Tauberbischofsheim "Das ist der pure Nepp." Bürgermeister Wolfgang Vockel ist empört. Auf Seite 96 des Telefonbuchs "Das Örtliche" für Tauberbischofsheim und Umgebung steht über dem Eintrag "Stadtverwaltung siehe Anzeige oben" der Eintrag "Stadt/Info-Zentrale zu Behörden-Angelegenheiten Tauberbischofsheim" in Großbuchstaben.
Wer diese Nummer wählt, gerät an einen Anrufbeantworter. Eine freundliche Dame beginnt: "Sehr geehrte Mitbürger, aufgrund des großen Besucher- und Telefonandrangs und der zum Teil kurzen Öffnungszeiten, nutzen Sie bitte die gleich mitgeteilte Servicenummer, um persönlich mit einem unserer freundlichen Sachbearbeiter Ihr Anliegen sofort zu besprechen. Wir helfen Ihnen gerne weiter."
Um die vorgebliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, muss der Anrufer erneut eine Telefonnummer wählen, die mit den Zahlen 0190 beginnt. Bei vielen läutet da sofort die Alarmglocke: Achtung, das kostet. Tatsächlich, lautet es in der Ansage, berechnet die leistungsanbietende I-tel Com Informationsdienste und Telekommunikation GmbH pro Minute 1,86 Euro.
Wer sich darauf einlässt und die 0190er Nummer tippt, hört wieder eine Stimme. Zunächst ertönt vom Band der Hinweis auf die Kosten, dann geht es schier endlos weiter: dass die Ämter überlastet sind und zu kurze Öffnungszeiten haben, dass telefonisch kompetente Sachbearbeiter auch außerhalb der Öffnungszeiten bereit stehen, dass diese sämtliche Informationen von direkten Durchwahlnummer und Anschriften geben sowie über allgemeine Informationshilfen verfügen, "um den Behördengang schnell, einfach und unproblematisch zu bewältigen".
Dann erläutert die Stimme, dass sich der Anrufer im Hauptmenü befindet und die "eins" auf der Tastatur drücken soll, wenn er Informationen zum Arbeitsamt hören will. Ausführlichst werden die Tastenwahlfelder von eins bis zehn erklärt. Vom Finanzamt über das Jugendamt, Gesundheitsamt, Straßenverkehrsamt, Hoch- und Tiefbauamt, das Einwohnermeldeamt, das Wohngeldamt, das Sport- und Bäderamt und so fort.
Ist die Dame bei Punkt zehn angekommen, beginnt die Ansage von Neuem. Knapp vier Minuten oder knapp 7,44 Euro sind da bereits verbraten. Wer versucht, tatsächlich einen der freundlichen Sachbearbeiter an die Strippe zu bekommen, hat wiederum Pech. Beim Selbstversuch passierte gar nichts. Also noch einmal die ganze Leier hören und wieder knapp 7,44 Euro in den Wind schießen?
Zudem ist sowieso klar, dass sich die Ansage nicht auf die Kreisstadt bezieht, sondern offensichtlich großangelegt ist. Denn Zuständigkeiten wie Jugend- , Verkehrs- oder Gesundheitsamt sind dem Landratsamt zugeordnet und nicht der Stadt. Arbeits- und Finanzamt sind bundesweit außerkommunal organisiert.
Gerhard Baumann, Kriminalkommissar bei der Polizeidirektion Tauberbischofsheim, meint, dass es von anderen Telefonen vielleicht möglich wäre, weiter zu kommen und noch mehr Geld auszugeben. Generell empfiehlt er aber:"Keine 0190er Nummer anrufen." Ist der Anrufer auf die Kosten hingewiesen worden, liegt aber kein Betrug vor," so Baumann.
Dennoch ist so ein Telefonbucheintrag, der Service rund um die Behörden vorgaukelt, mehr als ärgerlich für Stadt und Bürger. Bei der Tauberbischofsheimer Notierung handelt es sich um keine Werbeanzeige, wie der herausgebende Würzburger Robert Krick Verlag auf Anfrage mitteilte. "Das ist ein kostenfreier Standardeintrag der Telekom", so Birgit Schneemann.
Iris Grolig von der Service Hotline der Deutschen Telekom meinte, es werde nicht bei jedem Eintrag überprüft, wer sich meldet. Sie wusste aber, das es schon mehrfach Ärger im Zusammenhang mit Städten wie Pforzheim oder Karlsruhe wegen solcher angeblicher Behördeneinträge mit 0190er Nummer gegeben hätte und verwies an die Rechtsabteilung ihres Unternehmens in Bonn.
Rüdiger Gräwe von der Pressestelle der Telekom in Bonn ließ die 0190er Nummer prüfen und stellte fest, dass diese Nummer nicht von der Deutschen Telekom, sondern von Colt Telecom geschaltet sei.
Der Netzbetreiber Colt Telecom mit Sitz in Frankfurt nannte das Problem beim Namen. "Es handelt sich da um eine Grauzone von Diensten im Rahmen des rechtlich zulässigen," sagte ein Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden wollte. "Das ist zwar unschön aber rechtlich nicht angreifbar." Als einzige, so sein Tipp, könnte sich die Stadt wehren und verlangen, dass sich der Eintrag vom Wortlaut her von dem der Stadt klar abgrenze.
Bürgermeister Wolfgang Vockel will das tun: "Wir werden zumindest verlangen, dass das Wort Stadt gestrichen wird."
Die Bürgerbüronummer der Stadt- verwaltung ist die 80311. Um Überlastungen zu vermeiden wird dort automatisch zu einem freien Telefon weitergeleitet.