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RETZBACH: Tierschutz: Die Igel-Eltern aus Retzbach

RETZBACH

Tierschutz: Die Igel-Eltern aus Retzbach

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    Die junge Igeldame ist in einem Kellerschacht gefunden worden und wird derzeit von Patricia Behr und Reinhard Fritz gepflegt.
    Die junge Igeldame ist in einem Kellerschacht gefunden worden und wird derzeit von Patricia Behr und Reinhard Fritz gepflegt. Foto: Foto: Lucas Kesselhut

    Ein leises Knurren ist zu hören, als etwas Licht auf die stachelige Igeldame fällt. Aus dem Schlaf geweckt zu werden, mag das kleine Tier ganz und gar nicht. Doch der junge Igel ist viel zu dünn und muss fressen. Wäre die Patientin nicht aus einem Kellerschacht gerettet worden, wäre sie dort ganz sicher gestorben. Mit einer speziellen Nahrung füttert Patricia Behr das Tier. Und kassiert dafür auch schon einmal einen kleinen Biss. „Du bist ein wenig frech“, sagt sie zu dem kleinen Tier in ihrer Hand und lacht.

    Behr und ihr Mann Reinhard Fritz aus Retzbach (Lkr. Main-Spessart) haben sich für ein Hobby neben dem eigentlichen Beruf entschieden, das mit drei Stunden in der Woche keinesfalls zu meistern ist. Sie nehmen kranke und schwache Igel bei sich auf und pflegen sie so lange, bis sie wieder in die Natur ausgesetzt werden können. Seit 2009 machen sie das schon und kümmern sich um etwa 40 bis 50 Igel im Jahr. Viele solcher Stationen gibt es in der Region nicht. Die nächste befindet sich in Gerbrunn (Lkr. Würzburg).

    Besorgte Anrufe kommen auch aus Hamburg

    „Die Tiere, die zu uns gebracht werden, sind meistens viel zu klein und zu schwach, in der Regel zudem krank und voller Parasiten“, so die Erfahrungen von Patricia Behr. Oft bringen die Igel nicht einmal 200 Gramm auf die Waage. 400 bis 500 sollten es jedoch sein, bevor sie sich in den Winterschlaf begeben.

    Die Finder kommen größtenteils aus der Region. Erst vor kurzem hätten zwei Frauen einen Igel um kurz nach 22 Uhr vorbei gebracht. Vorher gibt es aber eine telefonische Beratung. „Meistens können wir so schon ganz gut helfen“, sagt Reinhard Fritz. Die Anrufe stammen nicht nur aus Main-Spessart oder dem Landkreis Würzburg. Oft klingeln auch besorgte Menschen aus München oder Hamburg durch, die den Kontakt der beiden im Internet finden.

    Verletzungen durch Gartengeräte

    Alle Tiere, die die Finder nach Retzbach bringen, werden zunächst gründlich begutachtet und gewogen. Das Wissen dafür haben sich die beiden selbst erarbeitet – mit Hilfe von Büchern oder im Austausch mit anderen Igelstationen. Für Patricia Behr sei außerdem ihr Beruf von Vorteil. Sie ist Krankenpflegerin und kennt sich mit der Wundversorgung gut aus.

    Eine ständige Gewichtskontrolle ist wichtig. Denn nimmt ein Igel ab, geht es ihm nicht gut. Noch ist die Igeldame zu dünn, um in der Natur überleben zu können.
    Eine ständige Gewichtskontrolle ist wichtig. Denn nimmt ein Igel ab, geht es ihm nicht gut. Noch ist die Igeldame zu dünn, um in der Natur überleben zu können. Foto: Foto: Lucas Kesselhut

    „Denn oft kommen Igel zu uns, die sehr verletzt sind“, sagt sie. Hundebisse beispielsweise kämen häufig vor. Aber auch der Mensch werde mehr und mehr eine Gefahr für den Igel, sind sich beide Tierschützer sicher. Durch den Einsatz einer Motorsense wurde vor einiger Zeit eine Igeldame schwer verletzt. Die Schnittwunde war acht Zentimeter lang und zog sich von der Stirn bis in den Rumpf.

