In seinem aktuellen Programm "Glauben Sie ja nicht, wen Sie da vor sich haben", traut sich Günter Grünwald offen, das auszusprechen, was viele Menschen nur denken. Pointensicher und doppelbödig steht der "Botschafter des guten Geschmacks", wie sich der Ingolstädter selbst nennt, auf bayerischen Bühnen seinen Mann.
Ohne Requisiten und Bühnenbild mit einem Minimum an Technik setzt der Preisträger des Bayerischen Kabarettpreises 2005 sowie des Passauer Scharfrichterbeils 1998 alleine auf Wortgewandtheit und Mimik. Und seine Rechnung geht auf! Das 300-köpfige Publikum, von Grünwald als "kulturhochstehender Kreis" gewertet, hing ihm an den Lippen und lachte Tränen, als sich Grünwald frech, spritzig und aktuell als absoluten "Deppnmagneten" karikierte.
Derb und feinsinnig zugleich verwischte der Künstler, bereits zum dritten Mal in Frammersbach auf der Bühne, die Grenzen zwischen Alltag und Komik.
"Wo sind die armen, eurogeplagten Deutschen?", fragte er aus hochaktuellem Anlass. Im ausgebuchten Reisebüro zog er Bilanz: "Weihnachten die Kinder fressen, weil die Gäns' so teuer waren, aber sechs mal jährlich auf die Malediven jetten". Als Kulturinteressent wagte er einen Blick in das "Land des untergehenden Lächelns". Grünwald zollte der klaren Linie der Chinesen Respekt, "die essen alles, was sich bewegt", während sich Deutschland nur noch im Kreis drehe.
Wolle man nur einen Filzstift mit abgezähltem Geld kaufen, müsse man sich mit lästigen Fragen nach Payback-Karte und Postleitzahl herumschlagen. "Ob's des mit der Mauer wirklich braucht hat", zweifelte der Kabarettist auch an der Wiedervereinigung. Mittlerweile habe er soviel Solizuschlag gezahlt, dass ihm ganz Dresden gehöre.
Der Heimwerker, schon des öfteren von echten, heftigen Männerschmerzen geplagt, erholt sich gern bei Familienfesten, im Kreise von Tante Lisbeth mit ihrem "sabbernden Drecksköter" oder Onkel Hans, der anschaulich von einer komplizierten Totaloperation seiner Gattin berichtete: "Die Narkose bezahle ich auch noch, dafür kriegt sie nix zum Geburtstag". Sonstige angeheiratete "sperrige Charaktere" seien jedoch nur schwer zu ertragen.
Aufs Korn nahm der Kulturbotschafter Sensationsmeldungen der Gattung "Explosiv", in denen sich der übergewichtige, tätowierte Schnauzbartträger im Swingerclub mit Frau Jaffas Orangenhaut vergnügt. Thema war ebenso die Klage des VW-Aufsichtsrates gegen eine Domina wegen Schmerzen in einem Bereich, für den der Komiker "keinen Namen kennt".
Immer wieder mahnte der "Mann mit dem Lotuseffekt, genannt Duschkabine", im Alltag locker zu bleiben. "Alles perlt an mir ab", versicherte Grünwald wiederholt gesten- und mimikreich. Gute Erfahrungen habe er mit dem Duschen im Neopren-Anzug gemacht, während er früher immer von Kopf bis Fuß nass geworden sei.
Köstlich waren Grünwalds augenzwinkernde Anspielungen auf Lebenskrisen, dem großen Problem der Zukunft. Während sich das weibliche Geschlecht die Frage "Kann das alles gewesen sein?" mit der Teilnahme an "Makuzame", der jahrtausendalten japanischen Tradition des Schrankeinräumens, beantworte, gönne sich der Mann die teure Variante einer 20-jährigen Freundin.
Auf die Palme bringen ihn Vornamen des Prominentennachwuchses wie San Diego oder Brooklyn, weil er eben dort gezeugt wurde. Demnach müssten 95 Prozent der bayerischen Kinder "Hinterm Bierzelt" und die restlichen fünf Prozent "Disco-Scheißhaus" heißen.
"Die Senioren von heute sind auch nicht mehr das, was sie mal waren", spannte der Kabarettist den Bogen zur älteren Bevölkerungsschicht. "Ham sie sich früher highockt un g'wart, bis sie von der Stange fallen", machen sie heute im Siechenbus die Gegend unsicher. In quietschbunte Jogginganzüge gekleidet gehöre als letztes Aufbäumen "Nordic walking mit zwei Stecken zum Gradausgehn" zu ihren Lieblingsbeschäftigungen.
Mit der hoffnungsvollen Prophezeiung für eine glückliche Zukunft brauste Grünwald zum wohlverdienten Ende nach einer Zugabe als unvergleichlicher Bodyguard Bonzo im "goldenen Maybach" davon und ließ das Frammersbacher Publikum "in seinem Elend" zurück. Wer mehr von dem Komiker sehen und hören möchte, macht es sich mit einem kühlen Glas Prosecco und einem Kaviarkanapee vor dem Flachbildfernseher bei der monatlichen "Grünwalds Freitags-Comedy" oder der "Spät-Nachts-Show" im Bayerischen Fernsehen bequem.