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EBERBACH: Fünf Kilo Schweineschwarte für ein Kilo Gelatine

EBERBACH

Fünf Kilo Schweineschwarte für ein Kilo Gelatine

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    Gummibärchen, Joghurt, Arzneimittelkapseln – Gelatine ist im Alltag präsenter, als mancher annehmen würde. Das Bindemittel aus tierischen Eiweißen gibt gummiartigen Süßigkeiten zum einen ihre Form, zum anderen sorgt es dafür, dass sie im Mund schmelzen, erklärte Ralf Pätzold vom Bund Deutscher Lebensmittelchemiker im öffentlichen Dienst (BLC). Bei Medikamenten wird Gelatine ebenfalls eingesetzt, weil sie bei Körpertemperatur schmilzt. „Arzneimittelkapseln lösen sich erst im Magen oder Darm auf und geben ihren Wirkstoff gezielt frei“, sagte Pätzold.

    Ein großes Problem sei, die Rohstoffe Schweineschwarte, Rinderhaut und Knochen zu beschaffen, sagte Franz Josef Konert, Vorstandsvorsitzender von Gelita.–Das Familienunternehmen aus Eberbach (Rhein-Neckar-Kreis), das nach eigenen Angaben mit einem Viertel der Weltproduktion Marktführer ist, verarbeitete im vergangenen Jahr mehr als 500 000 Tonnen der tierischen Rohstoffe.

    Viele europäische Schlachtbetriebe liefern mittlerweile komplette Schweinehälften nach China und Russland, wo auch Schwarte und Füße verzehrt und deswegen höhere Preise erzielt werden. „Wenn das Schwein erst einmal drüben ist, ist der Rohstoff für uns weg“, so Konert. Für ein Kilogramm Gelatine brauche man fünf Kilogramm Schweineschwarte.

    Auf der anderen Seite wachse die Nachfrage nach Gelatine stetig – vor allem in Asien. Gelita steigerte seinen Umsatz 2011 um 16,5 Prozent auf 510 Millionen Euro. Rund 60 Prozent der Produktion verkauft es an die Lebensmittelindustrie – für Gummibärchen, Joghurt oder Blattgelatine zum Backen. Rund 30 Prozent gingen an die Pharmaindustrie. Wegen des Siegeszugs der Digitalfotografie ist die Nachfrage nach Produkten für die Fotoindustrie in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Derzeit werden noch rund fünf Prozent des Unternehmensabsatzes für die Beschichtung von Filmen verwendet.

    Dagegen steige die Nachfrage nach Kollagen-Peptiden. Das sind Eiweißzusatzstoffe, die zum Beispiel in Anti-Falten-Cremes, Gelenkmedikamenten oder Fitness-Drinks zum Einsatz kommen. Ein Trend sind laut Konert zudem Halal-zertifizierte Produkte für Muslime, die weder Schweineschwarten noch Schweineknochen enthalten.

    Die Gelatine durch pflanzliche Bindemittel beispielsweise aus Algen zu ersetzen, ist nach Angaben des Lebensmittelchemikers Pätzold schwierig. Einerseits seien diese Produkte teurer, erklärte er. Andererseits seien das Gefühl beim Kauen nicht dasselbe: „Es gibt auch Gummibärchen aus Agar-Agar, aber das ist dann eben nicht das Gummibärchen, das man kennt.“

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