Breitbeinig lässt sich Rolf Miller am Montagabend zu seinem Auftritt bei den nicht ganz ausverkauften Scherenburg Festspielen in Gemünden auf seinen Stuhl fallen, der in der Mitte der Bühne steht und mit zwei Wasserflaschen als einzige Requisite dient. Er stöhnt. Das Essen beim Italiener in Gemünden sei gut gewesen: "Zu 100 Prozent vegan – frei."
Mit den Kalauern, auch dass er alleine schon bei der Anfahrt durch den "schön gemachten Spessart" begeistert gewesen sei und eigens für die Festspiele eine Burg gebaut wurde, begann ein 90-minütiger kurzweiliger Parforceritt durch die Abgründe des deutschen Proletariats.
Natürlich mit Millers eigenem Stil des gepflegten Halbsatzes, in odenwäldischer Mundart gesprochen, und mit langen Denkpausen versehen, die seine Pointen durch das neue Programm "Obacht Miller" trugen.
Der Walldürner zeigt sich mit seiner Bühnenfigur politisch inkorrekt, wenn er Friedrich Merz als die einzige Ratte bezeichnet, die zum sinkenden Schiff hinschwimmt, oder wenn er Angela Merkel Respekt zollt, "weil die das mit dem Zittern durchzieht." Beim Thema "Islamadings" sinniert er über die mittelalterliche Umgangsform des Islams mit Frauen, die stets von Männern begleitet auch noch mit einer Bauplane über den Kopf ausgeführt werden. Dabei richtet er an sein Publikum, dass er ja nichts gegen Ausländer habe, aber "welche Frau traut sich denn heute noch nackt auf die Straße?"
Das sind die Feinheiten der Kunst des Kabarettisten, wenn seinem Publikum manchmal das Lachen im Halse stecken bleibt, um sich dann im nächsten Moment wieder mit Tränen in den Augen zu entladen.
Gerne lästert der 52-Jährige über das andere Geschlecht, wenn er sich über die "Me too"- Bewegung lustig macht: "Alle Menschen sind gleich, die Ausnahmen haben eine Regung."
Helene Fischers Musik sei zumindest rein optisch in Ordnung. Von den Frauen reichen Millers Themen ohne Pausen übergehend zur Musik, Politik, Alltag und seinem Dauerbrenner, dem Fußball.
Bayern Münchens Sportmediziner "Müller-Wallfahrt" wird zur Schwester Winnetous, der einen Rollstuhl nur durch Berührung wieder zum Rollen brachte. Joachim Löw ist der Bundeskanzler mit der Hand im Schritt. Sportmoderator Béla Réthy habe noch nie das selbe Spiel gesehen wie er, wenn Stocker-Thomas mit "seinen dünnen Beeli" und der "Querpass- Toni" eine "klasse EM spielten, die kurz vor dem Finale in der Vorrunde durch keine Ballkontakte" bereits zu Ende war.
Aus den Augen seiner Kumpels Achim und Jürgen werden die Themen Dieselfahrverbot ("dann fahre ich mit meinem Turbo- Diesel eben auf dem Radweg") und die Erkenntnis darüber, dass man für das E-Auto ja auch Strom benötigt, zur Selbstreflektion eines jeden Zuhörers.
Verdrehte Sprichwörter wie "Schau mich nicht in diesem Ton an", wenn Achim den offenen Hosenstall seines impotenten Kumpels Jürgen mit einem offenen Käfig vergleicht, aus dem ein toter Vogel auch nicht mehr entweichen könne, werden zu Dauerbrennern.
Ausländerwitze seien nun mal ein "zweigleisiges Schwert" und "wir Deutsche müssen eben aushalten, dass es uns besser geht als den Anderen", sind die Erkenntnisse des Abends.
Die Weisheit und das Resümee von Millers Programm nach endlosen Lachsalven erfolgte dann ganz am Ende: "Die Erde rollt auch weiter, wenn wir nicht mehr da sind, das ist doch erwiesen."