"Laut Jagdgesetz ist das Füttern von Wild nicht erlaubt, wenn keine Notzeit für das Wild besteht", erklärt Bernhard Rückert, Leiter der städtischen Forstverwaltung in Lohr. Rückert spricht von einer Notzeit, wenn "über zwei bis drei Wochen strenger Frost herrscht, sehr viel Schnee liegt und die Tiere nichts zu fressen finden". Dies sei allerdings in der Praxis im Lohrer Stadtwald noch nicht der Fall gewesen. Gefüttert werde vor allem im Gebirge und Voralpenraum.
Nicht jeder halte sich allerdings an das Gebot, nur in Notzeiten zu füttern: "Wir haben im Stadtwald schon Südfrüchte wie Orangen und Bananen sowie Gebäck gefunden, was natürlich jeder artgerechten Fütterung widerspricht", so Rückert.
Auch Siegfried Wegmann, staatlicher Förster in Lohr und Vorsitzender der Ortsgruppe des Bayerischen Jagdverbandes (BJV) hat schon gehört, dass Pizzabrötchen und anderes Gebäck im Wald ausgelegt wurden. "Wenn jemand den E-Center leerräumt und das Zeug in den Wald karrt, ist das eine missbräuchliche Fütterung", sagt Wegmann. Eine Fütterung ist dann missbräuchlich, wenn die Futtermittel nicht den ernährungsphysiologischen Bedingungen der Wildart entsprechen oder eine unangemessen hohe Futtermenge ausgebracht wird.
Im Wald darf zwar nicht gefüttert werden, aber "gekirrt". Unter einer Kirrung versteht man man das Anlocken von Wild durch eine "geringe Futtermenge", möglichst an wechselnden Orten, um es dann abzuschießen. Ein Problem ist, dass die "geringe Futtermenge" im bayerischen Jagdgesetz nicht genau definiert ist. Rückert hält pro Tag an der Kirrung "eine Hand voll von artgerechtem Futter wie Hafer oder Mais" für vertretbar.
Wegmann spricht von "drei Händen voll auf einer Fläche von 100 ha Wald" , und Werner Ühlein, Sachbearbeiter für Jagd- und Fischereirecht beim Landratsamt Main-Spessart, setzt die Grenze bei einem Kilogramm beziehungsweise Liter Futter pro Tag an.
Vor allem Jäger, die das Wild natürlich an einer bestimmten Stelle im Wald halten möchten, um es zu bejagen, halten es nicht immer so genau mit der "geringen Menge", wie aus Insiderkreisen zu erfahren ist. "Es gab schon Fälle, wo missbräuchlich gefüttert wurde, das ist allerdings keine Ordnungswidrigkeit", erklärt Ühlein. Ein Zwangsgeld musste von der Unteren Jagdbehörde bislang noch nicht verhängt werden. Auffällig gewordene Pächter hätten sich bislang immer einsichtig gezeigt, wenn sie einen Bescheid bekamen, in dem sie aufgefordert wurden, das missbräuchliche Füttern unverzüglich zu unterlassen.
Wild überlebt auch ohne Futter
Von verhungertem Wild kann Rückert nicht berichten. "Das Wild ist sehr gut an den Winter angepasst", sagt Rückert. So haben Wildschweine eine ein bis drei Zentimeter dicke Fettschicht. Von diesen Energiereserven könnten sie in Notzeiten zehren. Außerdem fänden die Schwarzkittel im normalen Winter auch genug im Boden zu fressen. Rehe und Rotwild seien im Winter kaum aktiv, der Energieverbrauch sei niedrig und sie würden sich vorwiegend von Knospen, Jungholz, Himbeer- und Brombeerblättern ernähren.
Bei allem Wild verkleinere sich zudem im Winter auch der Magen-Darmtrakt und passe sich so dem reduzierten Futterangebot an, so Rückert. "Durch Fütterung und Jagd wird das Reh- und Rotwild aktiv, verbraucht Energie und es kommt zu größeren Verbissschäden ", sagt der Forstmann.
Wenn missbräuchlich gefüttert werde, bedeute das einen unnatürlichen Energieeintrag in das Ökosystem Wald. Infolge dessen steige die Geburtenrate der Wildtiere. Vermehrte Verbissschäden seien schließlich die Folge.
Nach Auskunft von Wegmann liegt der Leittriebverbiss in den Wäldern nördlich des Mains bei acht Prozent, was durchaus verkraftbar sei. In den Gebieten südlich des Mains liege er bei rund 14 Prozent. Das liege daran, dass in diesen landwirtschaftlich geprägten Gebieten das Wild im Winter in den Wald dränge, wodurch die Verbissschäden natürlich zunehmen würden.