Auf Einladung des tauberfränkischen Kommandeurs und Landrat Reinhard Frank hielt Oehler am Dienstagabend einen Vortrag zur Situation in Afghanistan – aus seiner Sicht als ziviler Aufbauhelfer.
Nach der Begrüßung durch Oberst Werner Hellinger, der sich über die lebendige Freundschaft zwischen dem Landkreis und der Bundeswehr freute, schlug dieser mit den Worten „Ohne Wiederaufbau keine Sicherheit und ohne Sicherheit keinen Wiederaufbau“ die Brücke zu Gastredner Oehler.
Oehler, der seinen Vortrag unter dem Titel „Zwischen drei Welten“ hielt, berichtete zunächst von seiner ersten beschwerlichen Reise nach Afghanistan Anfang 2002 und den zu Deutschland völlig unterschiedlichen Begebenheiten. „90 Prozent der Bevölkerung in Afghanistan muss ihr Trinkwasser an öffentlichen Stellen holen und dafür bis zu drei Stunden anstehen“, erklärte Oehler. Weiter schilderte er seinen gespannten Zuhörern, dass es „den Afghanen“ im eigentlichen Sinne nicht gibt. „Es gibt in Afghanistan zwischen 26 und 28 Volksgruppen. Das Land ist von den Stammeskriegen völlig zerrüttet, die das Leben in Afghanistan seit über 20 Jahren beherrschen.“
Oehler ging auch auf die Stellung der Frauen in Afghanistan ein, die ganz besonders unter der Herrschaft der Taliban zu leiden hatten. Während der siebenjährigen Herrschaft der Taliban war es Frauen beispielweise untersagt, einen Beruf auszuüben, alleine aus dem Haus zu gehen und sogar Bildung war für Frauen völlig tabu. Er zeigte auch das „blaue Gefängnis“ der afghanischen Frauen: ein langes blaues Gewand, durch das afghanische Frauen komplett verschleiert sind und lediglich durch eine kleines Netz auf Gesichtshöhe ihre Außenwelt beobachten können.
Staubtrockene Hitze
Er berichtete aber auch von seiner Arbeit als Aufbauhelfer im Bereich der Wasser- und Stromversorgung. „Ich habe Menschen noch nie so glücklich gesehen, als wir die erste Pumpstation zum Laufen gebracht haben“, ging er auf die große Bedeutung des Lebensquells Wasser in einem Land ein, wo im Sommer tagsüber mehr als 40 Grad staubtrockene Hitze herrsche.
Gleichzeitig kritisierte Oehler die „Salamitaktik“ des Bundestages, der die Mandate der Bundeswehr immer nur monatsweise verlängere. „Afghanistan wird unsere Hilfe meiner Ansicht nach noch mindestens für zehn Jahre benötigen, wenn nicht länger. Da dürfen wir nicht einfach irgendwann abhauen und die Bevölkerung ihrem Schicksal überlassen.“ Er betonte in diesem Zusammenhang, dass die „normale“ Bevölkerung nicht wie die Taliban sei. „Die wollen keinen Krieg, die wollen auch nur in Frieden leben.“
Gummibärchen für die Kinder
Äußerst beeindruckend seien für ihn immer auch die Begegnungen mit Kindern gewesen, die trotz der schlechten Situation nie ihr Lächeln verlieren. Er achte deshalb immer darauf, für Kinder ein paar Kleinigkeiten wie Bleistifte oder etwas zum Naschen dabei zu haben. „Sie glauben gar nicht, was für ein Strahlen zwei Gummibärchen in der Hand eines afghanischen Kindes hervorrufen können“, so Oehler.
Trotz der sicherlich guten Wiederaufbaupolitik der Amerikaner und Europas machte er einen Punkt aus, „wo der Westen versagt“ hat. „Es gibt so gut wie keine Ausbildungsberufe in Afghanistan und auch die Unterstützung der Schulbildung komme immer noch viel zu kurz. „Wir können nicht nur Straßen bauen und Kraftwerke eröffnen. Im Bildungsbereich muss noch viel mehr getan werden, denn sonst hat Afghanistan keine Zukunft“, schloss Oehler seinen Vortrag mit diesem zum Nachdenken anregenden Plädoyer.