Unter den Karlstadter Stadtführern herrscht Verunsicherung. Die Volkshochschule bietet im Herbst einen Kurs zur Ausbildung als Gästeführer an. Für die 35 Stunden Unterricht inklusive Prüfung ist eine Teilnahmegebühr von 250 Euro fällig. Müssen die bisherigen Stadtführer alle diesen Kurs absolvieren und bestehen, um auch künftig Touristen durch Karlstadt führen zu dürfen? „Nein“, antwortet die Tourismusbeauftragte der Stadt Karlstadt, Kornelia Winkler.
Sie listet eine ganze Reihe von Gründen auf, weshalb die Stadt neue Gästeführer sucht. Dazu zählen sowohl die Stadt- als auch die Naturführer. Mehr als die Hälfte der Gästeführer sei über 65 Jahre alt, 40 Prozent sind über 70. Die Stadt müsse sich daher rechtzeitig auf ein Ausscheiden vorbereiten.
Nicht immer einsatzfähig
Auch wenn die Zahl der Gästeführer hoch erscheine, „so stehen diese nicht immer zu den benötigten Zeitpunkten zur Verfügung, dies betrifft naturgemäß vor allem in erster Linie die berufstätigen Gästeführer“.
Außerdem teilt Kornelia Winkler mit: „Die Stadt Karlstadt hat in verschiedene Infrastruktureinrichtungen investiert. Hierzu zählt unter anderem der Stromanschluss für den Schiffsanleger.“ Es würden immer mehr Flusskreuzfahrtschiffe anlegen. Es müsse das Ziel sein, „Passagiere der Kreuzfahrtschiffe mehr und länger in der Stadt zu halten“. Dieser Wunsch sei von Stadträten und Betrieben an die Stadt herangetragen worden.
Geänderte Struktur der Führungen
„Das heißt aber auch, dass wir uns auf die Belange und Wünsche der Reedereien und deren Gäste einstellen müssen. Hierzu gehören unter anderem das Angebot an verschiedenen (fremdsprachlichen) professionellen Führungen, die wir in der benötigten Anzahl und auf die Zielgruppen abgestimmt anbieten müssen.“ Die Struktur von Führungen und deren Inhalte hätten in den vergangenen zehn Jahren geändert. Darauf müsse man sich einstellen.
Die neue Schulung richte sich in erster Linie an Interessierte, die bisher noch keine Stadtführungen geleitet haben. Kornelia Winkler: „Dabei haben natürlich auch etablierte Führungen ihre Zielgruppen, sind wichtig und müssen und werden entsprechend angeboten.“
Auf die Frage, ob die bisherigen Stadtführer über die neuen Pläne informiert worden seien, erklärt Kornelia Winkler: „Die Schulung richtet sich in erster Linie an Interessierte, die bisher noch keine Stadtführungen durchgeführt haben. Bei Interesse können selbstverständlich auch etablierte Stadtführer an der Schulung teilnehmen und dies als Fortbildungsmaßnahme ansehen.“
Fortbildung erwünscht
Penny Edwards ist eine der Stadtführerinnen. Auf die Situation angesprochen, sagt sie: „Ich verstehe, dass wir uns auf Neues einstellen müssen.“ Sie wünscht sich, dass es für die bisherigen Stadtführer eine wirkliche Weiterbildungsmöglichkeit in dieser Richtung gibt, ohne den kompletten Kurs absolvieren zu müssen, in dem vieles durchgenommen wird, was zum selbstverständlichen Repertoire der bisherigen Stadtführer gehört.
„Ich verstehe auch, dass Frau Winkler angesichts der Altersstruktur der bisherigen Stadtführer neue Leute sucht.“ Das sei völlig richtig, da sie nun mal für den Tourismus zuständig ist. Penny Edwards hätte sich aber gewünscht, dass alle bisherigen Stadtführer mit einem Schreiben über die Hintergründe des neuen Kurses informiert werden.
Bisher lag die Ausbildung der Stadtführung in den Händen des Historischen Vereins. Mitglieder, die bestimmte Spezialgebiete haben, bildeten die Stadtführer aus. Georg Büttner ist der einzige aus diesem Kreis, der auch im Volkshochschulkurs als Referent aktiv ist. Der zweite Referent ist Dr. Helmer Vogel, der an der Uni Würzburg Didaktik der Geografie lehrt.