(nm) Es war ein völlig neuer Ausbildungsberuf, als ihn das Arnsteiner Verkehrsunternehmen Ludwig Schraud als einer der ersten privaten Omnibusbetriebe in Bayern im Jahr 2008 anbot: die „Fachkraft im Fahrbetrieb“, kurz FiF. Jetzt konnten die Firmenchefs den damaligen Neustartern Dimitri Felde (25) und Adem Gökmen (21) zu ihrem mit Auszeichnung bestandenen Abschluss gratulieren.
Diese „Premiere“ im Landkreis Main-Spessart nutzen die Schrauds in einer Pressemitteilung, um auf die Attraktivität dieses neuen Berufs und seine guten Zukunftsaussichten hinzuweisen. „Von derzeit 120 000 registrierten Fahren geht bis 2015 ein Drittel in den Ruhestand“, begründen sie ihre Einschätzung. Das Unternehmen berichtet:
Um als Busfahrer arbeiten zu können, braucht man zunächst einmal einen entsprechenden Führerschein, der rund 9000 Euro kostet und vom jeweiligen Ausbildungsbetrieb bezahlt wird. Doch das Fahren ist nur ein Teil des Berufsbildes. „Hinzu kommen Fahrplanerstellung, Personaldisposition, Angebots- und Rechnungserstellung“, erklärt Dimitri Felde, der zuvor bereits eine Ausbildung als Kaufmann im Einzelhandel absolviert hatte und als stellvertretender Filialleiter in einem Supermarkt arbeitete. Auch müsse man Ahnung von Fahrzeugtechnik und –wartung haben. Der Beruf sei also recht abwechslungsreich.
Diese Vielfalt schätzt auch Adem Gökmen, wobei diesem neben dem zwischenmenschlichen Kontakt zu seinen Gästen das Fahren am meisten Spaß macht – trotz ein paar kleiner Malheure wie einem demolierten Wasserhydranten. Das bislang Aufregendste jedoch war ein beim Aussteigen vergessenes Baby im hinteren Teil eines Gelenkbusses: „Ich wusste erst gar nicht, ob ich die Polizei oder den Betriebsleiter anrufen soll. Schließlich habe ich die Baby-Tragetasche zur Sicherheit mit einem Gürtel auf dem Sitz hinter mir provisorisch festgeschnallt und als ich zur letzten Bushaltestelle zurückfuhr, wartete dort auch schon die verzweifelte Mutter auf mich.“
Beide Auszubildenden haben mit Auszeichnung abgeschlossen: Adems Notendurchschnitt liegt bei 1,66 und auch Dimitri kann mit einem Schnitt von 1,57 und voller Punktzahl bei der praktischen Prüfung auf seiner Lieblingsstrecke Arnstein–Karlstadt stolz auf sich sein. Die guten Ergebnisse verdanken die beiden wohl auch Ausbilder Hermann Stamm, der zusätzlich zum Blockunterricht im Internat in Ehingen kurzerhand einige Extra-Schulungen an den Wochenenden einführte.
Anforderungen für angehende Fachkräfte im Fahrbetrieb sind ein Mindestalter von 18 Jahren, Realschul- oder guter Hauptschulabschluss, Serviceorientiertheit, Kommunikationsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein.
Außerdem muss man sich mit Früh- und Spätschicht arrangieren und mitunter schon mal mit den Hühnern aufstehen: Dienstbeginn ist um 4.15 Uhr wenn die ersten Pendler zur Arbeit müssen, Dienstschluss für die Spätschicht ist um Mitternacht.
Dafür stehen die Chancen nach der Ausbildung auf Übernahme gut und auch das 30-köpfige Schraud-team wird nach Firmenangaben nicht auf Felde und Gökmen verzichten. „Für uns Unternehmen sind ausgebildete Kräfte, die sowohl die Praxis als auch die Theorie von der Pike auf gelernt haben, ein klarer Zugewinn weil wir sie überall einsetzen können“, so Gerhard Schraud. „Aus diesem Grund suchen wir noch weitere Azubis, mit denen wir weiter wachsen können.“