseite des Telefonbuchverlags "www.tele-branchenportal.de" Alle Befragten versichern, nie eine Rechnung des Betreibers aus Kirchheim bezahlt zu haben. Auch habe nie jemand angefragt, ob ihnen der Eintrag überhaupt recht ist.

    1100 Einträge aus der Region

    Das genannte Internet-Portal ist eine wahre Fundgrube: Allein aus dem Altlandkreis Marktheidenfeld finden sich über 1100 Einträge darin. Betrachtet man die Zahlen - Marktheidenfeld 445 Einträge, Roden 20, Rothenfels 27, Birkenfeld 42, Triefenstein 93, Kreuzwertheim 168, Esselbach 42, Erlenbach 41, Hafenlohr 55, Bischbrunn 46, Uettingen 79, Remlingen 33, Helmstadt 25 - so lässt dies nur den Schluss zu, dass so ziemlich alle Gewerbetreibenden dort registriert sind. Und offenbar wurden die Wenigsten gefragt, wie ein Blick in die Nutzungsbedingungen vermuten lässt. Dort heißt es: "Soweit der Namensinhaber einer eingetragenen Adresse mit der Veröffentlichung seiner Daten nicht einverstanden sein sollte, hat er einen Anspruch auf unverzügliche kostenlose Korrektur oder Löschung derselben."

    Der Inhaber des Kirchheimer Verlages wurde am Freitag unter Betrugsverdacht festgenommen. Die Staatsanwaltschaft München-Haar hatte den Haftbefehl aufgrund der versandten Briefe und ihrer Gestaltung beantragt. In Haar gesammelt werden auch die aus dem ganzen Land eingehenden Anzeigen gegen das Unternehmen.

    Polizei liegen zwei Anzeigen vor

    Zwei Anzeigen gingen bei der Polizeiinspektion Marktheidenfeld ein, wie deren Leiter Albrecht Fleckenstein auf Anfrage der MAIN-POST berichtet. "Optisch sehr klug gemacht" findet Fleckenstein die Schreiben.

    Wie der Berliner "Tagesspiegel" in seiner Samstagsausgabe informierte, sollen Betroffene, die die "Rechnung" bezahlt haben, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung kündigen und das Geld zurückverlangen. Die Zeitung beruft sich bei ihrem Rat auf den Deutschen Schutzverband für Wirtschaftskriminalität (DSW).

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