Putzig sehen sie schon aus, die Waschbären. Doch sie sind eine invasive Art in unseren Breiten. Das heißt, sie breiten sich in ihrer neuen Heimat ungebremst aus. Als Kulturfolger erobern Waschbären nach und nach die Wohnbebauung der Menschen, ähnlich wie Füchse, Marder oder Wildschweine, und werden dann zur Plage. So wie bei Eberhard Sinner in Lohr. Der ehemalige Staatsminister hatte über einen längeren Zeitraum ungebetenen Besuch einer Waschbärfamilie auf und unter seinem Dach.
Anfangs hatte er sie noch gar nicht bemerkt, bis ein Nachbar ihn darauf ansprach, dass er Waschbären auf seinem Dach gesehen hätte. Der passionierte Jäger machte sich also auf, um nachzusehen, ob der Nachbar recht hatte, und kletterte die Stiege zum Dachboden in seinem Haus hinauf. Und tatsächlich, er stand schnell in Waschbärlosung, wie der Kot der Wildtiere genannt wird, und es roch unangenehm.
Er machte sich auf die Suche, wie die Waschbärfamilie – es handelte sich um eine Mutter mit drei Kindern – auf den Dachboden gekommen war. Sinner legte sich mit seinem Nachtsichtgerät auf die Lauer und beobachtete das Haus. Bei anbrechender Dunkelheit entdeckte er sie sofort. Die Familie Waschbär kam über ein Baugerüst, das am Haus wegen eines Schadens am Dach aufgebaut war, ganz einfach hinauf, und fühlte sich sichtlich wohl in der Behausung der Menschen.
"Geschickte Kletterer"
Nachdem das Gerüst abgebaut war, kamen die Waschbären noch immer, doch woher? "Waschbären sind geschickte Kletterer, sie steigen sogar Fallrohre hinauf", hat Eberhard Sinner festgestellt. Also musste er alle Zugänge zum Dach "vergrämen", sowohl am Fallrohr als auch am in der Nähe stehenden Goldregen brachte er Kletterhindernisse an. Doch die Familie war noch immer im Dach. Die Waschbären sind so schlau, die öffnen sogar Dachziegel, um in eine Behausung zu kommen, weiß der Waidmann. Also versuchte er sie vom Dachboden zu vertreiben.

Das gelang nach mehreren Anläufen ganz gut, nur suchten sich die Tiere dann ihren Unterschlupf im Kamin. Ein noch schlechterer Platz, vor allem wenn die Heizperiode wieder anfängt. Also machte sich Eberhard Sinner schlau und fand in der Literatur den Hinweis, dass Waschbären keinen Weihrauchgeruch mögen. So legte er über die Revisionsklappe des Kamins Weihrauch hinein, und die Tiere wanderten nach oben aus dem Kamin heraus. Auf dem Dach suchten sie länger nach einer Fluchtmöglichkeit. Als Sinner sich gegen ein Uhr nachts kurzzeitig von seinem Beobachtungsposten löste, um im Haus etwas zu erledigen, entkamen die frechen Nagetiere, und seitdem herrscht Ruhe.
Großes Nahrungsangebot
"Waschbären sind sehr geruchsempfindlich", hat Sinner herausgefunden. Neben dem bereits erwähnten Weihrauch reagieren sie auch abweisend gegenüber Mottenkugeln oder Lavendel. Wenn das nicht hilft, sollte man Kontakt mit dem örtlichen Jagdpächter aufnehmen, der Lebendfallen aufstellt, um die Tiere zu fangen. Das sei aber gar nicht so einfach, denn die Tiere haben im Bereich des Menschen ein ausreichend großes Nahrungsangebot. Neben Fallobst, das zur Zeit ja reichlich in den Gärten liegt, gehen Waschbären auch gerne in Mülltonnen. Die Allesfresser leben hier praktisch wie im Schlaraffenland.
Eindringlich bittet Eberhard Sinner, von Fütterungen von Waschbären abzusehen, beispielsweise mit Katzenfutter oder Ähnlichem. Das sei absolut kontraproduktiv und verringere den natürlichen Fluchtreflex der Tiere, die sich so nach und nach an den Menschen gewöhnen. "Das sind Wildtiere und sollen es auch bleiben".
