Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Tauber
Icon Pfeil nach unten

NIKLASHAUSEN: Heimatliebe in Handarbeit

NIKLASHAUSEN

Heimatliebe in Handarbeit

    • |
    • |
    Von Oktober bis Februar sieht man unter anderem Walter Herden (von links) „Meisterentbuscher“ Karl Englert und „Meistermauerbauer“ Gerhard Kneucker beim Herrichten der Trockenmauern oder Entbuschen der Flächen.
    Von Oktober bis Februar sieht man unter anderem Walter Herden (von links) „Meisterentbuscher“ Karl Englert und „Meistermauerbauer“ Gerhard Kneucker beim Herrichten der Trockenmauern oder Entbuschen der Flächen. Foto: FOTOs heike heise

    Es war Mitte Oktober, als eine kleine Abordnung aus Niklashausen sich auf den Weg nach Bad Wurzach machte. Mit dabei Ortsvorsteherin Marlise Düx. Sie nahm stellvertretend für alle Beteiligten den Kulturlandschaftspreis 2009 in Empfang. In der Ehren-Urkunde steht unter anderem: „...für die Wiederherstellung von 350 Meter Trockenmauer am Bergpfad nach Höhefeld, die Entbuschung des Steilhanges und den Aufbau der Trockenmauern um die Beghardenhöhle...“.

    Über die 350 Meter muss Düx schmunzeln. Denn mit der Preisverleihung ist die Initiative nicht beendet. Auch jetzt arbeiten die Helfer am Mühlberg. Hin und wieder weist ein abendliches Feuer darauf hin, dass Karl Englert, Gerhard Kneucker, Walter Herden und noch ein paar Helfer fleißig entbuscht haben.

    Das Taubertal ist geprägt von steilen Berghängen. Vor Jahrhunderten trotzten die Bewohner mit terrassierten Trockenmauern ihnen landwirtschaftliche Nutzfläche ab. Auch in Niklashausen. Auf dem Mühlberg Richtung Gamburg, wurde bis 1930 Wein angebaut. Bis in die 1960er dienten die Flächen als Streuobstwiesen und zur Futtergewinnung.

    Auch Marlise Düx erinnert sich, wie die Bauern in einer Kiepe Mist hinaufschafften und die Grasmahd für ihr Vieh hinunter trugen. Doch die Moderne machte vor dem Mühlberg nicht halt. Immer mehr wucherten Weißdornbüsche, weil sich viele Eigentümer nicht mehr um ihre Hanggrundstücke kümmerten.

    Ein Pressebericht brachte 2002 den Stein ins Rollen: Düx erfuhr von einem Förderprogramm für die Freilegung verbuschter Flächen. Im Frühjahr 2003 fielen die ersten Büsche auf dem „Konfirmandenpfädle“ nach Höhefeld der Motorsense zum Opfer, nachdem die Initiative in das Landschaftspflegeprogramm des kommunalen Landschaftspflegeverbandes aufgenommen wurde.

    Schnell war allen Beteiligten klar, dass eine Entbuschung allein nicht ausreicht. Der Zahn der Zeit und vor allem der Bewuchs hatte auch an den Trockenmauern genagt. Sie waren teilweise eingefallen oder nicht mehr vorhanden. Gerhard Kneucker, ehemaliger Versetzer im Natursteinwerk Hofmann, nahm sich den Trockenmauern an: „Was Sie hier sehen ist fast alles reine Handarbeit“, lacht der Mann, den Marlise Düx „Meistermauerbauer“ nennt.

    Er weiß manche Begebenheit vom Herrichten der Mauern zu erzählen. Teilweise mussten ihn mehrere Leute von hinten stützen, damit er seine „bissigen“ Steine aufsetzen konnte.

    Inzwischen ist nicht nur der Höhefelder Pfad mit seinen teils 2,5 Meter hohen Mauern freigelegt. Vom sichtbaren Erfolg angetrieben widmet man sich dem Höhlenweg mit der Beghardenhöhle. 1476 soll hier ein Eremit gehaust haben, der dem berühmten Pfeifer Hans Böhm als Einflüsterer diente.

    Heute kann man nicht nur die Höhle besichtigen, sondern nach der Entbuschung auch einen wunderschönen Blick ins Tal werfen. Das vom Aussterben bedrohte Schwärzliche Drehzahnmoos ist dort wieder genauso zu hause wie Ringelnatter, Kuckuck oder Salamander. In unmittelbarer Nähe der Höhle ist im Mai diesen Jahres ein kleiner Schauweinberg entstanden. Eine Reminiszenz an die Geschichte des Mühlbergs. 50 Weinstöcke, darunter alte Rebsorten wie Gutedel, weißer Elbling oder Tauberschwarz sind als lebende Denkmäler zurückgekehrt.

    Die Nachpflege nimmt einen wesentlichen Teil der Arbeit am Mühlberg ein. Deswegen kann sich Düx mit dem Gedanken anfreunden, dass Ziegen oder Schafe dort grasen: „Das würde die Nachpflege erleichtern.“ Insgeheim hofft sie, dass sich die Eigentümer wieder um ihre Grundstücke kümmern. „Die sind manchmal irritiert, wenn sie heraufkommen und ihr Grundstück suchen“, berichtet „Meisterentbuscher“ Karl Englert. Denn manch Orientierungspunkt – wie ein moosbewachsener, aus der Mauer gefallener Stein oder ein abgestorbener Baum – fehlt.

    Den wiederbelebten Mühlberg fest in Beschlag genommen hat der Kindergarten. „Die haben Äpfel aufgesammelt und sich über frisch gepressten Saft gefreut“, sagt Englert stolz. Ihm und seinen Helfern ist das mehr Lob als die 1 500 Euro vom Kulturlandpreis.

    Inzwischen haben die fleißigen Helfer am Mühlberg und am Hallenberg eintausend Meter Trockenmauer entbuscht und instand gesetzt. Damit vor allem Brutvögel nicht gestört werden, können Englert und Co nur von Oktober bis Februar entbuschen. Und so sieht man heuer die kleinen Feuer am Mühlberg, wenn das gerodete Kleingehölz verbrannt wird. Sie zeugen davon, wie sich Niklashausen seine Landschaftskulturgeschichte wieder zurückerobert.

    Das Stichwort

    Kulturlandschaftspreis

    Der Schwäbische Heimatbund (SHB) vergibt den Kulturlandschaftspreis zusammen mit dem Sparkassen-Verband Baden-Württemberg. Damit wird das besondere Engagement von Initiativen, Vereinen oder Einzelpersonen gewürdigt, die sich um die Erhaltung der Kulturlandschaft besonders verdient gemacht haben. Dieses Jahr erhielten sieben Preisträger, darunter die Niklashäusen, diese Anerkennung. Sie ist mit insgesamt 12 500 Euro dotiert.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden