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LOHR: Wie Trittbrettfahrer versuchen, Firmengründer zu neppen

LOHR

Wie Trittbrettfahrer versuchen, Firmengründer zu neppen

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    Wer nicht aufpasst, zahlt: Betrüger schicken ihre Rechnungen unmittelbar nachdem eine Firmengründung im Internet veröffentlicht wurde und erreichen den Geschäftsführer mitunter schneller als das amtliche Schreiben. Eine Firma mit Sitz in Düsseldorf wollte von Alexander Schuhmann 740 Euro kassieren.
    Wer nicht aufpasst, zahlt: Betrüger schicken ihre Rechnungen unmittelbar nachdem eine Firmengründung im Internet veröffentlicht wurde und erreichen den Geschäftsführer mitunter schneller als das amtliche Schreiben. Eine Firma mit Sitz in Düsseldorf wollte von Alexander Schuhmann 740 Euro kassieren. Foto: Foto: Roland Pleier

    Für Alexander Schuhmann steht fest: Da wollten mich gleich mehrere leimen. Was war passiert? Der 39-jährige Lohrer Kleinunternehmer führte sein Einzelunternehmen AS-Electronics, das er 1994 als Gymnasiast gegründet hatte, in eine GmbH & Co KG über, mit einer Verwaltungs-GmbH als Komplementärin. Bereits einen Tag nach der Online-Veröffentlichung des Registergerichts flatterte ihm eine Rechnung ins Haus: 740,18 Euro wollte eine Datenverwaltung aus Düsseldorf für die „Veröffentlichung firmenrelevanter Daten“ seiner neuen Firma – zu zahlen „binnen sieben Tagen“.

    Dass es sich hierbei nur um ein Angebot handelt, ist nur den fünf Zeilen Kleingedrucktem zu entnehmen. Groß prangt am Seitenkopf: „Gewerbe & Handelsregister“. Daneben: der Original-Text des Handelsregistereintrags. Darunter, groß: die Rechnung mit Mehrwertsteuer; gleich angehängt ein Sepa-Überweisungsträger.

    Schuhmanns Eindruck: Das ist aufgemacht wie ein Gebührenbescheid. Auf diesem Weg habe er die Registriernummer seiner neuen Firma erfahren, noch bevor ihn das amtliche Schreiben des Registergerichts erreichte. Dessen eigentliche Botschaft ist kurz. Deutlich länger hingegen ein fett gedruckter Hinweis: Das Gericht warnt vor privaten Wirtschaftsverlagen, die versuchen, mit amtlich aussehenden Rechnungen Kosten für die Eintragung in ein privates Register zu erlangen. Schuhmann war auf der Hut, hat natürlich nichts überwiesen. Seine Feststellung: „Die Trittbrettfahrer sind schneller als das Amt.“

    Immerhin: Auf der Homepage des Rechnungsstellers sind rund 90 Firmen mit ihren Handelsregistereinträgen aufgelistet, von der Kunsthandlung in Frankfurt bis zur Zimmerei in Neuenhaus, von der Seniorenresidenz in Bremen bis zur Golf-Gesellschaft in Breitenburg.

    Dergleichen ist bei einer zweiten Rechnung über 798,10 Euro nicht zu finden. Der Absender: eine Firma mit Postfach in Berlin. Der Firmenname, bestehend aus drei Initialen, könnte abgeleitet sein von „Handelsregisterbekanntmachungen“, wie es im Briefkopf steht, Unterzeile: „Registergericht für Bund und Länder“. Aufschlussreich ist nur die Angabe des Zahlungsempfängers auf dem Überweisungsformular: Dort steht zum einen ein Firmenname, zum anderen beginnt die Iban mit „BG“. Das Konto ist also in Bulgarien angelegt – ein deutlicher Hinweis, dass es sich nicht um ein Amtsschreiben eines deutschen Gerichts handeln kann.

    Die Google-Suche mit dem Firmennamen führt auf eine ebenfalls bulgarischer Homepage. Die Einträge sind alle in kyrillischer Schrift, die Sprache wohl bulgarisch. Gezeigt wird ein Einfamilienhaus. Einzelne Wörter deuten auf bauen, sanieren, reparieren hin. Ein Zusammenhang mit der Registrierung von Firmen ist nicht erkennbar.

    „Die setzen halt auf die Schludrigkeit des Anmelders.“

    Notar Sebastian Apfelbaum über die Masche der Anbieter

    Was also tun, bei solch scheinbar amtlichen Zahlungsaufforderungen: „Zahlbar binnen drei Werktagen nach Erhalt – erst im Anschluss wird die Veröffentlichung in die Handelsregisterbekanntmachungen erfolgen!“? Nicht zahlen, ignorieren, wegwerfen. Oder Anzeige erstatten wegen „versuchten Betrugs“. Um zu ermitteln, brauchen die Ordnungshüter jedoch Namen. Im Fall der Berliner Firma ist nur anhand des Impressums der Homepage einer auszumachen. Ob hinter diesem Namen eine tatsächliche Person steht, ist offen. Die beiden Telefonnummern im Impressum sind nicht erreichbar. Im Computer der Staatsanwaltschaft Berlin taucht der betreffende Name laut Auskunft der Pressestelle nicht auf: Es liegt nichts gegen diese Person vor.

    Wenn dem so wäre, führte die Spur vermutlich ins Ausland. Da sind die deutschen Behörden dann schnell am Ende mit ihrem Latein. „Die Ermittlungskette reißt ab“, sagt auf Anfrage der Würzburger Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen. „Da kommt meist nix raus“. Er könne sich nicht erinnern, so ergänzt er, dass ein solcher Fall versuchten Betrugs in Würzburg verhandelt worden wäre.

    Wer auch immer mit dem Registergericht zu tun hat, sollte aufmerksam sein. Bei einer früheren Umfirmierung erhielt Schuhmann sogar vier bis fünf solcher Angebote. Der Lohrer Unternehmer war also vorgewarnt – auch von seinem Notar, der seine Kundschaft generell auf das Thema aufmerksam macht. Fünf bis zehn Rechnungen pro Fall, für gewöhnlich mit Beträgen zwischen 400 und 800 Euro, seien üblich, so der Lohrer Notar Sebastian Apfelbaum. „Die setzen halt auf die Schludrigkeit des Anmelders“, erläutert er. Grundsätzlich sei es ja nicht verboten, ein Firmenverzeichnis gegen Gebühr zu führen. Nur dürfe es halt nicht den Anschein erwecken, als sei es ein amtliches.

    Dabei gehen einzelne offenbar sogar so weit, dass sie vortäuschen, die Kostenrechnung käme von der Landesjustizkasse Bamberg oder vom Registergericht Würzburg. Dieses gibt deshalb in seinem Warnhinweis sogar in großen Lettern die einzige korrekte Kontoverbindung an. Das Gericht weiß um die Machenschaften der Trittbrettfahrer. Dennoch werden sämtliche Registrierungen zeitnah online gestellt. Schließlich sei die amtliche Veröffentlichung wichtig für alle Geschäftspartner führt Rainer Beckmann, Pressesprecher des Amtsgerichts Würzburg, aus: Online kann jeder Informationen abrufen, etwa was Wechsel in der Geschäftsführung oder Haftungsbeschränkungen angeht. Eine Eintragung im Handelsregister koste im übrigen nur 150 Euro.

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