Niederbayern sind bodenständig, Freie Wähler sind Freigeister, Berufsschullehrer können auch zupacken - das sind so die Klischees. Und dann kommt Sven Baumeister zum Pressegespräch im Sakko mit feinem Einstecktuch, mit Siegelring am Finger und reichlich Stylingprodukt im Haar. Der 31-Jährige, der vor einem Jahr vom Landkreis Straubing-Bogen nach Arnstein gezogen ist, tritt bei der Europawahl für die Freien Wähler an. Auf Listenplatz 11. "Zurzeit haben wir einen Platz im Europaparlament. Wenn's gut läuft, erreichen wir nun drei oder vier Plätze."
Baumeister ist klar, dass er sein Geld auch nach der Wahl als Berufsschullehrer für Wirtschaft und Sozialkunde in Main-Spessart verdienen wird, nicht als Abgeordneter in Brüssel und Straßburg. Trotzdem hat er sich aus mehreren triftigen Gründen zur Wahl gestellt. "Ich bin überzeugter Europäer", sagt er. "Als mich Hubert Aiwanger fragte, ob ich antreten würde, habe ich sofort zugesagt." Richtig, der FW-Chef persönlich hat Baumeister angesprochen. Darauf kommen wir gleich nochmal zurück.
Die Hochzeit steht an
Ein weiterer Grund für Baumeisters Kandidatur ist, dass sie ihn im Landkreis Main-Spessart bekannter macht. In seiner Heimat kennen ihn die Bürger, weil er aus einer politischen Familie stammt und schon bei Kommunalwahlen angetreten ist, und die Granden der Freien Wähler kennen ihn als Schatzmeister der Jungen Freien Wähler, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Deshalb hat Aiwanger Baumeister, so von Niederbayer zu Niederbayer , zur Kandidatur ermuntert.
In Main-Spessart sei er in Parteikreisen "sehr gut aufgenommen" worden, erzählt Baumeister. Zur früheren Arnsteiner Bürgermeisterin und jetzigen Staatssekretärin Anna Stolz habe er als Neu-Arnsteiner ein gutes Verhältnis. Auch mit den Kreisvorsitzenden Peter Utsch und Marco Pintar komme er gut aus. Als klar war, dass er längerfristig in Unterfranken bleibt, hat er sich mit den Freien Wählern in Main-Spessart vernetzt. Während Baumeister in Karlstadt und Lohr unterrichtet, arbeitet seine Verlobte in Würzburg. "Die Hochzeit findet im September statt, die Ringe hab ich schon", verrät Baumeister.
Urenkel eines politischen Urgesteins
Für Europa setzt er sich ein, "weil wir in Frieden und Wohlstand leben", so der 31-Jährige. Das sei keine Selbstverständlichkeit. "Die Friedens- und Wertgemeinschaft Europa ist immens wichtig." Aber die Bürokratie der Europäischen Gemeinschaft solle "auf ein vernünftiges Maß reduziert" werden. Die Kosten, die zwei Parlamentssitze verursachen, hält er für unvernünftig. Und: "Zu viele Entscheidungen werden nach Europa verfrachtet", sagt Baumeister. Es gebe große Themen, die fraglos gemeinsam entschieden werden müssten, "Klimaschutz" und den "Umgang mit Flüchtlingen" nennt er als Beispiele. Viele andere Dinge aber könnten auf niedrigerer Ebene geregelt werden.
Auf niedrigerer Ebene ist Baumeister auch zum Engagement bereit. "Bei den Kommunalwahlen im Mai 2020 würde ich auch kandidieren, wenn ich gefragt werde", kündigt er an. Schon sein Urgroßvater Johann Wartner begann seine Politkarriere auf kommunaler Ebene, als Bürgermeister von Mitterfels. 1949 zog er für die Bayernpartei in den Bundestag ein. "Sie wissen doch, dass Adenauer mit nur einer Stimme Mehrheit zum Kanzler gewählt wurde", erzählt Baumeister. "Diese Stimme kam von meinem Großvater." Wartner votierte als vermutlich einziger Nicht-CDU/CSUler für Konrad Adenauer und ging so in die Geschichtsbücher ein. Ein Vorbild für seinen Urenkel Sven Baumeister.