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Lohr: Wie ökologisch arbeitet das Krankenhaus in Lohr?

Lohr

Wie ökologisch arbeitet das Krankenhaus in Lohr?

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    Strom, Wasser, Materialverbrauch: Wie nachhaltig arbeitet ein regionales Krankenhaus? Das Krankenhaus Lohr zeigt die Thematik am laufenden Betrieb. Dabei zeigt sich: Gerade in der Sterilgutaufbereitung wird viel Strom verbraucht. 
    Strom, Wasser, Materialverbrauch: Wie nachhaltig arbeitet ein regionales Krankenhaus? Das Krankenhaus Lohr zeigt die Thematik am laufenden Betrieb. Dabei zeigt sich: Gerade in der Sterilgutaufbereitung wird viel Strom verbraucht.  Foto: Thomas Obermeier

    Die Ökobilanz eines Krankenhauses? Im Fachjargon ausgedrückt: Ein schwieriger Patient. Kliniken sind 24-Stunden-Betriebe. In vielen Bereichen brennt rund um die Uhr das Licht. Medizinische Geräte laufen im Stand-By-Modus, um im Notfall einsatzbereit zu sein. Ein konventionelles Krankenhaus verbraucht laut Fraunhofer Institut täglich im Durchschnitt soviel Energie wie eine Kleinstadt. Dazu kommt das Problem der Müll-Entsorgung. Das meiste landet im Hausmüll, da es mit Blut oder Keimen verunreinigt ist. Dennoch gibt es Bemühungen, die Ökobilanz in Krankenhäusern zu verbessern.     

    Seit 2011 gibt es in Bayern die Green Hospital Initiative. Sie ruft Krankenhäuser auf, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten. Mit der Initiative will die Bayerische Staatsregierung Krankenhäuser beim Umstieg auf ressourcenschonende und betriebskostensenkende Ausstattung unterstützen. Wie aber sieht das vor Ort aus? Was davon kann umgesetzt werden und was nicht?  Ein Besuch im Krankenhaus Lohr. 

    Ursprung des Gebäudes des Krankenhaus Lohr stammt aus den 60er Jahren 

    Den Verantwortlichen im Klinikum Main-Spessart ist die Initiative bekannt. "Viele Maßnahmen aus dem Katalog erfüllen wir auch", sagt Sven Kremer, Leiter des Gebäudemanagements im Klinikum. Allerdings gibt es auch Stellschrauben, an denen nicht gedreht werden kann. Zum Beispiel bauliche: So wurde das Krankenhaus in Lohr 1963 mit einer Kapazität für 124 Betten gebaut. 1983 wurde das angrenzende "Alte Spital", das seine Ursprünge 1862 hat, saniert. Zwei Jahre später zog hier die Endoskopie ein. Es folgten weitere Anbauten und die Aufstockung auf 200 Betten bis 1992.

    Krankenhaus mit Endlaufzeit: 2024 soll der Klinikneubau im Landkreis Main-Spessart fertig sein. Dann hat das bisherige Gebäude in Lohr als Krankenhaus ausgedient. 
    Krankenhaus mit Endlaufzeit: 2024 soll der Klinikneubau im Landkreis Main-Spessart fertig sein. Dann hat das bisherige Gebäude in Lohr als Krankenhaus ausgedient.  Foto: Thomas Obermeier

    Die Energieeffizienz der Gebäude? Man kann sie sich denken. Sie spielt allerdings derzeit keine allzu große Rolle mehr. "Das Haus hat eine Endlaufzeit", sagt Cornelia Köstler, Geschäftsleiterin des Krankenhaus Lohr. 2024 soll der Klinikneubau des Landkreises Main-Spessart in Lohr bezugsfertig sein. In Sachen Nachhaltigkeit möchte man in dem Neubau weiter gehen, als die Mindeststandards es voraussetzen. Investitionen in den "Altbau" lohnen sich von daher kaum mehr. 

    Das letzte Mal groß investiert wurde 2011: in eine Hackschnitzelanlage. "Damals war das noch so unbekannt, da dachten einige bei Hackschnitzel eher an ein neues Gericht aus der Krankenhausküche als an eine Heizungsanlage", erinnert sich Cornelia Köstler. Rund 400 Tonnen Material verschlingt die Anlage pro Jahr. Heraus kommen 1387 Megawattstunden Energie, die in die Heizwasser- und Warmwasseraufbereitung des Krankenhauses fließen. 

