Gemünden (ceb) "Die starke Belastung des Amtsgerichts Gemünden hat sich nach den jetzt vorliegenden statistischen Zahlen auch im Jahr 2005 fortgesetzt", informiert Amtsgerichtsdirektor Bardo Backert in einer Pressemitteilung. Als besonders problematisch erweise sich die Situation im richterlichen Bereich. Im vergangenen Jahr sei sie von einer Langzeiterkrankung eines Richters und der mehrmonatigen Vakanz der Direktorenstelle geprägt gewesen.
Folge davon war, dass jeder Richter über seine ohnehin schon hohe Belastung hinaus die Arbeit für eine halbe weitere Stelle mit erledigen musste, so Backert. Da 2006 wieder alle acht Richterstellen voll besetzt seien, werde dies zumindest etwas Entlastung verschaffen, auch wenn der vorhandene Arbeitsanfall nach internen Berechnungen der Justiz eigentlich die Übertragung mindestens zweier weiterer Richterstellen nach Gemünden erfordern würde. Daran sei jedoch angesichts der angespannten Lage im Öffentlichen Dienst nicht zu denken, so Backert.
Besonders auffällig sei die Entwicklung in Strafsachen bei Erwachsenen. Dort haben die Verfahren beim Strafrichter von 523 (2004) auf 650 (2005), also um knapp ein Viertel, zugenommen. Demgegenüber gingen die Schöffengerichtssachen von 30 auf 22 Verfahren zurück, schreibt der Amtsgerichtsdirektor in der Pressemitteilung.
Bei Jugendstrafsachen sei eine Zunahme zu verzeichnen. So stiegen die Verfahren beim Jugendrichter von 250 auf 257, während sie beim Jugendschöffengericht sogar von 32 auf 37 stiegen. Markant ist besonders der Anstieg der wegen Körperverletzung beim Jugendrichter verhandel-ten Fälle: Diese stiegen von 22 auf 37 und damit um rund 68 Prozent. Dies zeige, so Backert, dass die Staatsanwaltschaft Würzburg die strafrechtliche Ahndung der von Jugendlichen und Heranwachsenden begangenen Gewaltdelikte forciere und damit ein deutliches Signal dahin gesetzt habe, dass aggressives und gewalttätiges Verhalten nicht toleriert werde.
Demgegenüber sind die in der Zivilabteilung anhängigen Verfahren 2005 im Vergleich zu 2004 von 1368 auf 1199 zurückgegangen. Gegen den Trend nahmen zwar die Zivilsachen bei Verkehrsstreitigkeiten von 151 auf 153 zu, während die Wohnungsmietsachen von 170 auf 131 Verfahren abnahmen. Familiensachen nahmen von 734 Verfahren 2004 auf 685 (2005) ab. Bei Scheidungsverfahren ist ein Rückgang von 329 auf 284 Verfahren zu verzeichnen. Die Anzahl der Unterhaltsfälle blieb nahezu gleich: 2005 gab es 294 Verfahren. Deutlich nahmen gegen den Trend die Verfahren im Bereich elterliche Sorge und Umgang mit Kindern von 126 auf 137 zu.
Beim Vormundschaftsgericht stiegen im richterlichen Bereich die angeordneten Betreuungssachen von 2033 auf 2215 Verfahren, also um knapp neun Prozent. Ebenso stiegen Unterbringungs- und Adoptionsverfahren von 626 auf 1029 (rund 64 Prozent) an. Dagegen stieg der von Rechtspflegern beim Vormundschaftsgericht bearbeitete Bestand von Vormundschaftssachen deutlich an, schreibt er. Diese Zahlen spiegelten nur einzelne markante Entwicklungen auf hohem Niveau wider, so Backert, ließen aber nur schwer die Gesamtbelastung des Gerichts erkennen. Besonders treffe dies auf die Geschäftstellen zu, die bei der angespannten Personalsituation ebenfalls größten Belastungen ausgesetzt seien. "Gleichwohl unternehmen sie mit großem persönlichen Engagement alle Anstrengungen, den ihnen obliegenden Aufgaben im Interesse der Mitbürger auch in schwierigen Zeiten gerecht zu werden", so Backert.