Was sich derzeit auf Raps-Flächen abspielt, würden die Landwirte lieber nicht erleben: Durch die Trockenheit im März, April und Mai ist der Raps nicht vorangekommen, jetzt treibt er durch den vielen Regen neu aus. Zwiewuchs nennt man das. In den meisten Fällen wird eine Ernte der Ölfrucht wohl unsinnig sein.
Wie ratlos Bauern vor dieser Situation stehen, zeigt sich zum Beispiel in Diskussionen im Internet: „Falls sich der Drusch nicht mehr lohnt, weil die Trockenheit und Insekten den Raps bereits zu sehr geschädigt haben, würde ich jetzt, solange der Raps noch grün ist, das Zeug abmulchen und aus Hygienegründen nochmal mit einem Insektizid durchfahren, weil es dieses Jahr vor Schädlingen nur so wimmelt“, schreibt ein Verfasser namens „Crazy Horse“ im Forum landtreff.de.
„Fast nicht dreschbar“
Und er fährt fort: „Die Biogasanlage ist natürlich auch ne Möglichkeit. Allerdings weiß ich nicht, was die für die Tonne Raps zahlen (kommt ja immer auf den Trockensubstanzgehalt mit an). Allzu viel Masse ist ja nicht vorhanden, und außerdem fährst Du die ganzen Nährstoffe mit weg, was wohl überlegt sein will als reiner Ackerbaubetrieb.“
Gerhard Endres aus Rohrbach, Kreisobmann des Bauernverbands, schildert das Problem so: „Der Raps treibt von unten her grün aus, kriegt Seitentriebe und grüne Schoten. Damit ist der fast nicht dreschbar. Er geht nicht durch den Mähdrescher. Oder man hat hinterher nur Wasser im Tank.“
Normalerweise liefert Raps einen Ölanteil von 40 Prozent und neun Prozent Wasser. Der frische Zwiewuchs aber bringt wesentlich mehr Feuchtigkeit ins Spiel. Das kann schon beim Mähdrescher Probleme bereiten, weil die Dreschtrommel verstopft und sich die Siebe zusetzen. Auf jeden Fall muss eine solche Ernte nachgetrocknet werden. Die dabei entstehenden Kosten zieht der Landhandel dem abliefernden Bauern vom Preis ab.
Endres sagt, einen allgemein gültigen Rat gebe es nicht, weil jedes Feld anders sei. Jeder Bauer müsse individuell entscheiden, wie er vorgeht. Viele warten im Moment, viele mulchen den Raps aber auch schon. Manche dreschen ihn, andere „spritzen ihn ab“. Das bedeutet, es wird ein Mittel eingesetzt, das die grünen Blätter verkümmern lässt, aber nicht in die Schoten eindringt. Nach einer Wartezeit kann dann gedroschen werden.
Minusgeschäft für Landwirte
Durchschnittlich haben Landwirte, die Ackerbau ohne Tierhaltung betreiben, rund 20 Prozent ihrer Fläche angebaut, schätzt Endres. Damit lässt sich ermessen, wie groß der wirtschaftliche Schaden durch die Trockenschäden im laufenden Jahr wird.
„Wenn einer 50 Prozent von dem einnimmt, was er in einem normalen Jahr erwirtschaftet, dann hat er gut abgeschnitten“, prophezeit Endres. Tobias Kind, Leiter des Erzeugerrings Würzburg, sagt, dass es heuer keiner schaffen werde, überhaupt die Produktionskosten zu decken. Zum Glück seien wenigstens die Preise „etwas akkurat“.
Denn es betrifft nicht nur den Raps: Die Wintergerste hat zu wenig Ähren pro Quadratmeter. „Man sieht noch die Reihen, das ist das Zeichen, dass sie zu schlecht dasteht“, erklärt Endres. Und pro Ähre gebe es nur drei bis sechs Körner, noch dazu dünn und flach. 20 bis 30 Körner sind sonst die Regel.
Dasselbe gilt für den Weizen. Endres: „Da meinst du, der Mähdrescher hat ein Loch, weil nix kommt. Eigentlich betrifft es alle Winterfrüchte.“
Bei der Braugerste entsteht durch die Zwiewüchsigkeit zu viel Eiweiß. Die neuen Triebe verwerten den Stickstoff im Boden und bilden neue, flache Körner. Diese sind eiweißreicher als die alten Körner. Der Eiweißgehalt wiederum gibt später beim Mälzen Probleme.