Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Lohr
Icon Pfeil nach unten

Wichtig ist, was hinten rauskommt

Lohr

Wichtig ist, was hinten rauskommt

    • |
    • |
    .  .  .  oder bloßes Objekt eines würdelosen Spektakels?
    .  .  .  oder bloßes Objekt eines würdelosen Spektakels? Foto: FOTOS (2) BORUCKI

    Die Würde der Kuh - in Baden-Würtemberg beschäftigt sie die Bürokratie. Durch ein solches Kuhfladen-Roulette werde diese Würde eindeutig verletzt, behauptete dort kürzlich eine empfindsame Tierschützerin, die per Protesteingabe den Amtsschimmel im "Ländle" zum Traben brachte. Die tierschutzrechtlichen Erwägungen des schwäbischen Landwirtschaftsministeriums sind jetzt mittlerweile unter der Nummer 35-9185.68 zum Verwaltungsakt geronnen.

    Von all dem ahnt die sanftäugige Evi in ihrem Wombacher Stall natürlich nichts. Mit fast bürokratischem Gleichmut entlässt die 600 Kilo schwere Kuh beinahe stündlich das, was im September über Sieg oder Niederlage entscheiden wird: Einen schönen großen Fladen.

    Ob es ihr etwas ausmacht, genau dies bei einem ebenso dramatischen wie obszönen Ritual vor einem aufgeputschten, schreienden Mob zu wiederholen? "Des macht der Evi gar nix", behauptet Bauer Willibald Endres und krault der Viereinhalbjährigen mit dem intelligenten Blick zärtlich die Stirnlocken. Endres, der täglich eine Schubkarre voll von Evis Losung aus dem Stall fährt, kennt seine Lieblingskuh: "Die ist ne ganz sanfte, ruhige und zuverlässige", sagt er.

    Für so einen Bullenschiss sei sie in seinem Stall die Idealbesetzung. Das hat Evi bereits letztes Jahr bewiesen, als sie, von der Volksmasse unbeeindruckt, schon nach zwei Minuten die Felder 107 und 87 eindeutig markierte. Ein Glücks-Fall für diejenigen, die auf das Feld gesetzt hatten.

    Ein Glücksfall aber auch fürs Anteil nehmende Publikum. "Das kann nämlich auch mal stinklangweilig sein", sagt Egbert Roth, Vorsitzender des Wombacher Karnevalsclubs und Mit-Juror. In den zwölf Jahren Bullenschiss habe er noch keinen Verstoß gegen die Kuhwürde, dafür aber manch ermüdende Karenzzeit miterlebt. "Von Nervosität bei der Kuh kann keine Rede sein", sagt er. So habe sich bei einer der letzten Veranstaltungen ein Rindvieh end- und vor allem gehaltlose anderthalb Stunden Zeit gelassen. Um die so zögerliche Entleerung beim verschlossenen, ja, geradezu verstockten Fleckvieh zu befördern, hätten die Organisatoren zu besonders schonungsvollen Methoden gegriffen, erzählt Roth. Besonders beseelt habe man "die Blasmusik spielen lassen, um die Kuh ein bisschen anzuregen", erinnert er sich.

    Trotzdem: Letzte Bedenken bleiben, wie folgendes Gleichnis belegt: Würde nicht auch ein abgebrühter Mensch gschamig den Schließmuskel zukneifen, wenn von ihm, in ein eingezäuntes Flurstück getrieben, von einer johlenden Menge lautstark Erledigung eingefordert würde?

    undefined

    Im Fall der sanftäugigen Evi führt für Bauer Endres ein solcher Vergleich in die Irre: "Die Evi ist Weide gewohnt, die kriegt ja auch keine Verstopfung, wenn eine Wandergruppe oder eine Prozession an der Koppel vorbei läuft", sagt er. Dass die Evi ihren Auftritt im vergangenen Jahr mit gelassener Routine hinter sich gebracht hat, spricht ohnehin für Bühnentauglichkeit. "Deswegen ist die Evi im September vielleicht wieder dabei", sagt Willibald Endres. Evi guckt derweil sanftäugig. Und durchaus würdevoll.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden