Noch nie hätte es so viele Insolvenzen gegeben wie in der jüngsten Vergangenheit, sagte jüngst Wenzel Bradac, Präsident des Landesverbandes der Marktkaufleute und Schausteller, in einem Zeitungsinterview. Die Marktkaufleute und Schausteller in Bayern sähen sich zunehmend in ihrer Existenz bedroht. Knapp 20 Betriebe gaben in den vergangenen beiden Jahren aus wirtschaftlichen Gründen ihr Geschäft auf, so Bradac.
Schuld ist der Euro
"Ich schau' niemandem in die Kasse", sagt Horst Ferling. Dennoch weiß er, dass es seinen Kollegen keinen Deut besser geht als ihm. Eingeläutet worden sei das schlechte Geschäft in seinen Augen vor vier, fünf Jahren mit der Einführung des Euros. "Die Lebenshaltungskosten sind enorm gestiegen", hat er festgestellt. Das erleben die Schausteller nicht anders als der Otto-Normal-Bürger.
Vor allem die gestiegenen Energie- und Benzinkosten machen den Schaustellern zu schaffen. "Wir können ja schlecht Autogas in unsere schweren Lastwagen tanken", sagt Ferling. Auch bei Reparaturen werde zweimal hingeschaut. Erst dieses Jahr musste Ferling 10 000 Euro hinblättern, weil er seinen Fuhrpark mit neuen Reifen bestücken musste. Probleme bereite vielen Schausteller auch die Konkurrenz mit privaten Veranstaltern, denen von immer mehr Kommunen der Markt überlassen wird. Dadurch gehen die Standgebühren in einigen Städten rapide nach oben, teilweise um bis zu 200 Prozent.
In Lohr sei in dieser Hinsicht noch "alles im grünen Bereich", so der Generalpächter. Hier sind die Standgebühren gottlob noch gleich. Extrem schlecht war für die Branche heuer auch die Zeit während der Fußball-Weltmeisterschaft. "Die WM war tödlich", sagt Ferling. Beim Aschaffenburger Volksfest beispielweise, das genau in diese Zeit fiel, seien die Plätze nur zur Hälfte belegt gewesen.
Der Umsatz reduzierte sich da für seine Kollegen auf 40 bis 50 Prozent. "Das war katastrophal für die Leute." Doch auch für Ferling, der "seit er denken kann" im Geschäft ist, liefen die Geschäfte während der WM nicht gerade berauschend. Den Einbruch an Besuchern spürte er deutlich beim "Prämienmarkt" in Lauterbach und beim "Brunnenfest" in Oberursel. "Die Leute waren so aufgedreht vom Fußball, dass nix anderes mehr zählte."
Gähnende Leere
Er konnte sich für diese Manie nicht recht begeistern. Selbst in den Bierzelten seien Leinwände aufgebaut worden, erzählt er. Doch genützt hat es den Schaustellern nicht: An ihren Fahrgeschäften herrschte trotzdem größtenteils gähnende Leere. Diesen Verlust kann Ferling kaum ausgleichen, auch nicht indem er beispielweise die Preise für seinen Autoscooter erhöht. Er läuft Gefahr, dass niemand mehr kommt: "Damit schneide ich mir ins eigene Fleisch."
Vor allem in einer Zeit, in der die Menschen sparsamer sind denn je. "Sie verdienen weniger und das, was sie kriegen, halten sie zusammen."