Der Lohrer Stadtrat hat in seiner Sitzung am Mittwochabend mit großer Mehrheit beschlossen, die Installation einer von Roland Schaller entworfenen Mopper-und-Schnüdel-Plastik im Stadtgebiet zu befürworten. Sie soll ohne finanzielles Zutun der Stadt entstehen. Dennoch gab es im Gremium eine teils heftige Debatte um das Thema.
Schaller hatte zu Beginn seine Idee vorgestellt. Diese sei ihm bereits 1995 gekommen, als verschiedene Unternehmen der Stadt 200000 D-Mark für ein Kunstwerk zur Verfügung stellen wollten. Doch der Stadtrat habe das Geld damals »in den Sand gesetzt«, weil er sich nicht auf einen Standort habe einigen können.
Nun, 20 Jahre später, habe er seine Idee erneut aufgegriffen, so Schaller. Sein Entwurf zeige einen feisten Mopper als Darstellung des eingeborenen Lohrers und einen dünnen Schnüdel, also den Wurstzipfel, der in Lohr seit vielen Jahrzehnten für die Zugezogenen steht. Zwischen den beiden liegt als Verbindung ein Hund auf dem Boden, ein Mops.
Der Mopper wirke etwas arrogant, beschrieb Schaller sein Werk, der Schnüdel kritisch aber gleichzeitig auch selbstbewusst. Es handle sich um eine humorvolle Darstellung der beiden Symbolfiguren aus der Lohrer Lokalhistorie.
Die Plastik wäre laut Schaller in Lohr die erste mit einem unmittelbaren inhaltlichen Bezug zur Stadt. Die im Stadtbild vorhandenen Schneewittchenfiguren seien das Resultat einer Weinlaune, Moenus oder Fischer könnten überall stehen. Mopper und Schnüdel hingegen wären in Schallers Augen »identitätsstiftend und ein Alleinstellungsmerkmal« für Lohr, eine kulturelle Bereicherung und humorvolle Komponente in der Stadt.
Er habe seit der ersten Vorstellung seiner Idee im vergangenen Jahr viel Unterstützung erfahren, sagte Schaller, unter anderem von der Lohrer Kunstinitiative, dem Geschichtsverein und der Werbegemeinschaft. Auch etliche Stadtführer befürworteten seine Idee, weil Mopper und Schnüdel fester Bestandteil in den Rundgängen seien.
Als gut geeigneten Standort schlug Schaller einen Platz in der Fußgängerzone vor der Geschäftsstelle des Lohrer Echos vor, oder aber am Schlossplatz direkt neben dem Eingang des neuen Rathauses, wo die meisten Stadtführungen beginnen.
Schließlich kam Schaller zu den Kosten. Ihm liege von einer Bronzegießerei aus Niedernberg ein Angebot vor, die rund 1,5 Meter große Plastik für 40000 Euro zu gießen. Mit Sockel und Aufstellung käme man wohl auf 45000 Euro, so Schaller.
Schaller hat schon Spender
Er selbst würde seine Idee und das Modell kostenlos zur Verfügung stellen. Aus seinem engsten Verwandtenkreis habe er Spendenzusagen in Höhe von 20000 Euro vorliegen. Daneben sei er bereit, so Schaller, 250 Bildwerke aus all seinen Schaffensphasen zu versteigern. Dabei seien sicher mindestens 10000 Euro zu erlösen.
Um die verbleibende Lücke von rund 15000 Euro zu schließen, solle man einen Spendenaufruf starten und auch Firmen um Unterstützung bitten, riet Schaller. Womöglich seien ja die Firmen, die seinerzeit zusammen 200000 D-Mark angeboten hätten, noch immer zu Spenden bereit, so Schaller. Und schließlich, so schloss er seinen Vortrag, wäre er auch froh, wenn der Stadtrat eine Unterstützung bewilligen würde.
Zeitz: Geschichtsklitterung
Aus den Reihen der Stadträte und der vielen Zuhörer erhielt der Künstler zunächst kräftigen Applaus. Doch dann meldete sich Franklin Zeitz (Bürgerverein) zu Wort. Er sei gegen die Aufstellung der Plastik, sagte er. Indem Schaller sein Kunstwerk selbst vorschlage, disqualifiziere er sich.
