Nein. Männer bellen bloß lauter, glaubt die Kommunikationswissenschaftlerin Regina Schulz. Sind Selbstdarsteller par excellence. Wohingegen das „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“-Prinzip den Frauen völlig fremd ist. Frauen finden das komisch bis abstoßend. Und deswegen, sagt Schulz, bleiben sie auf dem Weg zum beruflichen Erfolg gern mal in der Warteschleife hängen. Zum Equal-Pay-Day hatte die Agentur für Arbeit in Tauberbischofsheim zu einem Seminar über Erfolgsrituale eingeladen, das Regina Schulz mit Witz und Eloquenz leitete.
Präsenz zeigen
„Glauben Sie, dass in unserer Leistungsgesellschaft das Gehalt von der Leistung abhängt?“, will Schulz wissen. Von den 55 Teilnehmerinnen, alles gestandene Berufstätige, glaubt das keine. Und es stimmt auch nicht. Zu 60 Prozent hänge die Bezahlung vom Bekanntheitsgrad beim Chef ab, zu 30 Prozent vom Image in der Firma, und nur zu zehn Prozent von der Arbeitsleistung, sagt Schulz. Das sind schlechte Nachrichten für all die schüchternen Fleißbienchen, die glauben, ihre Arbeit im stillen Kämmerlein müsse doch irgendwann mal honoriert werden.
Frauen fallen im Arbeitsleben also zu wenig auf. Die Frage ist nur: Wie lässt sich das ändern? „Zeigen Sie Präsenz!“, fordert Regina Schulz. Während Männer in Besprechungen unentwegt quasseln – „das kann 24 Stunden gehen“ – , melden sich ihre Kolleginnen nur halb so oft zu Wort. Außerdem nutzen Männer bestimmte Rituale. Die zu kennen und zu entschlüsseln sei absolut essenziell, meint Schulz.
Ein von Männern gern genutztes Instrumentarium ist das Fußatmer-Ritual. Dessen Kern ist, nach der Besprechung auf einer Schleimspur zum Referenten zu kriechen und ihm ausführlichst zu erklären, wie schön man seinen Vortrag fand. Und schon hat der Fußatmer – auch Schwanzwedler genannt – Präsenz gezeigt.
Gehen Frauen zum Fußatmen? Nein. Frauen gehen zur Arbeit. „Setzen Sie das Charme-Ritual ein“, empfiehlt Schulz. „Sagen Sie einfach kurz, dass Sie den Vortrag gut fanden. Das kostet Sie eine halbe Minute.“ Kontraproduktiv ist laut Schulz auch der weibliche Umgang mit Komplimenten. Auf „Eine schöne Kette haben Sie an“ folge leider allzu oft „Ach, die war ganz billig“.
Komplimente annehmen
Hier ist das zerstörerische „Nein, danke-Ritual“ am Werk, mit dem viele Frauen geschlagen sind. „Das ist total bescheuert“, sagt Regina Schulz. „Das muss aufhören.“ Männer wollen nämlich, dass ihre Komplimente ankommen. Auch die beruflichen. Allerdings seien sie grundsätzlich nicht in der Lage, ein uneingeschränktes Lob auszusprechen, sagt Schulz. Wie ein Hund, der beim besten Willen nicht miauen könne.
Sagt also der Chef: „Ihre Präsentation war sehr gut, nur die Zahlen hätten etwas ausführlicher sein können“, so ist das für ihn das höchste der Gefühle. An den Zahlen hat er eigentlich gar nichts auszusetzen. Es handelt sich einfach um das so genannte „Ja, aber-Ritual“. „ Freuen Sie sich über die 90 Prozent Lob und vergessen Sie den Rest“, empfiehlt Regina Schulz.
Männer nutzen im Berufsleben aber noch andere Methoden. So sind sie geborene Netzwerker. Hocken zusammen, bauen Beziehungen auf und nutzen sie auch. Sollen Frauen also Teil dieser Netzwerke werden? Der Versuch sei zum Scheitern verurteilt, erklärt Schulz. Denn Frauen ist der Zutritt zu Männernetzwerken strikt untersagt. „Ich hab's versucht“, erzählt die Referentin. Stellte sich mit ihrem Bierglas zu einer Männergruppe, die plötzlich nur noch übers Wetter redete. „Bleibt bei eurem Stamm“, sagt Schulz. Hochwertige Frauennetzwerke gebe es mittlerweile in jeder Region zur Genüge. Ein Blick ins Internet genüge.
Vorsicht vor Zicken
Auch ein Mentor kann auf dem Weg nach oben helfen. Allerdings nur einem Mann. Wird ein Mann der Mentor einer Frau, droht der Vaterkomplex. Heißt: Hilfe gibt es nur, solange „das Mädel“ brav ist und Papi nicht zu übertrumpfen versucht. Deshalb muss für eine Frau auch eine Frau als Mentor her. Aber Vorsicht: Unter Umständen droht hier Zickenalarm.
Vor Zicken warnt Regina Schulz eindringlich. Während sich Männer ihrer Rituale und deren Hinderlichkeit fürs weibliche Fortkommen fast nie bewusst seien, würden Zicken stets in böswilliger Absicht gegen andere Frauen aktiv. Wer mit einer Zicke als Chefin geschlagen sei, könne eigentlich nur noch die Firma wechseln, resümiert Schulz. Denn ob nun eine Horde Schwanzwedler oder eine Super-Zicke der strebsamen Frau das Leben schwer machen – stets ist eine jede für ihren Erfolg selbst verantwortlich.
Das Seminar Business-Rituale
Der Anlass: Zum Equal Pay Day hat die Agentur für Arbeit Tauberbischofsheim zusammen mit dem Regionalbüro der Arbeitsgemeinschaften in Heilbronn, Hohenlohekreis, Main-Tauber-Kreis und Schwäbisch Hall zum Seminar „Magische Erfolg-Rituale für Business-Hexen“ eingeladen. Der Equal Pay Day, der diesmal am 26. März stattfand, will auf das Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen aufmerksam machen.
Die Referentin: Regina Schulz, Jahrgang 1964, ist Geschäftsführerin einer von ihr gegründeten Unternehmensberatung. Sie hat Sozialpädagogik und Kommunikationswissenschaften studiert und hat 15 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen Konzeption, Schulung, Kommunikation und Public Relations. Seit 2000 ist sie in Weinstadt bei Stuttgart selbstständig tätig.