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MAIN-TAUBER-KREIS: Borstenvieh und Schweinespeck

MAIN-TAUBER-KREIS

Borstenvieh und Schweinespeck

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    Schnüffeln, wühlen, rennen: Sauwohl fühlen sich die Bioschweine in Schweigern.
    Schnüffeln, wühlen, rennen: Sauwohl fühlen sich die Bioschweine in Schweigern. Foto: FOTOs Claudia Schuhmann

    Es scheint fast, dass Ignatz Schnitzer den Landwirt René König aus Schweigern im Sinn hatte, als er den Text zur Operette „Der Zigeunerbaron“ schrieb: „Weit und breit bin ich wohl bekannt – Schweinefürst werd' ich nur genannt“, heißt es da. Und das ist das Metier des Schweinefürsten: „Mein idealer Lebenszweck ist Borstenvieh, ist Schweinespeck.

    René König wird zwar nicht Schweinefürst genannt, dafür aber „Bio-König“. Seit nämlich der 35-Jährige vor fünf Monaten seinen konventionellen Mastbetrieb auf Bio-Produktion umgestellt hat.

    Zuvor hielt König auf seinem Hof bei Schweigern 1700 Schweine, die zu „Du Darfst“-Produkten verwurstet wurden. Diese Marke verlangte bereits eine genfreie Fütterung. König wollte aber noch mehr Bezug zur Natur und sympathisierte deshalb schon länger mit der biologischen Landwirtschaft.

    Frische Luft macht lecker

    Da er aber nun schon mal einen neu gebauten geräumigen Schweinestall besaß, wollte er die Bio-Schweinemast auf jeden Fall im großen Stil betreiben. Das Problem dabei: einen Erzeuger zu finden, der so viele Bio-Ferkel liefern konnte.

    Durch die bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall fand König den Kontakt zu einem solchen Betrieb in Norddeutschland. Dort ist das Klima geeigneter zur Ferkelerzeugung im Freien. Denn Bio-Ferkel wird nur, wer eine entsprechende Kindheit verlebt. Bei Königs Ferkelerzeuger genießen die mit Bio-Futter ernährten Muttersauen mit ihren Ferkeln Freilauf.

    Ebenso wie auf dem Hof in Schweigern. In Königs Stall gibt es überdachte Boxen mit behaglicher Liegefläche, sowie einen Auslauf unter freiem Himmel. Die Schweine können sich nach Belieben dort bewegen. Was sie auch leckerer macht, erklärt König. Ein Schwein, das herum laufe und frische Luft atmen könne, entwickle ein besseres Fleisch.

    2,3 Quadratmeter hat den entsprechenden Richtlinien zufolge ein Bio-Schwein zur Verfügung, mit nur 0,7 Quadratmetern muss sich der konventionell gehaltene Artgenosse begnügen.

    René König verfüttert an seine Tiere biologisch erzeugtes Futter, das er bereits fertig gemischt angeliefert bekommt. Wenn das Schweine-Leben seinem Ende entgegen geht – mit 85 bis 120 Kilo, führt der letzte Weg nach Schwäbisch Hall, wo die bäuerliche Erzeugergemeinschaft einen Schlachthof betreibt. Was dort heraus kommt, geht an Edeka Süd sowie an bestimmte Metzgereien.

    Rund 300 Euro bekommt König für ein Bio-Mastschwein. Die konventionell arbeitenden Kollegen erhalten nur rund 130 Euro. Natürlich sei auch das Bio-Futter teurer und durch den höheren Platzbedarf weniger Gewinn zu erzielen, gibt König zu bedenken. Dafür aber bleibe der Ertrag relativ konstant.

    Was reizt René König an der biologischen Landwirtschaft, auf die er zurzeit seinen ganzen Betrieb umstellt? „Vor allem die Tatsache, dass für die Produkte das erzielt wird, was sie wert sind“, sagt der Landwirt. Als Subventionsempfänger bezeichnet zu werden, treibt nämlich nicht nur ihn, sondern auch viele seiner Kollegen zur Weißglut.

    Bio-Produkte sind deshalb natürlich teurer. Ob die Kunden auch in Zukunft noch die höheren Preise akzeptieren werden, kann König nicht einschätzen. „Die Leute wollen Aldi-Preise und Metzger-Qualität“, sagt er.

    Weniger Betriebswirt, dafür seit Jahrzehnten Bio-Bauer mit Leib und Seele ist Otto Striffler aus Waldmannshofen. Er betreibt einen Demeter-Hof im „klassischen„ Stil – von allem etwas. Kartoffeln, Getreide, Luzerne, Möhren, Rote Beete, Kühe und auch Schweine gibt es bei Striffler. „Schweine haben schon immer in unseren Betrieb gepasst“, erklärt der 57-jährige Landwirt. Sein Borstenvieh beschreibt er als „Normalschweine, keine Bodybuilder.“

    Jeden Tag Kartoffeln kochen

    Sie sind die klassischen Abfallverwerter, was sie auf dem Hof in Waldmannshofen auch unter Beweis stellen. Otto Striffler ist der Küchenchef seiner rund 40 Schweine. Kartoffeln aus eigenem Anbau, die sich nicht für den Verkauf eignen, serviert er den Tieren täglich frisch gekocht. Dazu kommt Getreide aus eigener Produktion sowie Erbsen, eine Mineralstoff-Mischung und Grünfutter.

    Gefressen wird teils aus dem Trog, teils vom Boden, damit die Tiere der von ihnen so geliebten Wühltätigkeit nachgehen können. Wer nicht wühlen darf, knabbert aus Verzweiflung die Stallwände an, weiß der Bio-Bauer. Auch bei Otto Striffler können die Schweine zwischen überdachtem Stall und Freifläche wählen. Seine Ferkel bezieht er von einem Demeter-Hof im benachbarten Landkreis Würzburg.

    Strifflers Abnehmer sind die Kurhessischen Fleischbetriebe Fulda, eine hundertprozentige Tochter der Firma Tegut. Geschlachtet werden die Bio-Schweine in Fulda. Dorthin muss Otto Striffler sie selbst transportieren – ein großer Aufwand für den Landwirt aus Waldmannhofen. Dennoch weiß auch Striffler die konstanten Preise zu schätzen. Da das selbst angebaute Bio-Getreide im Schwein besser angelegt sei als im Verkauf, hält er die Borstentiere schon seit 20 Jahren.

    Die Nachfrage nach Bio-Fleisch sei steigend, meint er. Ganz allgemein würden in Deutschland mehr biologisch erzeugte Produkte verlangt, als inländische Erzeuger überhaupt liefern könnten. Deshalb komme so viel Bio-Ware aus dem Ausland. Was an sich auch wieder merkwürdig sei, da dem Prinzip der regionalen Erzeugung zuwider laufend.

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