Das Lohrer Schulmuseum hat per Schenkung von der Lohrer Uhrmacherswitwe Claire Kriegbaum-Höfling eine außergewöhnliche Standuhr erhalten, ein Unikat der besonderen Art. „1920. Die 7 Gründer des neuen Reiches 1933“, steht auf dem Querelement (Architrav) über den zwei Säulen in erhabener Schrift. Eine Figur von Adolf Hitler steht dort neben einem Pult mit Hakenkreuz. Jeweils beim Glockenschlag spielt sich eine unschöne Parade brauner Figuren mit Hakenkreuz-Fahne und Hitlergruß ab.
Nikolaus Fey, damals Redakteur der Lohrer Zeitung, schrieb über diese von dem Lohrer Uhrmacher Hugo Gehret angefertigte Uhr in einem längeren Artikel mit der Überschrift „Handwerkskunst in der neuen Zeit“ am 28. April 1934 unter anderem.: „Es entspricht ganz dem Geist der Zeit, (…) die Uhrwerke an öffentlichen Gebäuden wieder in der symbolhaften Art zu gestalten (…). Die Sachlichkeit allein reicht für das deutsche Gemüt nicht aus, weder für den, der die Werke nützt, als für den, der sie schafft. Allerdings sind solche Meister selten geworden. Solches Schaffen fordert mehr als sachliches Berechnen, es verlangt Geduld und Begeisterung, Zähigkeit und unendliche Liebe zum Werk.
Lohr hat seinen Meister: Hugo Gehret. Wie die alten Meister bringt er Endliches und Ewiges, Zeitliches und Zeitloses, sein Freuen zum Schaffen und sein Denken in seinen Kunstuhren zum Ausdruck.“
Parade beim Glockenschlag
Weiter schreibt Fey: „Sein jüngstes Werk, das sich ebenbürtig seine früheren anreiht, ist eine Kunstuhr, die das für Deutschland glückhafte Ereignis ,Die Gründung des Dritten Reiches' darstellt. Über dem Zifferblatt in der Mitte des Gehäusebaues an einem Pult stehend Hitler. Mit dem Glockenschlag öffnet sich rechts eine Türe. Der Fahnenträger voraus, ziehen die sechs Mitbegründer der NSDAP in SA-Uniform an Hitler vorüber. Jeder der Vorüberziehenden wendet den Kopf und hebt die Hand zum deutschen Gruß, ebenso hält Hitler während des Vorbeimarsches die Hand erhoben. Vor dem Eingang zur Türe links senkt sich die Hand und der Kopf wendet sich wieder gerade aus. Hinter dem Einmarsch des Letzten schließen sich die Türen.
Die Uhr ist am Tag der Arbeit, am 1. Mai, im Uhrengeschäft Gehret in der Adolf-Hitler-Straße ausgestellt und bei jedem Stundenschlag das Figurenspielwerk im Gange zu beobachten. Die Kunstuhr wird auch auf der ,Braunen Messe' in Würzburg vom 9. mit 21. Mai ein Anziehungspunkt für die Besucher werden.“
Bemerkenswert ist, dass Gehret wohl selbst nicht alle Namen der sechs Mitbegründer kannte, denn er fragte schriftlich beim Gauleiter von Unterfranken diesbezüglich nach. Am 24. Oktober 1933 antwortete die Geschäftsstelle des Gauleiters: „Auf Ihr wertes Schreiben vom 14. Oktober lässt der Gauleiter mitteilen, dass er Ihnen die Mitbegründer des 3. Reiches zu dem gewünschten Zwecke nicht benennen kann, da einige davon nicht mehr am Leben sind und deshalb die Zustimmung der Hinterbliebenen nötig wäre.“
Nicht lange genutzt
Nikolaus Feys Wunsch im letzten Absatz seines zitierten Artikels, „dass in der neuen Zeit, die dem Schaffen aus deutschem Geist und Gemüt wieder Ehre und Geltung gebracht hat, unserem Meister Gehret Gelegenheit wird, daß sich sein Können und seine Sehnsucht zum Wertschaffen an einem Werke für die Öffentlichkeit auswirken kann“, erfüllte sich nicht, was die beschriebene Uhr anbelangt, denn am 30.
Juni und am 1. Juli 1934 ließ Hitler die gesamte Führungsriege der SA wegen angeblicher Putschversuche ermorden. Damit war die Uhr mit den SA-Männern nicht mehr als Propagandamittel interessant.
Die Uhr wurde 2009 von Peter Back und Franz Josef Schmitt generalüberholt. Nochmals überprüft und nachjustiert wurde die Mechanik, die mit einem Grammophonantrieb läuft, vom heutigen Firmeninhaber Matthias Krautwald, dem Großneffen von Claire Kriegbaum.
Nun wird die Uhr als ein außergewöhnliches Exponat das Lohrer Schulmuseum mit seinem gesellschaftlich-politischen Konzept bereichern. Bis zum Einbau in die ständige Ausstellung des Museums wird noch einige Zeit vergehen. Die Schenkung hat die Lohrerin Albine Lembach angeregt.
Vorweg können interessierte Gäste am Sonntag, 6. Dezember, bei freiem Eintritt während der regulären Öffnungszeit des Museums von 14 Uhr bis 16 Uhr die Uhr und den Aufmarsch der braunen Genossen besichtigen.