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KARLSTADT: Respekt und lustige Streiche

KARLSTADT

Respekt und lustige Streiche

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    Reger Betrieb herrschte beim Weltspartag 1961 in der alten Schalterhalle der Sparkasse am Karlstadter Marktplatz. Es gab einen eigenen „Kinder-Sparschalter“.
    Reger Betrieb herrschte beim Weltspartag 1961 in der alten Schalterhalle der Sparkasse am Karlstadter Marktplatz. Es gab einen eigenen „Kinder-Sparschalter“. Foto: Foto: Sparkasse

    „Hol doch mal die Diskontwaage bei der Raiffeisenbank.“ Mit den Stiften, wie die Auszubildenden früher hießen, wurde in der Sparkasse mancher Schabernack gemacht. Eine Diskontwaage gibt es freilich gar nicht. Die Kollegen der Konkurrenzbank jedoch spielten gerne mit und verpackten etwas Schweres in einen Karton, der sorgfältig zugeschnürt wurde. Das musste der Stift dann durch die Stadt schleppen und wurde hinterher herzlich ausgelacht.

    Die Geschichte ist auch ein Beispiel dafür, mit welchen Jobs sich die Stifte früher hochdienen mussten. Gebietsdirektor Peter Schmitt erinnert sich an seinen Dienstbeginn 1977. Damals musste er für die Belegschaft Brotzeit holen: „Einige hatten Sonderwünsche. Es gab noch drei Metzger in Karlstadt. Und die Sachen sollten alle noch warm sein. . .“ Die Stifte waren auch zuständig für die Post, mussten die Briefe wiegen, mit der Frankiermaschine das Porto aufdrucken und rechtzeitig zur Post bringen. Und dann kam manchmal noch der Innenrevisor im größten Trubel und kontrollierte, ob alles stimmte.

    Vielleicht waren die Scherze da auch eine Art Ventil für die Disziplin, die die früheren Vorgesetzten als Respektspersonen von der Belegschaft einforderten.

    „Den Dreisatz konnte jeder aus dem Effeff vorwärts und rückwärts.“

    Peter Schmitt, Gebietsdirektor

    Hildegund Kübert erinnert sich, dass sie einmal verschlafen hatte. Kurz nach 8 Uhr eilte sie über den Marktplatz. „Da hat der Direktor Hermann Eberlein schon oben mit der Zigarre in der Hand aus dem Fenster geschaut.“ – Und sie anschließend zur Rede gestellt. „Wissen Sie, wann Ihr Arbeitsbeginn ist?“, begann das „Verhör“.

    Wenn die Mitarbeiter in der Schalterhalle die oberen beiden Stufen der Wendeltreppe knarzen hörten, war klar, dass jemand aus der Chefetage nahte. „Dann waren alle sehr beschäftigt“, erinnert sich Schmitt.

    Bei Hildegund Küberts Einstellungsgespräch hatte Eberlein sie nach den Namen der bayerischen Minister gefragt. Außerdem muste sie im Kopf drei Prozent Zinsen für bestimmte Beträge ausrechnen. Taschenrechner gab es nicht. Schmitt: „Den Dreisatz konnte jeder aus dem Effeff vorwärts und rückwärts.“ So wurden auch die Zinsen für Guthaben aus Gillardon-Zinstabellen abgelesen. Überhaupt Zahlen: Kunden waren immer wieder baff, wenn die Beschäftigten in der Sparkasse die Kontonummern ohne Nachzudenken auswendig wussten. „Bei Stammkunden, die häufig kamen, war das für uns gar kein Problem, man hat sie sich automatisch gemerkt“, erinnern sich die Mitarbeiter. Denn jeden Morgen mussten die Kontoauszüge einsortiert werden – nicht nach Namen, sondern nach Nummern. Eine Mindmap oder ähnliche Merkhilfen habe keiner verwendet, ist sich Peter Schmitt sicher.

    Mit einer Kassenregistriermaschine, die sich bei Stromausfall auch mit der Hand betätigen ließ, wurden die Buchungen auf Belegzetteln getätigt und dann in Taschen mit einem Förderband zum Kassier Günter Schler transportiert. Der zelebrierte das Auszahlen regelrecht. Jeden Morgen mussten zwei Stifte für ihn die Geldkiste aus dem Tresor nach oben tragen. Mit reichlich Hartgeld konnte sie schon mal einen Zentner wiegen. Und im Sommer kamen über die Bundesstraße noch reichlich Ausländer durch Karlstadt, von denen etliche Geld wechselten. Dann kamen noch deren Währungen hinzu.

    Anni Lambrecht begann schon 1963 bei der Sparkasse in Arnstein. Später war sie in Karlstadt am Sparschalter. Das Sparkassenbuch war der Klassiker für alle, die ihr Geld vermehren wollten. Fein säuberlich waren die Beträge per Hand ins Sparkassenbuch einzutragen. Außer ihr musste noch der Kassier den Eintrag unterschreiben. 1979 wurde die Kasse in den Keller verlagert. Per Rohrpost kamen die angeforderten Geldbeträge in den Schalterraum. Im selben Zug wurde erstmals ein Computer eingesetzt, der allerdings nicht mit den heutigen zu vergleichen ist. Die goldenen Zahlen traten auf dem Bildschirm nacheinander auf.

    Von einem Raubüberfall blieb die Sparkasse verschont. Lediglich einen Einbruch gab es um 1970 herum. Von der Hauptstraße aus war eingestiegen worden. Doch der Tresor hielt problemlos stand.

    Noch eine Anekdote aus der guten alten Zeit: Ein Kollege hielt gerne sein Mittagsschläfchen auf dem Sofa in der Schalterhalle. Leise öffneten die anderen Mitarbeiter am Ende der Pause die Pforten. Als er aufwachte, standen die Kunden amüsiert um ihn herum.

    Ab Montag gibt es in der Schalterhalle am Marktplatz eine Ausstellung zur Geschichte der Sparkasse in Karlstadt.

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