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HEIDELBERG: Heidelbergs Bahnstadt gegen Wohnungsnot

HEIDELBERG

Heidelbergs Bahnstadt gegen Wohnungsnot

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    Ein ganzes Viertel im Passivhaus-Standard: Immer mehr Bewohner gibt es Heidelberger Stadtteil Bahnstadt.
    Ein ganzes Viertel im Passivhaus-Standard: Immer mehr Bewohner gibt es Heidelberger Stadtteil Bahnstadt. Foto: Foto: Uwe Anspach/DPA

    Was menschenleer begann, entwickelt sich zu einem lebendigen Stadtteil: eine riesige Passivhaussiedlung mitten in Heidelberg. Doch ein Baustellengefühl bleibt.

    Als Alessa Nägele Ende 2012 einzog, wirkte die Heidelberger Bahnstadt noch wie eine Geisterstadt. „Es gibt doch diesen Film mit den Aliens, in dem die Stadt komplett verlassen ist – so war das hier damals. Ein bisschen gruselig“, erinnert sich die 29-Jährige. „Das hier muss man auch wollen. Denn die Pioniere leben auf der Baustelle.“ Ein Jahr nach dem Einzug kam Nägeles Tochter Emilia zur Welt. „Eine echte Bahnstädterin“, sagt die Mutter stolz. Heute ist das neue Viertel in der Nähe des Hauptbahnhofes zwar noch immer zu großen Teilen Baustelle. Inzwischen leben hier aber schon rund 2000 Menschen, Monat für Monat ziehen neue Bewohner ein.

    Die Bahnstadt ist eines der größten deutschen Stadtentwicklungsprojekte. Mit einer Fläche von rund 116 Hektar wird das Quartier am Ende größer sein als die Heidelberger Altstadt. Das Besondere: Alle Häuser werden im Passivhaus-Standard gebaut, sind also besonders energieeffizient. Nach Angaben der Stadt entsteht so die größte zusammenhängende Passivhaus-Siedlung der Welt. Auch das Passivhaus Institut in Darmstadt bestätigt diesen Superlativ. „Der Ansatz, ein ganzes Quartier im Passivhaus-Standard zu errichten, ist einmalig und hat schon von daher Vorbildcharakter für andere Städte“, sagt ein Institutssprecher. Nicht für jeden Käufer oder Mieter ist indes die Energieeffizienz das ausschlaggebende Kriterium. „In manchen Punkten ärgert es mich sogar, weil wir keinen offenen Kamin mehr haben können, wie wir ihn vorher hatten“, sagt Maren Klug, die noch darauf wartet, ihre Wohnung zu beziehen. Momentan werkeln darin Bauarbeiter. Doch bis der Sommer vorbei ist, soll sie einziehen können. Die 43-Jährige steht zwischen Bauutensilien auf ihrer Dachterrasse und blickt auf die Nachbarhäuser. Sie sind sehr modern gehalten, gradlinig, in hellen Farben. Viel Abwechslung gibt es nicht. Ein bisschen wirkt das Viertel wie eine Feriensiedlung. In vier bis fünf Jahren soll die Wohnbebauung in der Bahnstadt komplett fertig sein. Früher war hier der Güter- und Rangierbahnhof, dessen Gelände 1997 stillgelegt wurde. Im 15. Stadtteil von Heidelberg entstehen Wohnungen für bis zu 6000 Menschen. Aber auch Unternehmen und Wissenschaftsinstitutionen siedeln sich an. Rund 7000 Berufstätige sollen am Ende in dem Quartier arbeiten. In Heidelberg ist Wohnraum rar, die Mieten sind zum Teil extrem hoch. Neben der Bahnstadt setzt die Stadtverwaltung auf Flächen, die durch den Abzug des US-Militärs frei werden. Auch ein kleiner Teil des neuen Quartiers beherbergte zuvor amerikanische Liegenschaftsverwaltungen und ein US-Kaufhaus. „Ich habe im Prinzip hier meinen Traum gesehen“, sagt Wohnungsbesitzerin Klug. „Dabei ist es eigentlich nicht mein Baustil. Heute ist das sehr modern. Die Frage ist: Wie ist das in 20 Jahren?“

    Überzeugt habe sie die Nähe zum Zentrum bei gleichzeitigem Blick auf viele freie Flächen. Zudem sei die Wohnung sehr intelligent geschnitten. „Wir haben sie gesehen, reserviert und sechs Wochen später gekauft.“ Noch dazu habe die Bahnstadt-Kita, die ihr Sohn besuche, geniale Öffnungszeiten. Auch die Nachbarn gefallen Klug. „Ich finde die Leute hier total spannend, sehr offen.“ Wenn die Bahnstädter Fragen haben, kommen sie in den Nachbarschaftstreff. „Das fängt an mit: Wo ist hier der nächste Kinderarzt? Oder: Warum ist hier noch keine Bücherei?“, erzählt Leiterin Stefanie Ferdinand. Es herrsche ein großes Gemeinschaftsgefühl, sogar einen Bahnstadt-Chor gebe es. Die Bahnstadt sei zwar schon noch immer „ein bisschen Puppenstube“, sagt sie. „Man kann es nicht vergleichen mit einem alten historischen Stadtteil. Aber es wird langsam lebendiger.“

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