Zehn neue Stadtführerinnen und Stadtführer für Lohr haben im Mai ihre Prüfung bestanden. Doch wie geht es nun weiter? Mit dreien von ihnen hat diese Redaktion über ihre Pläne gesprochen. Alle haben schon ein paar Führungen durch die Lohrer Innenstadt mit Publikum hinter sich – haben aber auch noch andere, weitreichendere Ideen.
Nicole Schmidt aus Wiesenfeld arbeitet im Lohrer Spessartmuseum und ist durch eine Kollegin dort auf die Idee gekommen, eine Ausbildung zur Stadtführerin zu machen. Weiteres Ziel seien dann Führungen auch im Museum gewesen, berichtet sie. Aber nun kann sich die 38-Jährige noch einen Kindheitstraum erfüllen, nämlich in eine Rolle schlüpfen, die sie in das 18. Jahrhundert entführen wird. "Ich liebe schon immer die Barockzeit, speziell den damaligen Adel", schwärmt Schmidt. Und sie liebt auch die Kleider der damaligen Zeit.
Outfit von der Schneiderin
Für ihre Kostümführung hat sie ein Outfit nach Original-Vorlagen von der Wombacher Schneiderin Vera Nätscher bestellt. Mit Bezug zu Lohr sei es einfach gewesen, die richtige Person zu finden, als die sie dann die Menschen durch die Stadt begleiten möchte: Elisabeth Claudia von Reichenstein, zweite Ehefrau des Kurmainzer Amtmanns Christoph Philip von Erthal. Und Vater von Maria Sophia, dem realen Vorbild zur Märchengestalt Schneewittchen.
"Ich wollte mich nicht auf Schneewittchen einschränken, deshalb habe ich mich für die böse Stiefmutter entschieden", berichtet die Stadtführerin. "Außerdem ist aus dieser Zeit sehr wenig bekannt. Ich werde meine Gäste in das Jahr 1760 entführen, wenn meine beiden Ehemänner tot sind. Diese Seite von Lohr kennt ja fast noch keiner." Schmidts Interesse gilt besonders den Bauten von Lohr mit dem Schloss als "absolutem Highlight". Bei den normalen Führungen seien auch die Färber- und Gerbergasse dabei, aber bei ihrer Kostümführung wird sie nicht dorthin gehen. "Da stinkt es viel zu sehr. Als Adelige ist es schon schlimm genug, wenn ich durch die Hauptstraße laufen muss", sagt sie – ganz in ihrer Rolle.
Ebenfalls eine historische Kostümführung plant Tanja Mädler. Sie wohnt eigentlich im hessischen Freigericht, ist aber der Liebe wegen häufig in Lohr. Sie interessiert sich ebenfalls für Kultur und Geschichte, wollte sich schon in Gelnhausen als Stadtführerin registrieren lassen. In Lohr hat es der 51-Jährigen besonders das Fischerviertel angetan: "Da gibt es so viel zu erzählen. Bei einer normalen Stadtführung können wir das aus Zeitgründen nicht abdecken, deshalb werde ich die Frau eines Fischers, Sandschöpfers oder Seilers machen."
Alte Fotos als Hilfe
Ganz genau steht ihre Person noch nicht fest, aber sie recherchiert schon fleißig über die Fischer, die Mainlände, den dortigen Schiffs- und Bootsbau, die Flößerei und das große Hochwasser Anfang des 19. Jahrhunderts. "Durch meinen Lebenspartner, der in der Fischergasse wohnt, und etliche Bekannte habe ich auch schon viele alte Fotos bekommen. Und natürlich auch viele Informationen durch Filme und die Stadtführerausbildung." Jetzt ist sie nur noch auf der Suche nach authentischer Kleidung, die sie "natürlich nicht von der Stange kaufen" möchte.
Um ein passendes Kostüm muss sich der Leiter des Lohrer Bauhofs, Peter Bechold, keine Sorgen machen. "Kollegen von mir haben gefrotzelt, ich sollte doch als Gärtner in einer grünen Schürze herumlaufen, aber das mache ich nicht", erzählt er schmunzelnd. Da er in Lohr jeden Pflasterstein "mit Namen kennt", wie er sagt, habe es für ihn nahe gelegen, sich einmal auch über die genauen Hintergründe der Stadtentwicklung oder auch über die Gebäude selbst besser zu informieren.
Ins Gespräch kommen
Auch für ihn hatte es bei der Ausbildung noch viel Neues zu hören gegeben. "Das Geschichtliche fand ich sehr interessant – oder auch, wie viele Wirtschaften es zum Beispiel in Lohr früher gegeben hat." Bechold wird seine weiteren Stadtführungen entspannt angehen: "Man kommt dabei auch sehr schnell in ein gutes Gespräch, da brauche ich kein so genaues Konzept", meint er gelassen. Außerdem möchte er weiterhin für besonders Interessierte seine Extra-Führung "Mein Freund, der Baum" anbieten.