Eine Apotheke als Filiale gab es jedoch bereits schon seit 1809 im Städtchen. Im Archiv von Dr. Manfred Seltsam, der die umfangreiche Sammlung von seinem Vater Dr. Philipp Seltsam übernommen hat, sind zu diesem Thema interessante Einzelheiten vermerkt.
Der Löwenapotheker Jacob Wiskemann in Würzburg erhielt am 10. November 1809 von der Großherzoglichen Regierung in Würzburg "die Genehmigung in dem Landstädtchen Gemünden eine Filialapotheke aufzurichten".
Gemünden hatte damals immerhin etwa 1500 Einwohner und gehörte in diesen politisch bewegten Zeiten nach dem Preßburger Frieden von 1805 kurzzeitig zum Großherzogtum Toscana von Ferdinand III.
Die Apotheke war bei ihrer Gründung in einem Haus am Fuß des Schlossbergs, heute Pizzeria Piccolo, untergebracht. Nach zwölf Jahren wechselte die Filiale zur Kurz'schen Apotheke in Lohr, weil der Würzburger Wiskemann dem Lohrer Apotheker Kurz eine Tochter zur Frau gab und die mittlerweile bayerisch gewordene Regierung in Würzburg diesem auf Bitten Wiskemanns die "notwendige Konzession für Gemünden" erteilte.
Mitbegründer der Zuckerindustrie
Georg Anton Kurz war ein vielseitiger und unternehmungsfreudiger Mann. Er war Bürgermeister von Lohr, Pharmazeut, Chemiker und Fabrikant. In Lohr baute er eine Zuckerfabrik und produzierte für die damalige Zeit große Mengen Rohrzucker und Sirup, was von amtlicher Seite sehr gelobt wurde.
"Schon in der ersten Kampagne 1811/12 waren es 3847 beziehungsweise 2702 Pfund" heißt es in der Chronik. Am 5. Juli 1829 kaufte er das ehemalige Zollhaus "Zwing" zwischen Gemünden und Wernfeld und richtete dort ein Laboratorium ein. Kurz starb am 24. Oktober 1837 und gilt heute noch als Mitbegründer der deutschen Zuckerindustrie.
Die Gemündener Apotheke hatte er am 13. März 1830 an seinen Sohn Jacob für 15 000 Gulden verkauft, was gleichzeitig die Erlangung der Selbstständigkeit bedeutete. Jacob Kurz übereignete das Unternehmen im April 1833 an seinen Schwager Karl Theodor Christin, Pharmazeut aus Bartenstein in Württemberg.
Dieser war von 1846 bis 1850 auch Bürgermeister und verlegte 1848 den Standort in das stattliche Anwesen Bahnhofstraße 3, wo die Alte Apotheke noch heute zu finden ist. Nach dem Tode Christins führte von 1869 bis 1883 Eduard Steinheimer, ein Bamberger Jude, die Geschäfte, bis Sohn Otto Christin die Einrichtung übernehmen konnte. "Otto Christin war die markanteste Persönlichkeit unter den Gemündener Apothekern" schreibt Dr. Seltsam in seiner Chronik. Er leitete die Apotheke 30 Jahre lang bis zu seinem Tod am 4. Oktober 1913. Er amtierte 25 Jahre lang als Bürgermeister, nachdem er schon vorher fünf Jahre dem Magistrat angehört hatte.
Hilfe für Kriegsverwundete
"Er war den Bürgern, nicht zuletzt den Armen, ein erfahrener Berater, so recht ein uneigennütziger Anwalt des kleinen Mannes, jederzeit ein energischer Verfechter von Recht und Gerechtigkeit" heißt es in einer Ausgabe des Gemündener Anzeigers vom 24. Dezember 1913. Über Otto Christin bewegtes Leben und seine Verdienste werden wir gesondert berichten. Otto Christins Sohn Karl stand der Apotheke nur kurze Zeit vor, er starb 1916 an den Folgen einer Kriegsverletzung.
Es folgten einige Jahre mit verschiedenen Verwaltern, bis 1930 Alfred Ihne das Unternehmen von den Christinschen Erben kaufte. Ihne starb 1940.
Von 1950 bis 1989 war dessen Tochter Charlotte Ihne Inhaberin, später in Gemeinschaft mit ihrem Ehemann Friedemann Macher, der sich auch als langjähriges Ratsmitglied und stellvertretender Bürgermeister um die Stadt Gemünden verdient gemacht hat.
Das Bombeninferno am Ende des zweiten Weltkrieges überstand das Bauwerk als eines der wenigen in Gemünden fast unversehrt. Viele Verwundete fanden dort in den letzten Kriegstagen Hilfe.

Der jetzige Inhaber des Hauses, Konrad Götz, verwahrt einige historische Schätze in den alten Schubladen, an denen man an manchen Stellen noch Einschläge von Granatsplittern und Gewehrkugeln sehen kann.