Auf welcher Seite der Appel-Apfel-Linie liegt der Main-Tauber-Kreis? Ist das, was Klaus Kleber im ZDF von sich gibt, das einzig wahre Deutsch? Dürfen nur Handwerker und Landwirte Dialekt sprechen? Vielen lustigen und gleichzeitig spannenden Fragen ging die Sprachwissenschaftlerin Dr. Almut König auf den Grund. Ihrem Vortrag im Kloster Bronnbach lauschten zahlreiche Zuhörer – darunter natürlich auch Dialektsprecher.
„Taubertäler Dialekte“ lautete der Titel des Vortrags, zu dem das Kloster Bronnbach eingeladen hatte. Als Mitarbeiterin des unterfränkischen Dialektinstituts an der Universität Würzburg – kurz UDi – ist Almut König eine Kennerin der fränkischen Dialekte. Und fränkisch ist es, was im Main-Tauber-Kreis gesprochen wird. „Die meisten Einwohner ordnen ihren Dialekt selbst als fränkisch ein“, sagt Almut König.
Trotzdem verläuft durchs Taubertal eine Sprachgrenze: Unterostfränkisch ist das, was im Raum Würzburg gesprochen wird, auf südostfränkisch unterhält man sich im unteren Tauberraum. Woher Almut König das so genau weiß? Seit den 1870er Jahren werden die Dialekte in Deutschland systematisch erforscht. Damals entstand unter der Federführung des Sprachwissenschaftlers Georg Wenker der Deutsche Sprachatlas. Wenker erhielt seine Informationen durch Fragebögen, die er im ganzen Deutschen Reich vornehmlich von Schülern ausfüllen ließ.
Auch in den Gemeinden des heutigen Main-Tauber-Kreises tauchten diese Bögen auf. Bei der Auswertung stellte sich heraus, dass der Dialekt je nach Ortschaft variiert. „Hinter unserem Haus stehen drei schöne Apfelbäumchen mit roten Äpfeln“ lautete der Test-Satz, den die Kinder in ihrem jeweiligen Dialekt niederschreiben sollten. „Hinter unserm Haus steahna drei scheni Epflbamli mit roata Epfali“ schrieb der Schüler aus Bad Mergentheim. Und der aus Oberwittighausen brachte zu Papier: „Hiner unnerm Haus steahna drei schönni Öpfelbama mit rodi Öpfali.“
Drei große Dialektgebiete
Ob es nun Epfali oder Öpfali heißt – die Frage nach der Appel-Apfel-Linie ist damit geklärt. Wer in den Apfel ein „pf“ einbaut, spricht einen oberdeutschen Dialekt. Almut König erklärt, dass es in Deutschland drei große Dialektgebiete gibt: niederdeutsch, mitteldeutsch und oberdeutsch. Die Einteilung leitet sich ab von der Geografie des Landes – an der Küste, wo es flach ist, wird Niederdeutsch oder Platt gesprochen. In der Mitte herrscht das Mitteldeutsche, im Süden, auf die Berge zu, das Oberdeutsche.
Einer lange gültigen Definition des Begriffs Dialekt zufolge wurde ein solcher übrigens nur Handwerkern und Landwirten zugebilligt. Mittlerweile, verrät Almut König amüsiert, sieht die Sprachwissenschaft dies nicht mehr so eng. Auch Lehrer, Ärzte oder Banker dürfen sich jetzt mit Fug und Recht als Dialektsprecher bezeichnen.
„Sie leben in einem ganz spannenden und wertvollen Gebiet“, sagt Almut König. Der Main-Tauber-Kreis liege in der Nähe mehrerer Sprachgrenzen. So ist beispielsweise auch die Fest-Fescht-Grenze eine nähere Betrachtung Wert. Anhand des Gedichts „Die Hippe“, niedergeschrieben in den 1950er Jahren von der Königheimerin Rosi Geier, pickt Almut König weitere Besonderheiten aus dem Taubertäler Dialekt: „Hinne“ heißt es dort für „hinten“ – was auch in Hessen so gesagt wird. Und „zugepfetzt“ für „zugedrückt“ – ein mitteldeutsches Wort in oberdeutscher Aussprache.
Derzeit seien übrigens im Main-Tauber-Kreis Befrager unterwegs, verrät Almut König. Bisher klafft nämlich in diesem Bereich Baden-Württembergs noch eine sprachwissenschaftliche Lücke. Die soll nun mit einem Sprachatlas für den nördlichen Teil des Landes geschlossen werden.