Weder Edelmetall noch kostbares Öl: Der Bodenschatz, der rund um Heilbronn und bei Haigerloch abgebaut wird, ist weiß und gibt dem menschlichen Leben Würze. Doch nicht nur deshalb ist Salz Gold wert.
Was haben Feuerlöschmittel, modische Kleidung, feine Gläser, verschneite Straßen, delikate Gerichte und die eine oder andere abergläubische Braut gemeinsam? Sie brauchen Salz. Davon gibt es reichlich in der Region rund um Heilbronn. Seit mehr als 125 Jahren wird der Bodenschatz dort bergmännisch abgebaut. Der weiße Stoff werde in seiner Bedeutung für unsere Gesellschaft häufig unterschätzt, macht Stefanie Hahn von den Südwestdeutschen Salzwerken deutlich. „Salz ist Leben“, sagt sie. Und sie weiß, warum.
Beim Wort Salz denken viele an die kleinen, rund acht Gramm feinen, weißen Körnchen, die täglich auf dem Essen landen – und manch einer vielleicht noch an den Kampf gegen Glatteis auf den Straßen. Weniger bekannt ist, dass Salz und seine Folgeprodukte für die Herstellung von Glas und PVC-Kunststoff, für Seife und Watte, für Waschmittel und Farbstoffe dringend gebraucht werden. „Ohne Salz könnten unsere Häuser nicht so gebaut werden, wie wir sie kennen“, betont Hahn. Vorstandssprecher Kai Fischer sagt selbstbewusst: „In Baden-Württemberg ist es der bedeutendste bergmännisch gewonnene Bodenschatz.“
Vor mehr als 125 Jahren ist die erste Tonne Salz aus dem Heilbronner Schacht gefördert worden. Damals war vieles von dem noch Handarbeit, bei dem heute hochmoderne Maschinen helfen. Der Umsatz mit dem weißen „Schatz“ betrug vergangenes Jahr 347 Millionen Euro bei dem Heilbronner Unternehmen, zu dem auch Südsalz mit der Marke Bad Reichenhaller gehört. Der Überschuss lag bei fast 36 Millionen Euro, höher als in den vier Jahren davor. Der größte deutsche Konkurrent ist Kali und Salz (K+S) mit Sitz in Kassel.
Das Heilbronner Unternehmen hat unter Tage ganze Arbeit geleistet. Rund 800 Kilometer Streckennetz haben seine Männer mit der Zeit in die rund 200 Millionen Jahre alte Salzschicht unter Bad Friedrichshall und Heilbronn gegraben. Das entspricht ungefähr der Entfernung von Heilbronn nach Venedig. 200 Bergleute arbeiten unter Tage, und zwar in drei Schichten. 60 Großgeräte wie Bohrwagen, Sprengstoffladefahrzeuge und Schaufellader sind im Einsatz.
Pro Sprengladung werden zwischen 300 und 1000 Tonnen Salz aus der harten Erdschicht gelöst. Das Rohsalz wird dann über zwei Schächte mit Förderkörben nach oben gefahren. Die Förderkapazität des Konzerns lag 2010 bei rund fünf Millionen Tonnen, der Großteil entfällt nach Angaben der Sprecherin auf Heilbronn. Auch deshalb gehört Baden-Württemberg nach Angaben des Umweltministeriums der zu Spitzengruppe der deutschen und europäischen Steinsalzproduzenten.
„Das Salz langt für die nächsten zig Generationen.“
Stefanie Hahn, Südwestdeutsche Salzwerke
Stolz ist Hahn auf die Qualität ihres Salzes: Die Reinheit von 95 bis 98 Prozent sei etwas Besonderes. Zur Veredelung werde das Salz in der Saline gelöst, gereinigt und wieder auskristallisiert. So werde etwa Speisesalz gewonnen. Vom in Deutschland insgesamt gewonnenen Salz landen nur drei Prozent auf den Teller. 80 Prozent werden Industriesalz und gehen etwa in die Soda-Fabrik. Zwölf Prozent werden im Winter auf den Straßen verteilt und fünf Prozent machen als Gewerbesalz Wasser weich und Kleidung bunt. Neben dem Riesen in Heilbronn wirkt das Salzbergwerk Stetten bei Haigerloch (Zollernalbkreis) wie ein Zwerg. Hier werden in rund 100 Metern Tiefe jährlich etwa 500 000 Tonnen Salz gefördert – weniger als ein Zehntel der Heilbronner Menge. Das Stettener Salz wird in erster Linie in der chemischen Industrie oder im Winterdienst verwendet. Das Bergwerk wurde 1852 errichtet, sagt ein Sprecher, und gehört seit 1960 zum bayerischen Wacker-Konzern – als einziges Salzbergwerk. Rund 70 Menschen arbeiten hier. Besonders ist die geringe Tiefe des Salzvorkommens und ein schräger Förderschacht.
Wie viel Wert das unverzichtbare Gewürz hat, erkannten Württembergs Herrscher früh: Per Salzsteuer profitierten sie munter am Umsatz mit dem kostbaren Gut. Und auch der bundesrepublikanische Fiskus hielt noch die Hand auf: Bis 1992 mussten pro 100 Kilogramm Speisesalz zwölf D-Mark (rund 6,14 Euro) Salzsteuer gezahlt werden. Dass das Salz in absehbarer Zeit so knapp werden könnte, dass wieder eine Steuer fällig wird, befürchtet Hahn nicht. In Heilbronn könnten wohl noch Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte aus dem Vollen schöpfen: „Das Salz langt für die nächsten zig Generationen.“