    Nur mit viel Leidenschaft zu meistern

    Da Igel nachtaktiv sind und am Tag vorzugsweise unter Hecken und Sträuchern schlafen, seien Gartengeräte häufig eine tödlichen Gefahr – vor allem im Herbst, meinen Behr und Fritz. Die Finder brachten das Tier zu einer Tierärztin, die Igelstation Retzbach übernahm die weitere Pflege. Nach drei Wochen intensiver Wundversorgung und Einsatz von Medikamenten konnte das Tier wieder in Freiheit entlassen werden.

    So etwas braucht viel Leidenschaft und Zeit. Baby-Igel benötigen beispielsweise alle zwei Stunden Nahrung mit der Spritze – auch nachts. Viel Freizeit bleibt den Tierschützern deswegen nicht. Auch ein Sommerurlaub ist nicht möglich. Jede freie Minute kommt den Igeln zugute. Sieben Tiere sind durchschnittlich zur gleichen Zeit in der Pflege. Die ganz kleinen Igel im Haus und die etwas größeren in speziellen Außenbereichen im Garten. „Manche sagen, wir sind verrückt“, erzählt Patricia Behr. Doch auf die Igelstation wollen beide nicht mehr verzichten. „Auch wenn es manchmal schon sehr hart ist“, gibt Behr zu.

    Teure Nahrung und Medikamente

    Für etwas größere Igel haben die beiden Tierschützer Außenbereiche im Garten angelegt.
    Für etwas größere Igel haben die beiden Tierschützer Außenbereiche im Garten angelegt. Foto: Foto: Lucas Kesselhut

    Aber mit viel Zeit und Liebe für die stacheligen Tierchen ist es nicht getan. Vor allem die spezielle Nahrung und die Medizin seien sehr teuer. Deswegen ist die Igelstation auf Spenden angewiesen, oft geben die Finder auch etwas Geld für die Pflege der Tiere dazu. Denn ein schwacher und kleiner Igel bleibt meistens sechs bis acht Wochen in der Obhut der Retzbacher. „Dann sind sie in der Lage, sich alleine in der Natur zurecht zu finden“, sagt Reinhard Fritz. Einige kehren auch immer wieder zur Pflegestation zurück. Und die, die es noch nicht aus eigener Kraft schaffen, werden bis dahin eben noch ein wenig weiter gepäppelt.

    Spenden für die ehrenamtlich geführte Igelstation erreichen die Tierschützer über dieses Konto: Bund Naturschutz, Kreisgruppe Main-Spessart; SPK Mainfranken – Würzburg; IBAN: DE78 7905 0000 0240 4428 22, Verwendungszweck: Ortsgruppe Retzbach.

    So hilft man Igeln im Herbst richtig Grundsätzlich kann der Igel als Wildtier für sich selbst sorgen. Eine Lockfütterung, vor allem bei Kälte, schadet ihm jedoch nicht. Für die Fütterung können Tierfreunde spezielles Igelfutter oder handwarmes Katzenfutter verwenden und dieses zusätzlich mit Haferflocken oder Rührei anreichern. Außerdem trinken Igel frisches Wasser. Keinesfalls dürfen die stachligen Vierbeiner Milch zu sich nehmen, das verträgt der empfindliche Darm der Tiere nicht. Tierfreunde können Igeln den Winterschlaf erleichtern, wenn sie im Garten geeignete Häuschen aus dem Fachhandel aufstellen, diese richten die Igel dann selbst mit Ästen und Laub ein. Aber auch in klassischen Komposthaufen nisten sich die Tiere gerne ein. Sie sollten auf gar keinen Fall mit ins Haus genommen und ohne Beratung selbst gepflegt werden. Informationen gibt es bei Patricia Behr und Reinhard Fritz unter Tel. 09364 3823 oder 0160 7364732 und unter rein.fritz@t-online.de. (dpa/lke)

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