Die Würfel sind gefallen – gegen Arnstein. Die Firma Schmitter Hydraulik GmbH wird in den nächsten Monaten ihren seit 60 Jahren angestammten Platz hoch über Arnstein verlassen und sich in Hammelburg-Westheim niederlassen. Geschäftsführer Hans-Dieter Böhmer und Bürgermeisterin Linda Plappert-Metz erläuterten gemeinsam im Gespräch mit der Main-Post die Gründe für den Umzug und die beiderseitigen, letztlich vergeblichen Versuche, das überaus erfolgreiche Unternehmen mit 70 Arbeitsplätzen in der Wern-Metropole zu halten.
Schmitter hat große Lagerplatzprobleme auf dem nur 6000 Quadratmeter großen und lang gestreckten Gelände in der Josef-Schmitter-Allee. Die Topografie am Hang und die einzige, aber für Lkw zu steile Zu- und Abfahrt an der Schützenbergstraße lässt keine Erweiterung zu. Wie Anfang Dezember 2010 berichtet, dachte das expandierende Handelsunternehmen zunächst über den Kauf eines ebenen Geländes in Kürnach direkt an der Bundesstraße 19 nach. Dass es nun ein 20 000 Quadratmeter großes Grundstück im 25 Kilometer entfernten Hammelburg-Westheim wird, ist eher Zufall. Denn bei den gemeinsamen Überlegung, wie und wo man man Schmitter Hydraulik mit einem großen Hallengrundstück in Arnstein hält und die Lager- und Logistikprobleme löst, brachte eine Abbruchfirma Westheim ins Spiel.
Fehlende Verkaufsbereitschaft
Hans-Dieter Böhmer macht deutlich, dass er gern in Arnstein geblieben wäre. Auch sein Mitgesellschafter aus Fulda habe sich erst spät mit einem Wegzug angefreundet. „Wir hatten eigene Ideen und einige gemeinsam mit der Stadt Arnstein“, sagt der 66-Jährige und betont die Heimatverbundenheit seiner Familie und seines Betriebes. Ein neues Gewerbegebiet an der Autobahnzufahrt zwischen Schwebenried und Schraudenbach scheitert an der fehlenden Verkaufsbereitschaft der Landwirte, denen, da sind sich Böhmer und Plappert-Metz einig, die Weitsicht für die wirtschaftliche Entwicklung Arnsteins fehle.
Auch das Preh-Gelände an der B 26 stand zur Disposition, „wohl wissend, dass es sanierungsbedürftig ist“, sagt Böhmer. Die Stadt Arnstein will die Sanierung noch veranlassen. „Man hätte hier noch zwei Äcker dazu kaufen können“, erklärt die Bürgermeisterin, damit Schmitter weitere Expansionsmöglichkeiten neben den anderen Mietern auf dem Preh-Gelände habe.
Böhmer schränkt ein: „Es blieb aber die bittere Erkenntnis, dass immer noch ein Bodenaustausch vorgenommen werden müsste und wir Stützmauern hin zum abfallenden Gelände bauen müssten.“ Zu kostspielig, zu zeitraubend.
Optimale Lösungen versprachen auch baulichen und straßenmäßige Veränderungen am angestammten Firmensitz unterhalb des Ehrenhains nicht. So griff auch das „Zuckerl“ der Stadt Arnstein nicht, bei einem Verbleib im Raum Arnstein das dann abgebrochene alte Firmengelände zu übernehmen.
„Von einem Umzug nach Kürnach hatten wir uns derweil verabschiedet“, erzählt Böhmer. Der Standort war favorisiert worden, weil hier die Transportpartner Schmitters angesiedelt sind. Das Handelsunternehmen allerdings sucht nun Partner, die bis 20 Uhr Ware abholen und nachts fahren.
Kurzer Weg zur A 7
Nun also Hammelburg-Westheim, wo eine leere Halle auf einem 20 000 Quadratmeter großen Gelände auf Schmitter wartet – nur einen Katzensprung von der Autobahn Würzburg-Fulda (A 7) entfernt und an der Saaletal-Bahn. Die 70 Mitarbeiter hat die Geschäftsführung am vergangenen Freitag vom Umzug informiert.
So schwer es Hans-Dieter Böhmer fällt, mit seinem Betrieb von Arnstein wegzuziehen, und so enttäuscht die Bürgermeisterin auch ist, so wissen doch beide, alles getan zu haben, Schmitter Hydraulik in Arnstein zu halten. „Es geht hier gar nicht mal um die fehlende Gewerbesteuereinnahme, sondern um den Verlust von Arbeitsplätzen und eines soliden Unternehmens in Arnstein“, erklärt Linda Plappert-Metz, die alle Anstrengungen aufbieten will, mit einem Verkehrskonzept in der neuen Stadtentwicklung auch ein Gewerbegebiet vorzuhalten, denn „vielleicht kehrt Schmitter ja zurück. Die Hoffnung stirbt zuletzt“.
Der Zeitplan des Abzugs: Bis Frühjahr 2012 sind Lager und Logistik in Westheim, bis voraussichtlich 2013 folgt die Verwaltung.
Schmitter Hydraulik GmbH
1952 von Josef Schmitter, dem späteren Ehrenbürger, in Arnstein angesiedelt, ist heute die Schmitter Hydraulik GmbH ein reines Handelsunternehmen, das sich 2006 von der SchmitterGroup, Thüngen, trennte. Es verkauft an Kunden – zu 80 Prozent in Deutschland, den Rest in der ganzen Welt – die von verschiedenen Herstellern produzierten Hydrauliksysteme, Verbindungstechniken und Schlauchleitungen für Hydraulik, Ventile mit Zubehör und Verbindungen für Druckluftbremsanlagen und Niederdrucksysteme. Eingebaut sind sie in Baumaschinen, Nutzfahrzeugen, Kraftstoff- und Photovoltaikanlagen sowie in der Fluidtechnik.
Nach dem Einbruch 2008 erreichte Schmitter durch eine weitsichtige Einkaufspolitik 2009 einen Umsatz von zwölf Millionen Euro. Nach 2010 mit etwa 14 Millionen Euro zeigt sich der starke Aufwärtstrend in diesem Jahr, für das Geschäftsführer Hans-Dieter Böhmer eine weitere Umsatzsteigerung im zweistelligen Bereich ankündigt. Eine größere Lagerkapazität ist unumgänglich, damit Schmitter Hydraulik weitere Kunden aufnehmen kann. Auch die ungünstigen internen Betriebsabläufe auf dem eigenen Gelände stehen einer Expansion im Weg.
Hans-Dieter Böhmer, der Schwiegersohn des Firmengründers, geht am 1. Mai 2014 in den Ruhestand. Mit seiner Familie, voran Schwiegersohn und Verkaufsleiter Andreas Meder, steht die dritte Generation für die GmbH bereit, die von sieben Gesellschaftern in zwei Familien – Schmitter/Böhmer und Richter (Fulda) – getragen wird. TEXT: AMKREUTZ-GÖTZ