Überdies stelle das Kunstwerk eine »fürchterliche Geschichtsklitterung« dar. Es solle ausgedrückt werden, dass es in Lohr eine Fremdenfreundlichkeit gebe. Doch in Lohr gehe man »mit Fremden nicht freundlich um«, sagte Zeitz unter einigem Staunen des Publikums. Zeitz sprach davon, dass man hier zur Zeit des Dritten Reiches die Juden aus Überzeugung »weggeekelt« habe und fügte hinzu, dass dies »typisch Lohr« sei. Ihm gefalle auch nicht, dass Schallers Kunstwerk den Mopper »als arrogantes Arschloch« und den Schnüdel als »armselige Gestalt« darstelle.
Bürgermeister Mario Paul nahm dies zum Anlass, um Zeitz aufzufordern, eine dem Gremium angemessene Wortwahl zu zeigen. Auch Richard Eyrich (SPD) bezeichnete Zeitz' Ausführungen als eines Stadtrats unwürdig. Gerold Wandera (Grüne) sagte, dass es eine »gewisse Intelligenz« brauche, um Schallers Kunstwerk zu verstehen. Christine Kohnle-Weis verwehrte sich gegen den ihrer Ansicht nach von Zeitz erzeugten Eindruck, »dass Lohr engstirnig ist«.
Der Umgang der Stadt Lohr mit Fremden sei so vielfältig wie überall in Deutschland, sagte Paul. Die Aussage, dass es sich bei Schallers Kunstwerk um Geschichtsklitterung handle, sei »völlig an den Haaren herbeigezogen«. In der Stadt wolle niemand Geschichte verklären, so Paul auch mit Verweis auf die in einer der vergangenen Stadtratssitzungen beschlossenen Stationen zum Gedenken an die jüdische Gemeinde in Lohr.
Dank an Schaller
Paul bezeichnete Schallers Idee als ein sehr überzeugendes Konzept. Auch Wolfgang Weis (Grüne) zeigte sich begeistert. Die Darstellung von Mopper und Schnüdel treffe genau die »Alt-Lohrer Mentalität«. Endlich könne man in Lohr mal ein Werk eines noch dazu international angesehenen Lohrer Künstlers sehen. Man müsse Schaller für dessen Engagement danken.
Rainer Nätscher (Freie Wähler) erklärte, dass Kunst Geschmacksache sei. Er finde Schallers Entwurf »ganz lustig«. Allerdings könne er nicht zustimmen, ohne zu wissen, welchen Betrag die Stadt genau beisteuern soll. Schließlich, so erklärte er mit Blick auf die einst mit über 100000 Euro ziemlich aus dem Ruder gelaufenen Kosten der mittlerweile vor der Stadthalle stehenden Schneewittchen-Skulptur, sei man diesbezüglich ein »gebranntes Kind«.
Auch Brigitte Riedmann (Freie Wähler) verwies auf die prekäre Finanzlage der Stadt. Sie warf dem Bürgermeister vor, den Stadtrat mit dem Tagesordnungspunkt in Zugzwang zu bringen. Paul indes erwiderte, dass es doch gar nicht um Geld gehe, der Stadtrat solle nur beschließen, Schallers Idee zu befürworten. Der Künstler sei nicht als Bittsteller gekommen, sondern mit einem Angebot.
Matthias Schneider (CSU) erklärte, dass man überhaupt nichts gegen Schallers Kunstwerk haben könne, sofern die Finanzierung ohne Zutun der Stadt gesichert sei. Sollte es doch Geld von der Stadt brauchen, müsse man eben in den nächsten Haushaltsberatungen entscheiden, ob man welches dafür übrig habe.
Schaller: Kleinkariert
Schaller zeigte sich am Ende »von einigen Wortmeldungen sehr enttäuscht« und sprach von kleinkariertem Denken. Wenn es durch Spenden und Versteigerungserlöse nicht gelingen sollte, die 45000 Euro zusammenzubekommen, werde er den Rest eben aus eigener Kasse beisteuern. »Die Stadt braucht keinen Cent zu zahlen, damit es hoffentlich erledigt ist«, so Schaller. Das Gremium befürwortete schließlich die Installation von Schallers Kunstwerk mit großer Mehrheit. Dagegen stimmten lediglich Nätscher, Zeitz und Riedmann.