Die Vorfreude auf das Wiedersehen war größer als die Müdigkeit. Über 30 Stunden war Harald Straub wach, als er am Sonntag um 11 Uhr vor der Türe seines Hauses in Esselbach stand, in der rechten Hand einen Blumenstrauß. Bestimmt war die bunte Überraschung für seine Frau Monika, die ihn in Tiflis wähnte. Seit Anfang November arbeitet er in der Hauptstadt Georgiens als selbstständiger Bauleiter für das Iphöfer Unternehmen Knauf.
Tags zuvor, am Samstag, hatte sich Harald tatsächlich noch in der 1,3-Millionen-Einwohner-Metropole befunden. Um 6 Uhr stand er auf und ging zur Arbeit; er baut derzeit ein Gipswerk auf. Nach getanem Tagwerk fuhr er dann die etwa 15 Minuten zum Flughafen und stieg in die Maschine nach München. Vier Stunden brauchte der Flieger für die etwa 4000 Kilometer lange Strecke.
Zu seiner Frau und den Kindern Kevin (16 Jahre) und Caroline (24) kommt Harald trotz der weiten Distanz immer wieder heim. So hatte er das auch in den drei Jahren gehalten, in denen er in Algerien tätig war. Doch diesmal waren zwei Dinge anders: Niemand in Esselbach wusste von seinem geplanten Besuch – und bezahlt wurde der Flug von der Lufthansa und Antenne Bayern.
Mit einer E-Mail an den Radiosender hatte die ungewöhnliche Liebesgeschichte vor etwa einem Monat ihren Lauf genommen. Harald sendete aus Tiflis Grüße ins Studio nach Ismaning, denn der Spessarter hört auch in Georgien über das Internet deutsches Radio. Es dauerte ein paar Tage, da erhielt er eine Antwort eines Antenne-Redakteurs – verbunden mit der Frage, was er denn im fernen Tiflis mache. Es entwickelte sich eine kurze Korrespondenz, in der der Sender Harald auf eine Aktion zum Valentinstag am 14. Februar aufmerksam machte. Die Radiomacher wollten anlässlich des „Tages der Liebenden“ Paare zusammenführen, die in einer Fernbeziehung leben. Harald machte mit und schaffte es, niemandem von seinem Plan zu erzählen – nicht seinen besten Freunden, nicht seinen Kindern und auch nicht seiner Frau, obwohl er mit einer Webcam über das Internet täglich mit ihr telefoniert.
Am Sonntag um 5 Uhr landete der Flieger aus Georgien in München. In der Empfangshalle des Flughafens wurde Harald bereits erwartet. Der Fahrer des Kleinbusses, der ihn nach Hause bringen sollte, hielt ein Schild mit dem blau-gelben Logo des Radiosenders in die Höhe. Bevor es nach Esselbach ging, machte der Bus einen Zwischenstopp in Marktheidenfeld. Im Antik-Café warteten Antenne-Reporter Stephan Burkert und sein Kollege auf Harald und gaben ihm letzte Instruktionen, wie sie als Radiomänner sich den weiteren Ablauf vorstellten.
Monika Straub schlief noch, als Harald an der Haustüre klingelte. Normalerweise ist sie um diese Zeit längst auf den Beinen, doch am Samstagabend war es etwas später geworden. Mit den Kindern war sie beim Scheckenball in Karbach, bei dem die „Dorfrocker“ spielten. Tochter Caroline öffnete ihrem Vater die Türe und fiel ihm vor Freude um den Hals. Danach ging Harald ins Schlafzimmer, um seine Frau zu wecken, die genauso überrascht und glücklich war.
Nach ein paar kurzen Statements für den Radioreporter, einigen Fotos, für die auch Sohn Kevin aus seinem Bett gekrochen war, sowie einem Gläschen Champagner hatten die Straubs endlich Zeit füreinander. Die folgenden zwei Tage, die Harald bei seinen Liebsten bleiben konnte, versuchte die Familie, so gut es ging zu genießen. „Wir haben so viel Zeit wie möglich zusammen verbracht“, sagt Harald.
Die unerwartete Valentinstags-Visite machte schnell die Runde. Spätestens am Montag hatten praktisch alle, die die Straubs kennen, davon erfahren. Kein Wunder, denn im Radio wurde der Bericht von Reporter Burkert an diesem Tag etwa sechs bis sieben Mal gesendet. Harald wurde außerdem einmal live in die Show von Antenne-Moderator Stefan Meixner geschaltet.
Am frühen Dienstagnachmittag war für Harald dann schon wieder der Abschied gekommen. Mit einem Mietwagen, den auch der Radiosender bezahlte, machte er sich auf den Weg nach München. Zu seinem Gepäck gehörten zwei Koffer, darin unter anderem eine ordentliche Ration Hausmacherwurst, fränkisches Schwarzbrot und Süßigkeiten. Um 21.15 Uhr hob der Flieger gen Tiflis ab, wo Harald am Mittwoch um punkt 10 Uhr wieder auf der Arbeit erscheinen wird. Stressig sei die Aktion schon, sagt Harald, „aber das war es auf jeden Fall wert.“