Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Baden-Württemberg
Icon Pfeil nach unten

EHINGEN: Durchs Land reisen und in die Praxis schnuppern

EHINGEN

Durchs Land reisen und in die Praxis schnuppern

    • |
    • |
    Praxis hautnah: Die Medizinstudentinnen (von links) Katharina Kromer, Anika Beck und Sarah Fennell informieren sich bei dem Allgemeinmediziner Roland Schenzle über dessen Beruf.
    Praxis hautnah: Die Medizinstudentinnen (von links) Katharina Kromer, Anika Beck und Sarah Fennell informieren sich bei dem Allgemeinmediziner Roland Schenzle über dessen Beruf. Foto: Foto: Stefan Puchner/DPA

    Die Zahl der Hausärzte schrumpft in ganz Baden-Württemberg. Besonders auf dem Land sind die Allgemeinmediziner rar. Der Hausarztverband will junge Medizinstudenten anwerben – mit einer Sightseeing-Tour.

    „Schon zauberhaft hier“, sagt Sarah Fennell. Sie sitzt im Wartezimmer einer Arztpraxis in Ehingen (Alb-Donau-Kreis) und schwärmt von der Region. An Freizeitangeboten mangle es nicht und auch der Bodensee sei ja nicht weit, meint die 23 Jahre alte Medizinstudentin aus Tübingen. Fennell und zwei Kommilitoninnen erzählen von ihrer Reise durch Baden-Württemberg. Sie waren auf Schloss Lichtenstein (Kreis Reutlingen), im Klettergarten und bei Ritter Sport in Waldenbuch (Kreis Böblingen). Das Programm klingt nach Familienurlaub. Dahinter steckt aber eine Aktion des Hausarztverbands und der Techniker Krankenkasse. Sie haben die angehenden Medizinerinnen eingeladen, das Land zu erkunden und Hausärzte zu besuchen. Denn Nachwuchsförderung ist bitter nötig. In Baden-Württemberg sind nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung knapp mehr als 7100 Hausärzte tätig. Rein rechnerisch stehen für jeden Landkreis 161 Ärzte bereit. In der Realität sieht es anders aus, denn die Mediziner sind nicht gleichmäßig verteilt. Laut Statistischen Landesamt kommen in Stuttgart auf einen Arzt 448 Einwohner, im Hohenlohekreis dagegen 800 Einwohner. Auch in anderen Kreisen zeigt sich der Engpass: In Mannheim ist ein Arzt für 416 Einwohner zuständig, im Neckar-Odenwald-Kreis hingegen für 801. Mit der Tour wolle man das „Hausarztleben nachspielen“, sagt Urs Kargl. Er ist beim Hausarztverband zuständig für das Projekt „Perspektive Hausarzt“. Ziel sei es, Land und Leute kennenzulernen und einen Einblick in die Arbeit der Hausärzte auf dem Land zu bekommen. Außerdem wolle man den jungen Medizinern ein paar Tipps geben, wo sie sich später als Hausarzt niederlassen können. Knapp 70 Studenten aus ganz Deutschland hätten sich beworben. Sechs Studenten wurden ausgewählt und in zwei Etappen unter dem Motto „Raus aufs Land, rein ins Leben“ durch den Südwesten kutschiert. Anika Beck, Sarah Fennell und Katharina Kromer wurden für die Etappe von Konstanz nach Stuttgart ausgewählt. Mit im Paket: Essen, Unterkunft im Hotel und eine Cabrio-Fahrt inklusive Chauffeur.

    Fast ein Viertel der Hausärzte im Land ist älter als 60 Jahre. Vor allem in den ländlichen Regionen stehen viele Ärzte kurz vor dem Rentenalter. „In den nächsten Jahren werden über 500 Praxen unbesetzt bleiben“, sagt Kargl. Deshalb engagiere sich der Verband seit 2012 verstärkt für den Nachwuchs. Man wolle junge Mediziner rund um die Frage „Wie werde ich Hausarzt?“ betreuen, sagt Kargl. Nicht nur Sightseeing steht auf dem Programm. Das Wartezimmer in Ehingen gehört zur Praxis von Roland Schenzle. Der 55-Jährige ist dort seit 22 Jahren als Allgemeinmediziner Chef. Er hat sich Zeit genommen, um den drei Studentinnen aus seinem Berufsalltag zu erzählen. Auch er ist sich sicher: „Der Mangel an Hausärzten steht vor der Tür.“ Das Gehalt der Ärzte sei in den vergangenen 15 Jahren stetig gesunken. Das schrecke den Nachwuchs ab. Außerdem gelte der Hausarztberuf als stressig und zeitintensiv, sagt Schenzle.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden