Drei Jahre Corona-Zwangspause, 2023 die eindrucksvolle Rückkehr und am vergangenen Samstag die 20. Auflage: Das Rock Open-Air im Industriegebiet Lohr-Süd ist so lebendig wie eh und je. Dazu tragen auch immer neue Facetten wie der erste Auftritt einer Country-Band bei. Mehrere Hundert Besucherinnen und Besucher genossen die Musik von vier Bands und die Festivalatmosphäre.
Es sei das Ziel des Wombacher Organisationsteams, Abwechslung 'rüberzubringen, erklärte Christian Nätscher im Gespräch mit unserer Redaktion. Rebecca King habe er vor Jahren bei einer privaten Veranstaltung gehört und sozusagen "abgespeichert". Den Gründer der Jam Gang, Michi Eichhorn, kenne er bereits seit vielen Jahren, dieser habe oft mit (der Lohrer Gitarrenlegende) Hans-Joachim "Fips" Müller gespielt.
So kamen beide Bands zu ihren Auftritten beim 20. Lohrer Rock Open-Air auf der Wiese neben dem Obi-Markt. Sie habe sich über die Einladung schon etwas gewundert, gestand Rebecca King, denn die Band sei eher bei New Country oder Country Pop zu Hause. Aber die deutsch-amerikanische Singer/Songwriterin im stilechten Outfit mit Kleid und Cowboystiefeln musste sich keine Sorgen machen. Mit ihrer hellen und klaren Stimme und den einfühlsamen Melodien kam sie beim Lohrer Publikum gut an.
Folk-Feeling und Americana-Atmosphäre
Begleitet von Hans-Jürgen Pfeffer (Gitarre), Andi Hipp (Bass) und Sven Günther (Schlagzeug) verbreitete sie mit vorwiegend selbst geschriebenen Songs Folk-Feeling und Americana-Atmosphäre, die auch denen gefiel, die sonst eher wenig Countrymusik hören. Unten war derweil Rebecca Kings Mutti (O-Ton) mit dem Merchandising beschäftigt und bot die CD der Tochter an.
Ganz anderes zur Sache ging es anschließend bei der Jam Gang aus Würzburg und Wertheim. Michi Eichhorn (Gitarre, Gesang), Stefan Hussl (Gitarre, Gesang), Bernhard Bernstein (Bass, Gesang) und Rüdiger Lösler (Schlagzeug) bliesen den Zuhörern die Gehörgänge mit kompromisslosem Blusesrock frei. Das Repertoire an kraftvoller, roher, "dreckiger" Musik reichte von den 1960er-Jahren bis zu aktuellen Songs.

Dargeboten wurden Stücke wie "Jumpin' Jack Flash" von den Rolling Stones und "Rosalie" von Thin Lizzy puristisch, ohne Schnörkel und Schlag auf Schlag. Die Musik sollte für sich sprechen, die Nachbemerkung von Hussl "Chuck Berry tut's immer noch" war der Höhepunkt der verbalen Kommunikation mit dem Publikum. Krönender Abschluss war "Soul Kitchen" der Doors.
Sound klingt nun viel fetter
Die Lokalmatadoren von Babao Boogie mit den Wombacher Brüdern Christian (Bass) und Frank Nätscher (Schlagzeug), ihrem Neffen Luca Nätscher (Gitarre) und Sängerin Svea Schwitalla haben sich verstärkt. Als zweiter Gitarrist ist Christian Häuser zum "Familienunternehmen" gestoßen. Mit den zwei Gitarren klingt ihr Sound nun viel fetter.
Schwitalla absolvierte mit ihrer eindrucksvollen Stimme ein für die Band vergleichsweise rocklastiges Programm, bei dem selbst ein New-Wave-Klassiker wie "Heart of Glass" von Blondie sehr druckvoll rüberkam. Babao Boogies Fassung von Led Zeppelins "Whole Lotta Love" braucht sich vor anderen Coverversionen nicht zu verstecken, selbst nicht vor der von Beth Hart.
Frank Nätscher konnte gleich sitzen bleiben, denn er ist auch Schlagzeuger des Headliners Rollin' Deepa, der als vierte Band das Open-Air abschloss. Zu Nätscher und dem Marktheidenfelder Gitarristen und Sänger Tim Jäger ist als neuer Bassist Andy Imhof aus Frammersbach gekommen. Das Trio hatte sich mit dem Schweinfurter Keyboarder Mad Bob als Gastmusiker verstärkt, der den Songs einen funky Einschlag gab, etwa bei "Last Dance with Mary Jane" von Tom Petty und "Call me the Breeze" von J. J. Cale, das besonders viele zum Tanzen animierte.
Aber auch die Fans der gepflegten Rock-Kracher kamen beispielsweise mit "Sunshine of your Love" von Cream nicht zu kurz. Das Wombacher Organisationsteam hat ein tolles Open-Air auf die Beine gestellt. Die Atmosphäre war durchweg friedlich und alles funktionierte – bis hin zur Einhaltung des Zeitplans durch einen professionellen und raschen Bühnenumbau zwischen den Bands.