Erich Bils ist seit 30 Jahren Feuerwehrtrompeter in der kleinen Gemeinde am Mainufer. Zum Einsatz kommt das kleine Horn, mit dem er seinen Dienst versieht, allerdings nicht im Ernstfall. Für den gibt es auch in Erlach eine lautstarke Sirene, die die Wehrleute zum Einsatz ruft. Erich Bils ist vielmehr für die Übungen zuständig.
Achtmal im Jahr, meist am Sonntagmorgen, schmettert der 50-Jährige an sieben Stellen im Ort aus voller Brust sein Signal ins Horn und erinnert damit die 31 aktiven Feuerwehrmänner aus Erlach daran, dass die Pflicht zur Übung ruft. Natürlich gibt es wie bei allen anderen Feuerwehren auch in Erlach einen Übungsplan. Doch an den, da ist sich Erich Bils sicher, würde sich ohne sein Signal kaum einer erinnern. "Wenn ich nicht blase, bewegt sich nichts." Nach seinem mehrtönigen Signal jedoch würde es meist nur noch zehn bis 15 Minuten dauern, bis die Wehrleute zur Übung versammelt sind.
Übernommen hat Bils den Posten als Feuerwehrtrompeter vor 30 Jahren von seinem Vorgänger Horst Dietzel. Der wurde damals Kommandant der Wehr und hatte fortan keine Zeit mehr für das Amt, das es laut Bils in Erlach "schon immer" gibt. Ihn habe man als Hornisten auserkoren, weil er nicht nur Feuerwehrmann gewesen sei, sondern auch Trompete habe spielen können.
Das Feuerwehrhorn, mit dem Bils seine Kameraden zu den Übungen ruft, stammt aus dem Jahr 1914. Und wenn es nach dem Wunsch des Lageristen geht, soll das geschwungene Instrument aus Kupfer und Blech noch recht lange seinen Dienst versehen: "Wir wollen diese Tradition aufrechterhalten."
Helmut Roß, der Kommandant der Erlacher Feuerwehr, ist sich sicher, dass es "zumindest in Unterfranken" keinen weiteren Feuerwehrtrompeter mehr gibt. Kreisbrandinspektor Herbert Hausmann aus Gemünden weiß zumindest, dass Erich Bils der einzige noch aktive Feuerwehrtrompeter im Landkreis Main-Spessart ist. Er geht davon aus, dass die Feuerwehrtrompeter spätestens seit dem zweiten Weltkrieg von der Landkarte verschwunden sind. Hausmann schätzt, dass es sie "etwa bis zum ersten Weltkrieg" in vielen Orten gab. Zusammen mit den Kirchenglocken riefen sie auch im Ernstfall die Wehrleute zum Einsatz. Im Laufe der Jahre seien die Feuerwehrtrompeter jedoch durch die Sirenen auf den Dächern ersetzt worden, so Hausmann. Wie Dr. Klaus Reder, der Heimatpfleger des Bezirks Unterfranken gegenüber der MAIN-POST erklärte, ist ihm in ganz Unterfranken kein weiterer aktiver Feuerwehrtrompeter bekannt.
In Erlach jedoch will man die Tradition nicht aufgeben: "Solange ich noch Luft habe, mache ich das weiter", sagt Erich Bils über sein traditionsreiches Amt. Manchmal allerdings, das gesteht er, kann sein Job auch richtig anstrengend sein. Wenn er vom Kommandanten mit dem Feuerwehrauto im Ort von Signalpunkt zu Signalpunkt gefahren wird, ist ihm die Zeit zum Verschnaufen gelegentlich etwas zu kurz. "Wenn man keine Übung hat, ist ruckzuck die Lippe angeschwollen", beschreibt Bils.
Dennoch erfüllt er seinen Dienst am Horn aus Überzeugung. Was anderes bleibt dem Lageristen derzeit aber auch kaum übrig. Denn ein Nachfolger ist nicht in Sicht. "Von den Jungen hat keiner Interesse. Die gehen samstags fort und kommen dann am Sonntag nicht raus", klagt Bils. Trotz der ungeklärten Nachfolgeregelung soll es in Erlach jedoch nie so weit kommen wie in Neustadt auf gegenüberliegenden Mainseite. Dort, so erzählt Bils, habe man den Signalton des Feuerwehrtrompeters einst auf Tonband aufgenommen und dann an verschiedenen Stellen im Ort abgespielt. "Ein Stilbruch", sagt Bils und setzt sein Horn an die Lippen.