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KARLSTADT: Vom Rallyeauto zum Bulldog

KARLSTADT

Vom Rallyeauto zum Bulldog

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    Vom Rallyeauto zum Bulldog
    Vom Rallyeauto zum Bulldog

    Wer bei Markus Gold im Hinterhof der Karlstadter Hauptstraße 13 in die Garage schaut, sieht Rot. Es ist eine Farbe von der Stange – sie hat die RAL-Nummer 3002. Doch auf den Hauben von Golds alten Porsche-Bulldogs – fünf Exemplare besitzt er momentan – verzaubert dieses Rot den Betrachter.

    Gold kommt nicht mehr von diesen Traktoren los. Die Initialzündung war der Kauf seines ersten Porsches im Jahr 2004. Es handelte ich um das Modell „Standard“. „Zwei Zylinder und ungefähr 27 PS, Baujahr 1960“, erklärt Gold. Und schon ist er voll im Thema drin: Porsche hatte seinen Einzylinder „Junior“ getauft, den mit zwei Zylindern „Standard“, mit drei „Super“ und mit vier „Master“. Pro Zylinder kommen 13 bis 14 PS hinzu. Gebaut wurden die roten Schönheiten nur in der Zeit von 1959 bis 1963. Der anfänglich gute Absatz brach ein mit der Massenware, die in Form von Ford, Massey Ferguson oder John Deere aus den USA nach Deutschland herüberschwappte. 140 einzelne Traktorenfirmen hatte es vor dem Krieg noch gegeben.

    Von Porsche kann Gold nur schwärmen: „Die Traktoren sind modular aufgebaut.“ Die Zylinder, Kolben und so weiter sind überall dieselben. Nur hat ein Modell mehr davon und das andere weniger. Da die Marke aus der Ecke Volkswagen kommt, seien die Bulldogs unheimlich praktisch aufgebaut. Alles ist so angeordnet, dass sich das Fahrzeug zur Not auch auf dem Feld reparieren lässt.

    „20 Stundenkilometer sind die reinste Erholung“

    Markus Gold Porsche-Liebhaber

    Wenn einer seiner Bekannten die fünf Porsches in der Halle der früheren Spedition Spies in der Hauptstraße 13 entdeckt, wird der promovierte Chemiker – seit 2008 weitgehend im Ruhestand – oft gefragt: „Wie biste denn auf so 'nen Quatsch gekommen?“ Er weiß darauf keine exakte Antwort. Er habe eine Annonce in der Zeitung gesehen, erinnert er sich. Als Rallye-Beifahrer (zweiter Platz bei der Deutschen Meisterschaft) hatte er schon immer ein Faible auch fürs Schrauben.

    2000 Euro kostete der „Standard“, der zwar in guten Zustand war, aber noch nicht restauriert. Als Gold diesen Bulldog kaufte, wohnte er noch in Alzey (Rheinhessen) und hatte neben dem Wohnhaus nur eine Garage. „Das war eine mühselige Arbeit“, schildert er, Jeden Abend fuhr er den Traktor aus der Garage raus, weil drinnen zu wenig Platz war.

    Das hat sich jetzt grundlegend geändert. Der bis zum zehnten Lebensjahr in Karlstadt aufgewachsene Markus Gold hat zurück in seine Heimat gefunden und hat hier Margot Spies geheiratet. Die Grube in der früheren Kraftfahrzeug-Reparaturwerkstatt der Spedition Spies kam gelegen. Inzwischen hat Gold das Gebäude für seine Zwecke umgebaut. Das i-Tüpfelchen wird ein Büro sein, in dem ein Computer aufgestellt wird. „Per Beamer werden dann die Explosionszeichnungen von Porsche an die Wand projiziert“, freut er sich schon jetzt spitzbübisch auf diesen Luxus.

    Über den Ersatzteilhandel für die alten Bulldogs kommt Gold ins Schwärmen: „Man kriegt jedes Teil.“ Und das zu verträglichen Preisen. 1800 Euro hat er beispielsweise gezahlt für vier Räder mit Felgen – wohlgemerkt sind da die beiden großen hinteren Traktorreifen dabei. Das seien eben Preise für Landmaschinen, begründet der Traktor-Experte. Auch wenn die Reifen noch so groß und schwer sind, die Anforderungen seien geringer als an Autoreifen, die mit viel höheren Geschwindigkeiten gefahren werden.

    Inzwischen hat auch bei Markus Gold das Hobby immer größere Formen angenommen. Die Werkstatt enthält immer mehr Porsche-Teile. Übersichtlich hängen Kabel und Hüllen für Kabelstränge an einer Wand. Damit lässt sich die Elektrik neu herrichten.

    So gut er sich inzwischen auch mit den Traktoren auskennt, es gibt noch einen, auf dessen Können er gelegentlich ein wenig neidisch ist: Bruno aus Duttenbrunn. Gold nennt ihn lieber nur beim Vornamen, damit ihm nicht morgen alle Traktorfans die Bude einrennen. Denn Bruno hat bei Porsche Landmaschinenmechaniker gelernt. Und die Tricks, die er draufhat, sind es, die man braucht, wenn man alte Bulldogs restauriert.

    Nach und nach hat sich eine Ersatzteil- und Service-Szene gebildet. Oldtimer-Bulldogs sind in. Ende der 90er Jahre ging das richtig los, nachdem die Bauern vorher manchem noch 50 Mark in die Hand gedrückt hatten, wenn er ihnen das Ding vom Hof holte.

    Ist bei einem Porsche-Traktor die ganze Maschine auf Vordermann gebracht und glänzt die Haube wieder in frischem Rot, so kann er 10- bis 17 000 Euro kosten. Die Arbeit dürfe man dabei aber nicht rechnen, beschwichtigt Gold. Die Preise richten sich nach den Stückzahlen und der Beliebtheit der Modelle. Von drei Bulldogs hat er sich inzwischen getrennt. Behalten werden schließlich die Lieblingsstücke.

    In einem Schlepper-Club ist Gold nicht. Auch Ausstellungen oder Corsos besucht er nicht. Lieber genießt er eine Ausfahrt alleine. Als er noch in Alzey wohnte und am Wochenende nach Karlstadt kam, setzte er sich manchmal auf den Bulldog und fuhr zwei Stunden durch die Lande. „Mit 20 Stundenkilometern – das ist die reinste Erholung“, schwärmt er. Der Umstieg von Rallye-Auto auf den Bulldog ist jedenfalls geglückt. Das könne auch etwas mit dem Alter zu tun haben, meint er.

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