„Dauercamping“ – als Monika Schäflein damals, gerade als sie ihren Mann kennengelernt hatte, erfuhr, wofür sein Herz jeden Sommer schlägt, sah sie alle gängigen Klischees auf sich zukommen: Ein flattriges Zelt mit vielen Löchern, durch die sich ständig allerlei Ungeziefer in Essen, Wäsche und Schlafsachen verirrt. Nicht mit ihr! Rund acht Jahre später ist Monika Schäflein begeistert von der Idee, ihre Karlburger Wohnung jedes Jahr rund sieben Monate alleine zu lassen und mit der Wohnfläche eines Wohnwagens – vor allem aber mit einem Leben im Freien – einzutauschen.
„Wir haben auch in unserer Wohnung in Karlburg einen Balkon – aber auf dem haben wir, glaube ich, noch nie gefrühstückt“, sagt Monika Schäflein und lehnt sich gemütlich in ihrem Campingstuhl zurück. Ihren ersten Urlaubstag hat sie heute auf dem Campingplatz Karlstadt wie gewohnt mit einem Frühstück im Freien begonnen, ihn dann aber entgegen der Normalität mit einer ausgiebigen Lesestunde fortgesetzt. Die Woche vorher musste sie zu dieser Uhrzeit bereits auf der Arbeit sein. Dauercamping und Berufstätigkeit – für Monika Schäflein und ihren Mann kein Widerspruch.
Raus aus der Alltagsmühle
„Für uns bedeutet das Leben auf dem Campingplatz ein Stück Freiheit, ohne weit fahren zu müssen“, beschreibt die Karlburgerin. Ihr Mann formuliert: Ein Ankommen in einer anderen Welt. Er hat das Dauercampen damals seiner Tochter zuliebe angefangen. Die hatte sich durch lange Schwimmbadtage mit den Campingkindern angefreundet. Weil sie immer gehen musste, wenn es am schönsten wurde, mietete ihr Vater schließlich einen Dauerplatz an – und blieb bis heute.
Was aber macht die Campingwelt so reizvoll? „Du bist raus aus der Alltagsmühle, hast einen anderen Tagesablauf und auf dich warten keine Verpflichtungen, wie zum Beispiel eine Vier-Zimmer-Wohnung, die geputzt werden will“, erklärt Monika Schäflein. Dafür bleibt Zeit zum Lesen, zum Einfach-nur-Herumliegen oder für Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel: Gemeinsam essen, gemeinsam lange am Tisch sitzen bleiben und sich unterhalten und letztlich auch gemeinsam spülen. Und dann sind da auch noch die anderen Camper, mit denen man zusammenhockt, Feste feiert oder sich aushilft.
100 Plätze bietet der Campingplatz Karlstadt. Rund 70 davon sind vermietet an Dauercamper, die restlichen 30 stehen den sogenannten Durchgangscampern zur Verfügung. Doch auch hier kommen oftmals „Wiederholungstäter“, wie Guido Amthor es beschreibt. Seit 14 Jahren betreibt er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Gabi Pinna als Pächter den Campingplatz und weiß, was die Leute – egal ob Dauer- oder Durchgangscamper – am Karlstadter Campingplatz lieben: die familiäre Atmosphäre, die Nähe zur Stadt, vor allem das warme Wasser des Freibads. Wer bei ihm Dauercamping bucht, bekommt zudem einen tollen Service: Auf Wunsch macht er Kühlschränke schon vor der Anreise an oder mäht den Rasen bei längeren Abwesenheiten.
Und so kommen die Leute aus Dänemark, Holland, Dortmund oder Berlin. Aber eben auch aus Kitzingen, Marktheidenfeld, Karlburg oder der Karlstadter Siedlung, so wie das Ehepaar Klara und Adolf Funk. Seit 40 Jahren verbringen sie bereits ihre Sommer im Wohnwagen am Karlstadter Mainufer. „Wir haben als Übergangscamper angefangen und dabei die anderen Dauercamper kennengelernt“, erklärt Adolf Funk. Als dann der Platz in der „Kutschergasse“ unten am Mainufer frei wurde, schlugen sie zu. Seitdem ziehen Klara und Adolf Funk mindestens jedes Wochenende, ab und zu aber auch unter der Woche aus ihrer Drei-Zimmer-Wohnung in der Siedlung in die Einraum-Campingwohnung mit Vorzelt um.
Festzelt aus Pavillons
Genießt Adolf Funk unter der Woche die Ruhe auf dem Platz zum Malen, kommen die Funks am Wochenende wegen der Dauercamper-Gemeinschaft. Die anderen Dauercamper, das sind: links von ihnen die Familie aus Rodgau-Weiskirchen, gegenüber kommt man ursprünglich aus Mainbernheim bei Kitzingen und die Camper schräg versetzt wohnen – außer in Karlstadt auf dem Campingplatz – in Heusenstamm. „Wir freuen uns immer auf das Wochenende, denn das Leben auf dem Campingplatz ist eine Abwechslung zum Alltag“, erklärt Klara Funk.
Neben spontanen Kaffee-Einladungen kommt man aber auch zu Geburtstagen oder sonstigen Anlässen zusammen – auch bei schlechtem Wetter. Dann stellen alle Camper ihre Pavillons zusammen und verwandeln die Fläche vor den Campingwagen so zu ihrem persönlichen Festzelt. Und auch als das Ehepaar Funk damals, anlässlich eines 75. Geburtstags nicht auf dem Campingplatz blieb, sondern in den Bayerischen Wald fuhr, folgte die Campinggemeinschaft heimlich und überraschte das Ehepaar am Ziel.
Die Camper-Gemeinschaft – auch Monika Schäflein genießt sie. Müssen andere Leute, wenn sie Menschen treffen wollen, in die Kneipe, klemmt sich der Camper seinen Klappstuhl unter den Arm und geht ein paar Meter weiter.
Aber hat das Campingleben denn gar keine Nachteile? „Die Geräuschkulisse auf dem Campingplatz ist größer“, sagt Monika Schäflein. Der Regen, die Vögel, das Müllauto, alles ist lauter. Vor allem die Glocken morgens um sieben Uhr – doch um diese Uhrzeit muss sie, zumindest zu Arbeitszeiten, eh aufstehen.