Die Gerste macht sich im Südwesten vom Acker. Und weil immer weniger davon angebaut wird, fürchten regionale Brauereien um ihren wichtigsten Rohstoff. Denn ohne Gerste gibt es kein Bier.
Die Gerste steht goldgelb im Wind, die blühenden Ähren sind reif für die Ernte, die Mähdrescher unterwegs: Landwirt Heinz Hahn ist auf den Anbau von Gerste spezialisiert. Die Pflanzen auf seinem Acker in Meißenheim (Ortenaukreis) am Oberrhein sind das Grundprodukt für Bier. Ohne Gerste geht beim Bierbrauen gar nichts.
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Doch im Südwesten ist sie auf dem Rückzug, Brauereien mit regionaler Verankerung fürchten um ihren wichtigsten Rohstoff. „Die Gerste verliert gegenüber Weizen und Mais immer mehr an Boden“, sagt Hahn. Der 60-Jährige baut seit 40 Jahren Gerste an. Diese geht an eine kleine Malzfabrik im wenige Kilometer entfernten Lahr und von dort aus – wenn sie zu Malz verarbeitet wurde – an Brauereien in der Region. Doch das Modell regionalen Wirtschaftens, das Jahrhunderte getragen hat, gerät in Bedrängnis.
Hahns Gerstenfeld wird immer kleiner, Weizen und Mais direkt daneben nehmen immer mehr Raum ein. „Das Geschäft hat sich grundlegend gewandelt“, sagt Hahn. Früher belieferten Landwirte regionale Mälzereien und Brauereien, die Wege waren kurz und direkt. Heute laufe der Handel mit Gerste global. Zudem mischen im Biergeschäft immer mehr international tätige Braukonzerne mit. Der Bezug zur Region gehe verloren. Der Preis werde zum entscheidenden Faktor. Gerste fürs deutsche Bier, auch bei regionalen Marken, kommt häufig aus Frankreich, Dänemark oder aus Australien. Gehandelt wird international an Börsen.
Kleine landwirtschaftliche Betriebe mit überschaubaren Feldern, wie sie typisch sind für Baden-Württemberg, hätten da keine Chance, sagt Hahn. Hinzu kommt: Gerste rechnet sich für die Bauern immer weniger. Mais und Weizen bringen mehr Gewinn und sind leichter anzubauen als die vergleichsweise sensible Gerste. „Der Ertrag beim Weizen hat sich zuletzt fast verdoppelt.“ Bei Gerste sei er auf niedrigem Niveau. „Die Bedeutung der Gerste geht stark zurück“, sagt auch Martin Armbruster, Referent für Erzeuger- und Marktfragen beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) in Freiburg. Gründe seien der Preisverfall und die starke internationale Konkurrenz.
Ein Trend, den das Statistische Landesamt in Stuttgart sowie der Brauerbund Baden-Württemberg bestätigen: Die Zahl der Gerstenfelder im Südwesten sinke seit Jahren. Große Felder mit Monokulturen seien auf dem Vormarsch – mit negativen Folgen für das Landschaftsbild und das ökologische Gleichgewicht. Die Brauereien, die auf regionales Bier setzen, bekommen dadurch ein Problem. „Es ist eine Entwicklung, die wir mit großer Sorge betrachten“, sagt Christian Rasch, Alleinvorstand der landeseigenen Brauerei Rothaus, eine der größten Brauereien in Baden-Württemberg. „Sollte der Trend sich fortsetzen, geraten wir an unsere Grenzen“, sagt Rasch, der sich von der Bierbranche eine größere Sensibilität für das Thema wünscht. „Wir sind auf die Landwirte angewiesen.“
Werde nicht mehr genügend Gerste angebaut, gebe es kein regionales Bier mehr. Um Gerstenbauern einen Anreiz zu verschaffen, zahlt Rothaus zehn Euro pro Tonne zusätzlich. Und verpflichtet sich, Rohstoffe nur aus Baden-Württemberg zu beziehen. Die Folge: 30 Prozent höhere Kosten.
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Betroffen sind auch viele kleinere Brauereien. „Sie können sich von globalen Biermarken nur durch regionalen Bezug behaupten“, sagt Frieder Heitzelmann, Chef der Malzfabrik Eckenstein in Lahr. „Wenn die Grundstoffe des Biers nicht mehr aus der Region kommen, sondern aus der ganzen Welt, dann wird das Bier verwässert und zum globalen Einheitsgetränk.“
Regionale Brauereien könnten im Wettbewerb dann nicht mehr punkten, sagt Heitzelmann. Sie sollten daher wieder verstärkt vor der eigenen Haustüre einkaufen. Nur so werde sichergestellt, dass es hierzulande weiter goldgelbe Gerstenfelder gebe.