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TETTNANG: Der Hopfen vom Bodensee reist in alle Welt

TETTNANG

Der Hopfen vom Bodensee reist in alle Welt

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    Lohnendes Geschäft: Hopfenbauer Robert Bentele erntet in Dietmannsweiler mit dem Traktor den Hopfen. Die Landwirte in Tettnang am Bodensee bewirtschaften knapp drei Prozent der weltweiten Anbaufläche für Hopfen. Rund 80 Prozent der Tettnanger Ernte gehe ins Ausland.
    Lohnendes Geschäft: Hopfenbauer Robert Bentele erntet in Dietmannsweiler mit dem Traktor den Hopfen. Die Landwirte in Tettnang am Bodensee bewirtschaften knapp drei Prozent der weltweiten Anbaufläche für Hopfen. Rund 80 Prozent der Tettnanger Ernte gehe ins Ausland. Foto: Fotos: DPA

    Die Bauern in Tettnang am Bodensee bewirtschaften knapp drei Prozent der weltweiten Anbaufläche für Hopfen. Ein Großteil ihrer Ernte geht in alle Welt – dank einer US-Szene, die ihr Bier gern selber braut.

    Mit einem großen Traktor fahren Georg Bentele und sein Sohn Robert durch die Hopfenreben. Eine Ranke nach der anderen schneidet die Maschine am Boden ab und sammelt sie gleichzeitig hinten auf der Ladefläche. Es ist ein ruhiger Tag, außer dem Motorengeräusch sind nur ein paar Vögel zu hören. Der Hopfengarten liegt idyllisch im Grünen, Tettnang und der Bodensee sind nur wenige Kilometer entfernt. Eine überschaubare Welt, könnte man meinen. Doch ein Teil von Benteles Hopfen wird später einen ziemlich weiten Weg zurücklegen: Das Bier, das daraus gebraut wird, trinken Konsumenten auf der ganzen Welt.

    „In jedem Land kann man ein Bier finden, in dem Tettnanger Hopfen steckt“, sagt der Geschäftsführer des Hopfenpflanzerverbands Tettnang, Jürgen Weishaupt. „Wir haben Kunden aus den USA, aus Japan, China, Südamerika oder auch Europa.“ Denn der Hopfen vom Bodensee ist begehrt: Das Tettnanger Anbaugebiet zählt laut Weishaupt weltweit zu den führenden Anbietern von hochfeinem Aromahopfen. Seit fast 170 Jahren wird die Pflanze in der Region angebaut. 1854 ging es noch ganz bescheiden mit drei Hektar los, dreißig Jahre später waren es nach Verbandsangaben bereits 648 Hektar. Heute bewirtschaften rund 150 Betriebe eine Fläche von 1200 Hektar. Die Region ist nach der Hallertau in Bayern das zweitgrößte Anbaugebiet in Deutschland und macht knapp drei Prozent der weltweiten Anbaufläche für Hopfen aus. In diesem Jahr ernten die Bauern nach offizieller Schätzung voraussichtlich 1420 Tonnen.

    Bierfreund aus Amerika

    Größter Abnehmer sei Nordamerika, Japan liege mengenmäßig auf dem zweiten Platz, sagt Weishaupt. Rund 80 Prozent der Tettnanger Ernte gehe ins Ausland. Damit liegt die Exportquote sogar noch über dem bundesweiten Durchschnitt: Von der gesamten Ernte in der Republik werden laut Deutschem Hopfenverband jährlich rund 70 Prozent in über 100 Länder der Erde verkauft.

    Auch Georg Bentele verkauft einen Teil seiner Ernte ins Ausland. Vor einigen Jahren sei zufällig ein Amerikaner – und ausgesprochener Bierfreund – in seine Wirtschaft auf dem Hof gekommen, erzählt er. Aus einem Glas Bier wurde ein gutes Geschäft, seitdem liefert der Hopfenbauer regelmäßig nach Amerika. Sein Kunde sei wählerisch, sagt Bentele schmunzelnd. „Er kommt ab und zu her und sucht sich dann direkt seine Reben aus.“

    Die Tettnanger Bauern profitieren von einer Bewegung, die vor einigen Jahren in den USA aufkam: Den Craft Breweries. Die Szene sei Ende der Siebziger Jahre entstanden, heißt es beim US-Berufsverband „Brewers Association“, der seinen Sitz in Boulder im US-Bundesstaat Colorado hat. Damals seien die verschiedenen Biertraditionen und -sorten, die von Einwanderern ins Land gebracht wurden, nach und nach verschwunden. „Nur Lagerbier ist in den Regalen und Bars aufgetaucht, importiertes Bier hat auf dem Markt keine maßgebliche Rolle mehr gespielt.“ Die Bierindustrie sei damals auf 44 Brauereien geschrumpft, Experten hätten bereits einen weiteren Rückgang auf fünf Unternehmen prophezeit. Stattdessen sei aber zeitgleich eine Kultur des selbstgebrauten Bieres entstanden. „Das Hobby des Selberbrauens wuchs – denn das Bier selbst herzustellen war die einzige Möglichkeit, um die verschiedenen Biertraditionen und -sorten anderer Länder zu erleben.“

    Aromahopfen

    Die Anzahl der „Craft Brewer“ sei dadurch wieder stark angestiegen – von acht im Jahr 1980 auf mehr als 2300 Brauereien im Jahr 2012. Ihr Ziel: Geschmackvolles, aromatisches Bier, Diversität und Vielfalt auf dem Markt. Die Bewegung sei von den USA auch in andere Länder übergeschwappt, sagt Weishaupt: „Nach Brasilien, Italien, Japan, China. Auch in Deutschland gibt es eine kleine Szene.“ Inzwischen experimentierten die Handwerksbrauereien vielerorts mit sehr ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen: „Die wollen alles, was anders ist“, sagt Weishaupt. Es gebe inzwischen sogar Aromahopfen mit dem Geschmack von Mandarinen und Eisbonbons – dabei handele es sich um neue Züchtungen am Hopfenforschungszentrum Hüll in Bayern.

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