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Wodka-Lemon statt Alcopops

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Wodka-Lemon statt Alcopops

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    Alcopops sind wegen ihres peppigen Designs und des süßen Geschmacks sehr beliebt bei Jugendlichen. Trotzdem
sank ihr Umsatz in Lohr und Frammersbach schon vor Einführung der Sondersteuer.
    Alcopops sind wegen ihres peppigen Designs und des süßen Geschmacks sehr beliebt bei Jugendlichen. Trotzdem sank ihr Umsatz in Lohr und Frammersbach schon vor Einführung der Sondersteuer. Foto: FOTO DPA

    Das Problem bei den Alcopops ist, dass der darin enthaltene Alkohol (durchschnittlich fünf Prozent) mit süßen Zutaten überdeckt wird, so dass sie eher wie Limo schmecken.

    Durch den guten und vertrauten Geschmack ist die Hemmschwelle Alkohol zu konsumieren, bei Jugendlichen niedriger. Eigentlich dürfen diese alkoholischen Getränke aber nur an mindestens 18-Jährige verkauft werden.

    Alle Getränkeanbieter, mit denen wir gesprochen haben, versichern, dass sie ihre Kunden nach dem Alter fragen, bevor die Alcopops über die Theke wandern. Aber wenn unter 18-jährige an solche Getränke herankommen wollen, steht ihnen immer die Möglichkeit offen, ältere Geschwister oder Freunde für sie zum Alkoholeinkauf zu schicken. Dieser Vorgang lässt sich von den Getränkehändlern natürlich nicht unterbinden. Deshalb sieht man sogar Zwölfjährige schon mit der Rigo- oder Smirnoff-Flasche in der Hand auf diversen Festen durch die Gegend laufen.

    "Jetzt werden verstärkt härtere Sachen gekauft"

    Gerd Weigand Frammersbacher Getränkehändler

    Das soll sich jetzt ändern: Seit 1.  August werden neu abgefüllte alkoholische Mixgetränke, eben die so genannten Alcopops, mit einer Sondersteuer von 80 bis 90 Cent pro Flasche belegt. Die Preissteigerung soll, so will es der Bundestag, den starken Konsum dieser Getränke von Jugendlichen verringern.

    Wenn ein Getränkeanbieter seine Ware nun 80 Cent pro Flasche teurer verkauft, kann dies also aufgrund der von ihm schon bezahlten Sondersteuer geschehen sein, oder weil er es mit seinen Restbeständen nicht so genau genommen hat und die 80 Cent zu seinen Gunsten zusätzlich draufgeschlagen hat. Eine Sache, die zwar moralisch verwerflich sei, gegen die aber nichts unternommen werden kann, so ein Sprecher vom Bundesfinanzministerium in Berlin.

    Den Kunden übers Ohr hauen und die Getränke trotz Restbestand teurer machen, da kann Gerd Weigand von Getränke Weigand aus Frammersbach nur lachen: "Ich bin ja schon froh, wenn ich meine Restposten noch zu den alten Preisen loswerde". Eine Aussage, die auch andere Händler nur bestätigen können: "Der Absatz der Alcopops ist dramatisch zurückgegangen und das schon seit letztem Jahr, also vor der Steuer", weiß auch Jörg Engelhard vom Edeka-aktiv-Markt in Frammersbach. Bei Edeka wird man diese Getränke aus dem Sortiment nehmen.

    Da scheint der Plan des Bundestags, der das Gesetz zur Sondersteuer verabschiedet hat, wohl aufgegangen zu sein. Der Absatz von Alcopops geht zurück, also trinken Jugendliche weniger Alkohol? Von wegen! Es finde lediglich eine Umstrukturierung innerhalb der Alkohollandschaft statt, stellt Weigand fest. "Jetzt werden wieder verstärkt die härteren Sachen wie Wodka gekauft." Das Grundproblem ist damit also nicht gelöst. Haben die Jugendlichen bis jetzt nach vier Flaschen Alcopops ihren Alkoholkonsum erstmal eingestellt, weil ihnen von dem süßen Zeug schlecht war, so wird jetzt eine ganze Flasche Wodka (37,5 Prozent), Bitter Lemon oder Saft gekauft und gemischt. Preislich liegen beide Varianten im selben Bereich.

    Auch in Vergessenheit geratene Alkoholika wie Pfläumchen (20 Prozent) oder Whiskey (40 Prozent), sind wieder stark im Kommen. "Es wird gefeiert wie vor 20 Jahren. Die Jugend mixt ihre Getränke eben wieder selbst", resümiert Engelhard. Heraus kommen dabei Getränke, deren Alkoholgehalt den der Alcopops bei weitem übersteigt.

    Aber mal allgemein: Wie hoch war denn der Absatz der Alcopops überhaupt? "Hauptabnehmer waren die Veranstalter der Beatabende. Im Getränkehandel direkt war der Verkauf nie besonders hoch", sagt Weigand. Das bestätigt auch Achim Pohl von Getränke Pohl in Lohr.

    Lediglich bei den Tankstellen scheine Alcopops wie immer zu laufen: "Wir haben unseren Kundenstamm für diese Getränke nach wie vor", sagt Monika Stumpf von der OMV-Tankstelle in Lohr.

    Aber warum wurden Alcopops nur auf öffentlichen Veranstaltungen wie Beatabenden oder Festen konsumiert? Ganz einfach, sie waren angesagt. Jeder, der mit so einer Flasche rumlief, suggerierte Coolness. Waren Alcopops demnach also nur ein Modediktat ihrer Zeit, dem sich ein Großteil der Jugend unterwarf? Und wie geht es weiter - jetzt, wo offenbar niemand mehr Alcopops will? Wirklich "back to the roots" und selbst mixen?

    Es gibt eine neue Generation der Alcopops, die schon in den Startlöchern steht und jetzt nach und nach auf den Markt geworfen wird: Bier- und Weinmixgeränke. Eine Nische, die sich für die Getränkehersteller aufgetan hat, um weiterhin angesagte, für die Jugend bezahlbare Produkte anzubieten.

    Der Alkoholgehalt dieser Getränke ist niedriger als bei den bisherigen Alcopops und fällt somit nicht unter das Steuergesetz. Zudem dürfen die neuen Mischungen schon ab 16 Jahren gekauft werden, nicht erst ab 18. Und wenn der Bundestag noch ein weiteres Sondersteuergesetz für die "neuen Alcopops" verabschiedet? "Dazu wird es nie kommen. Da ist die Lobby dahinter viel zu stark", meint Engelhard.

    Wir werden sehen, wie sich die Sache entwickelt und ob es noch andere Sondersteuern geben wird, um den Nachwuchs vom Alkoholgenuss fernzuhalten. Das Paradoxe daran ist, dass es überhaupt nicht von Bedeutung sein wird, weil die Jugendlichen längst die Alternativen zu den Alcopops wieder entdeckt haben. Sie trinken einfach das, was ihre Eltern vor 20 Jahren schon getrunken haben.

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