    Seit 2011 heizt das Krankenhaus Lohr mit Hackschnitzeln: Rund 400 Tonnen Material verschlingt die Anlage pro Jahr. Heraus kommen 1387 Megawattstunden Energie.
    Seit 2011 heizt das Krankenhaus Lohr mit Hackschnitzeln: Rund 400 Tonnen Material verschlingt die Anlage pro Jahr. Heraus kommen 1387 Megawattstunden Energie. Foto: Thomas Obermeier

    Was darüberhinaus an Strom gebraucht wird, kommt aus der Steckdose und aus dem allgemeinen Strom-Mix des jeweiligen Anbieters. 1 887 110 Kilowattstunden hat das Haus 2018 verbraucht.  Umgerechnet auf den Stromverbrauch einer vierköpfigen Familie entspricht das dem Bedarf von rund 630 Haushalten im Jahr.

    Wo aber stehen die größten Stromfresser? Zum einen auf der Intensivstation, zum anderen in der Sterilgut-Aufbereitung. Bei 93 Grad werden die Instrumente wie Scheren, Skalpelle und Pinzetten zunächst desinfiziert und danach bei 134 Grad sterilisiert, also in keimfreien Zustand gebracht. Der Nachhaltigkeit-Aspekt: Das ganze passiert mit Wasserdampf und nicht mit Gas. Und auch die Desinfektionslösung, mit der die Geräte gereinigt werden, enthält keine umweltschädlichen Tenside und kann somit ins normale Abwassersystem fließen. 

    Intensivstation und Sterilgutaufbereitung sind Stromfresser

    Ein kleinerer Stromfresser, aber auch kein unbedeutender, ist die Beleuchtung. In vielen Bereichen eines Krankenhauses braucht es 24 Stunden Licht. "An einigen Stellen, an denen wir besonders viele Leuchten haben, wie zum Beispiel im Eingangsbereich, haben wir mit LED-Lampen nachgerüstet", berichtet Stephan Staudigl, Leiter der Haustechnik im Klinikum. "Das Licht auszumachen, wenn es nicht gebraucht wird oder sich Stoßlüften anzugewöhnen, mit solchen kleinen Dingen könne jeder beitragen," betont auch Sven Kremer, Leiter des Gebäudemanagements im Klinikum. Seine Stelle ist auch die, von der aus am ehesten Anstöße zur Nachhaltigkeit ausgehen. Auch, was die Gewohnheiten der Mitarbeiter angeht. 

    Früher aus Glas, heute aus Kunststoff: Infusionsflaschen im Krankenhaus Lohr. Sie werden separat gesammelt und recycelt. 
    Früher aus Glas, heute aus Kunststoff: Infusionsflaschen im Krankenhaus Lohr. Sie werden separat gesammelt und recycelt.  Foto: Thomas Obermeier

    Was ist umweltfreundlicher: Recycling oder Entsorgung?

    Wie viel Wasser das Klinikum in Lohr verbraucht? Waren es in den Jahren 2015 noch 16 935 Kubikmeter sank der Verbrauch bis 2017 auf 16 110 Kubikmeter. Verglichen mit einem Vier-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von rund 180 Kubikmetern entspricht das dem Wasserverbrauch von knapp 90 Haushalten.

    Oft steckt die Krankenhaus-Leitung aber im Dilemma: Was ist umweltfreundlicher? Die sterile Aufbereitung der Nierenschale aus Stahl unter Verbrauch von Wasser, Desinfektionslösung und Strom oder die Entsorgung der Nierenschale aus Pappmaschee über den Hausmüll?  Diese Frage stellt sich auch bei den Abdeckungen sauberer, noch unbenutzter Patientenbetten. Bisher werden sie mit einer dünnen Plastikfolie umhüllt. Die Alternative wäre Leinen, das gewaschen werden muss oder Papier, ebenfalls ein Wegwerfprodukt.  

