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"Tut es beim ersten Mal weh?"

Karlstadt

"Tut es beim ersten Mal weh?"

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    Fit for Love: Das sexualpädagogische Projekt der Beratungsstelle für
Schwangerschaftsfragen am Gesundheitsamt kommt bei den Schülern gut
an. Susanne Effert-Hartmann und Joachim Weisner sensibilisieren die
Neuntklässer aller Schularten (hier an der Karlstadter Hauptschule) für
einen verantwortungsvollen Umgang mit Sex, Liebe und Partnerschaft und
lassen keine Fragen unbeantwortet.
    Fit for Love: Das sexualpädagogische Projekt der Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen am Gesundheitsamt kommt bei den Schülern gut an. Susanne Effert-Hartmann und Joachim Weisner sensibilisieren die Neuntklässer aller Schularten (hier an der Karlstadter Hauptschule) für einen verantwortungsvollen Umgang mit Sex, Liebe und Partnerschaft und lassen keine Fragen unbeantwortet. Foto: FOTO MICHAELA MOLDENHAUER

    An der Karlstadter Hauptschule sind die Mitarbeiter der Beratungsstelle bereits Stammgäste. "Wir nutzen seit Jahren dieses Angebot", erklärt Rektor Wolfgang Leipold. "Das kommt bei den Schülern gut an." Jeweils drei Stunden an drei Tagen in einer Woche kommen Joachim Weisner und Susanne Effert-Hartmann in eine Klasse.

    Nicht Aufklärung, sondern Prävention ist das vorrangige Ziel der Sozialpädagogen. Aufgeklärt sind die 14-, 15- und teils auch 16-Jährigen längst. Sexualkunde wird innerhalb des Biologieunterrichts gelehrt. "Wir wollen die Jugendlichen für einen verantwortungsvollen Umgang im Bereich Partnerschaft und Sexualität sensibilisieren", erläutert Weisner. Informationen über Verhütung. Schwangerschaft und Aids sollen vermittelt, aber auch Werte wie Treue und Verantwortung transportiert werden.

    Große Bedeutung wird dem sprachlichen Umgang mit Sexualität beigemessen. Teils kennen die Schüler nur den umgangssprachlichen Begriff, formuliert es Effert-Hartmann. Anderes Vokabular ist manchmal gar nicht vorhanden. Bei der Frage nach einem Synonym aus der Hochsprache herrsche oft Schweigen. "Das ist schon erschreckend." Aber der etwas andere Unterricht zeitigt Erfolge. "Der Umgangston in der Klasse hat sich geändert", hat Rektor Leipold beobachtet.

    Ein Problem, mit dem die Mitarbeiter der Schwangerenberatung zu kämpfen haben, ist das "mediale Vorwissen". Die Jugendlichen nehmen die Weisheiten aus nachmittäglichen Talkshows für bare Münze, erklärt Joachim Weisner. 75 Prozent haben schon einmal einen Porno gesehen. "Die laden sich das aus dem Internet herunter." Es sei nicht einfach, bei diesen Jugendlichen dann "das Weltbild wieder zurecht zu rücken".

    Die Schüler sind gespannt auf den Besuch der Sozialpädagogen. "Das Thema betrifft sie persönlich, das interessiert sie", sagt Rektor Leipold. Wenn jemand von außerhalb in die Schule komme, habe das ohnehin immer eine andere Wirkung als wenn regulär unterrichtet werde. Eigentlich geht es in "Fit for Love" nicht anders zu als in einer "normalen" Stunde. Einige arbeiten lebhaft mit, andere schweigen, und ein kleiner Teil probiert die Grenzen aus.

    "Aber wir machen keinen Frontal-Unterricht", erklärt der Sexualpädagoge. Die Sitzordnung wird geändert, die Schüler bilden mit ihren Stühlen eine Runde. Wichtig sei, dass alles, was gesprochen wird, im Klassenzimmer bleibt und nicht an die Lehrer weitergegeben wird. Ein Interviewspiel zu Beginn soll das Eis brechen, den Wissensstand ausloten und vor allem zeigen, wie die Schüler miteinander umgehen.

    Die Fragen, die vorgegeben sind, decken deshalb auch ein breites Spektrum ab und reichen von "Hast Du diesen Monat schon geküsst?" bis "Kann ein Mädchen, das seine Periode noch nicht hatte, schwanger werden?" Ebenfalls vorbereitet ist die "Hitliste". Zehn Thesen wie "Eifersucht ist ein Zeichen für Liebe", "Weinende Männer sind Memmen" oder "Verhütung ist genauso Sache des Jungen wie des Mädchens" soll jeder Schüler in eine für ihn gültige Reihenfolge von der größten Zustimmung bis zu kompletter Ablehnung bringen.

    Danach werden völlig willkürlich kleine Gruppen zusammengestellt, die sich jeweils auf eine gemeinsame "Hitliste" einigen müssen. "Dadurch werden Vorurteile aufgezeigt und auch über Bord geworfen", erläutert der Sexualpädagoge. "Hier geht es um Toleranz, und die Sprachfähigkeit wird gefördert."

    Die Beantwortung von Fragen nimmt großen Raum ein. Die Jugendlichen können anonym ihre Fragen abgegeben. "In der jetzigen Klasse sind insgesamt 74 unterschiedliche Fragen zusammengekommen", sagt Joachim Weisner. Alle werden beantwortet, aber Mädchen und Jungen werden dabei getrennt. Susanne Effert-Hartmann arbeitet mit den Mädchen, Weisner mit den Jungs. Die Trennung sei sinnvoll, weil dadurch geschlechtsspezifische Fragestellungen viel ausführlicher behandelt werden können.

    Zum Team der Schwangerenberatung gehören drei weitere Mitarbeiter. Das Angebot ist kostenlos. Die Schulen in Main-Spessart können die Pädagogen anfordern. Allerdings rechtzeitig, denn "zum Schuljahresbeginn sind wir immer schon praktisch ausgebucht", sagt Joachim Weisner.

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