    Der Abfallvermeidung zu Gute kommt die individuelle Essensbestellung. Ein oder zwei Scheiben Wurst zum Abendessen? Nachtisch, ja oder nein? Durch die Abfrage der Essenswünsche jedes einzelnen Patienten reduzieren sich die Reste schon einmal erheblich.
    Der Abfallvermeidung zu Gute kommt die individuelle Essensbestellung. Ein oder zwei Scheiben Wurst zum Abendessen? Nachtisch, ja oder nein? Durch die Abfrage der Essenswünsche jedes einzelnen Patienten reduzieren sich die Reste schon einmal erheblich. Foto: Thomas Obermeier

    Apropos Wegwerfen: Wie viel Müll entsteht in einem Krankenhaus eigentlich? Und wie und wo wird er entsorgt?  "Den größten Anteil macht der Hausmüll aus", erklärt Reiner Labisch, Abfallbeauftragter am Klinikum Main-Spessart. 160 Tonnen kamen 2018 zusammen. Der Hausmüll aus Main-Spessart wird im Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt verbrannt. Den nächst kleineren Posten macht der Biomüll aus, also überwiegend der Abfall aus der Küche: 25 Tonnen waren das 2018. Der Abfallvermeidung zu Gute kommt die individuelle Essensbestellung. Ein oder zwei Scheiben Wurst zum Abendessen? Nachtisch, ja oder nein? Durch die Abfrage der Essenswünsche jedes einzelnen Patienten reduzieren sich die Reste schon einmal erheblich.

    Zusätzlich achtet die Klinik beim Lebensmitteleinkauf auf regionale Produkte. Oft scheitern die Müll-Spar-Ansätze aber an Hygiene-Standards: Marmelade im kompostierbaren Schälchen? Quark und Butter portioniert im Glas? "Schwierig", sagt Cornelia Köstler, schließlich seien diese Produkte offen und stünden unter Umständen unverpackt im Zimmer bis der Patient zum Beispiel von einer Untersuchung zurückkommt.

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    Foto: Heike Grigull

    Verpackungs-Kartonagen machen den größten Anteil beim Altpapier im Krankenhaus Lohr aus. 19 Tonnen waren es 2018. Darin enthalten ist aber auch der Datenmüll in Form von alten Befunden, Namensschildchen und Notizen. Aus Datenschutzgründen wird dieser geschreddert und separat abgeholt. Ressourcenschonend in Sachen Papierverbrauch war die Einführung der elektronischen Patientenakte. Vor zwei Jahren wurde mit dem Projekt begonnen. Mittlerweile ist der Computer auf den Visitenwägen Standard. So kann direkt im Patientenzimmer zum einen alles wichtige in die entsprechende Akte eingetragen werden. Zum anderen hat auch jeder schnell den Überblick, was zum Beispiel an Messungen oder Untersuchungen noch fehlt.

    Nach Schließung der Geburtshilfe: Weniger Infektiöser Müll durch weniger Plazenten 

    In Sachen Kunststoff-Abfall kam das Lohrer Haus 2018 auf acht Tonnen. Darin enthalten sind relativ sortenreiner Kunststoff, wie zum Beispiel die Folien zur Bettenabdeckungen. Extra gesammelt und abgeholt werden auch die Infusionsflaschen – mittlerweile aus Kunststoff und nicht mehr aus Glas. Darüberhinaus gibt es die ganz normale Sortierung in den Gelben Sack. Durch den Wegfall der Infusionsflaschen hat sich der Glasmüll reduziert. Er lag 2018 bei 1,5 Tonnen. 

    Praktisch, ökonomisch, ökologisch? Den Ärzten im Krankenhaus Lohr stehen sowohl steril aufbereitete Instrumente als auch Wegwerf-OP-Sets zur Verfügung. 
    Praktisch, ökonomisch, ökologisch? Den Ärzten im Krankenhaus Lohr stehen sowohl steril aufbereitete Instrumente als auch Wegwerf-OP-Sets zur Verfügung.  Foto: Thomas Obermeier

    Den kleinsten Posten beim Klinik-Abfall in Lohr hat mit 0,6 Tonnen der infektiöse Sondermüll. Hier enthalten ist alles, was mit Keimen oder Blut in Berührung kam wie Kanülen, Spritzen, OP-Tücher, Verbandsmaterial, aber auch amputierte Körperteile und entfernte innere Organe. "Als es noch die Geburtshilfe in Main-Spessart gab, war der Anteil durch die Plazenten noch deutlich höher", erzählt Reiner Labisch. Der infektiöse Müll wird gesondert aufbewahrt und abgeholt. 

    OP-Besteck muss vier Mal eingepackt werden

    Bei einigen Krankenhaus-Produkten stellen sich aber auch die Hersteller bereits um, beispielsweise bei den Handschuhen aus PVC. "Hier gibt es bereits alternative Produkte aus Naturlatex", so Köstler. Allerdings kreuzt sich der Wunsch nach einem umweltbewussten Abfallmanagement im Krankenhaus oft mit den Hygiene-Vorschriften oder mit wirtschaftlichen Aspekten. So muss OP-Besteck beispielsweise vier Mal eingepackt werden, um dem Standard zu entsprechen. Ebenso stehen den Ärzten, neben den gereinigten und sterilisierten Instrumenten, mittlerweile auch Einweg-OP-Sets oder Einweg-Nähsets zur Verfügung. Die hier drin enthaltenen Nadeln, Scheren und Pinzetten werden nach Gebrauch weggeworfen. 

    Wie läuft es in anderen Krankenhäusern? In der Main-Klinik Ochsenfurt ist das Thema "Nachhaltigkeit" seit 1999 im Fokus. In einer betrieblichen Umweltbilanz werden seit dem Ressourcen-Verbrauch und CO2-Emissionen erfasst und Maßnahmen abgeleitet. Zur Energiegewinnung nutzt das Haus ein Blockheizkraftwerk und eine Solaranlage. Zudem arbeitet das 140-Betten-Haus daran, papierlos zu werden.   Im Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt trägt ein hauptamtlicher Abfallbeauftragte die Verantwortung für die umweltverträgliche Entsorgung der Abfälle sowie die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Die meiste Müllmenge fällt auch in dem Schweinfurt Krankenhaus mit seinen 700 Betten beim Restmüll an. 2017 waren das rund 566 Tonnen. Sie werden in der Müllverbrennung entsorgt. Die zweithöchste Müllmenge ensteht bei den Küchenabfällen mit rund 298 Tonnen. Danach folgen Kartonagen mit 88 Tonnen. In Sachen Energie-Effizienz setzte das Leopoldina unter anderem auf ein Blockheizkraftwerk, mit dem über 80 Prozent des Strombedarfs und ein Großteil des Wärmebedarfs gedeckt wird. Zudem gibt es eine Wärmerückgewinnungsanlage. Fest installierte Lamellen an der Außenfassade helfen, einen übermäßigen Temperaturanstieg im Inneren des Gebäudes zu vermeiden. Im 2014 errichteten Neubau (Gebäude C) werden die Räume durch eine sogenannte Betonkernaktivierung gekühlt oder geheizt. Stand Juli 2019 kommt das Krankenhaus auf einen Gesamtstromverbrauch von zehn Millionen kWh. Der Gesamtverbrauch im Bereich Wärme einschließlich Kälteerzeugung liegt bei 15 Millionen kWh.  Im Rhön-Klinikum Bad Neustadt setzt man für die eigene Energieerzeugung besonders effiziente Blockheizkraftwerke (BHKW) ein. Neben der erzeugten elektrischen Energie nutzt das Haus die Wärme für Heizung und Warmwasser sowie teilweise auch zur Kälteerzeugung. Zusätzlich werden Patientenzimmer mit Betonkernaktivierung in den Sommermonaten aktiv gekühlt. Patienten, Angehörigen und Mitarbeitern stehen im Parkhaus Ladestationen für Elektrofahrzeuge zur Verfügung. Repräsentative Zahlen über Müll und Energie für das 1579 Betten zählende Haus liegen laut Pressesprecherin Heike Ochmann erst Ende 2019 vor. Grund hierfür sei die Anfang des Jahres erfolgte Inbetriebnahme des Neubaus und die damit verbundene neue Klinikstruktur. Allerdings bestätigt das Unternehmen, dass es aufgrund der steigenden Hygiene-Anforderungen an vielen Stellen Einmalprodukte einsetzt, die tendenziell zu steigenden Abfallzahlen führen. Dieser Entwicklung wird versucht, mit einem Abfallmangement-System und eigenen Abfallbeauftragen pro Krankenhaus entgegenzuwirken. 

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