Die Stimme von Vera Herberich klingt zart, kindlich noch. Kein Vergleich zum vollen Tenor von Ethan Freeman, neben dem die zwölfjährige Schülerin aus Würzburg demnächst auf der Bühne der Röttinger Frankenfestspiele bestehen muss. Trotzdem ist Musikdirektor Walter Lochmann begeistert von dem Mädchen. Sie passt genau in die Rolle, die ihr in dem Musical „Der geheime Garten“ zugedacht ist.
Die künstlerischen Leiter der Frankenfestspiele wagten sich an den Versuch, die jugendlichen Hauptrollen mit talentierten Akteuren aus der Region zu besetzen. Vera Herberich ist eine von vier jungen Sängerinnen und Sängern, die Walter Lochmann und Schauspieldirektor Sascha Oliver Bauer in einem Casting dafür ausgewählt haben.
Neues zu probieren, das Publikum zu überraschen, ist eines der Rezepte, die Lochmann und Bauer konsequent vorfolgen, seit sie vor drei Jahren die Leitung der Festspiele übernommen haben. Die Frankenfestspiele im kleinen Röttingen, ausgestattet mit schmalem Budget, so über die Region hinaus bekannt zu machen und einem großen Zuschauerkreis zu erschließen, ist dabei ihr Ziel.
„Ich weiß, dass Kinder so etwas können und finde es wunderbar““
Walter Lochmann Musikdirektor
Das Rezept hat gewirkt. Die Zuschauerzahlen sind gestiegen und haben sich im vergangenen Jahr trotz einiger Wetterkapriolen stabilisiert. Bundesweit berichten Fachzeitschriften über die Frankenfestspiele. In diesem Jahr also ein neuer Versuch zu zeigen, dass das künstlerische Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist.
Vor allem wird dies an der Auswahl der Stücke deutlich. Nach „Dracula“ und „Der Graf von Monte Christo“ – in klassischer Musical-Manier umgesetzte Stoffe um Liebe und Hass, Rache und Intrige – geht der „Der geheime Garten“ ins Märchenhafte, Mystische. Das kleine Mädchen Mary Lennox sucht Trost in der Fantasiewelt eines verborgenen Gartens, um den Verlust ihrer Eltern zu überwinden. Allein durch ihre Zuversicht und ihre starke Persönlichkeit gelingt es ihr, auch die Menschen um sie herum glücklich zu machen.
Dass es gelingt, die passende Besetzung für die Rolle der Mary Lennox zu finden, daran hat Walter Lochmann keinen Moment lang gezweifelt. „Ich weiß, dass Kinder so etwas können und finde es wunderbar“, sagt Lochmann, der vor seiner Theaterlaufbahn lange als Musikpädagoge gearbeitet hatte und sich bis heute regelmäßig mit Kinder- und Jugendmusikprojekten beschäftigt.
Im Dreiklang der Frankenfestspiele aus Musical, Operette und Schauspiel nimmt den Operettenpart in diesem Jahr ebenfalls eine ungewöhnliche Inszenierung ein. Im Mittelpunkt von Franz Lehárs „Paganini“ nimmt der Tenor und Geiger Alexandru Badea die Rolle des „Teufelsgeigers“ Nicolo Paganini ein. An seiner Seite – auf der Bühne wie im richtigen Leben – Ehefrau Elena Dediu in der Rolle seiner Geliebten, Fürstin Anna Elisa, die Schwester von Napoleon Bonaparte.
Der Wahl des Stücks liegt eine Anekdote zugrunde, erzählt Walter Lochmann. Vor zwei Jahren war Elena Dediu erstmals in Röttingen in einer Hauptrolle in der Operette „Der Bettelstudent“ zu sehen. Alexandru Badea nutzte das Engagement seiner Partnerin für einen Urlaub an der Tauber. Beim gemeinsamen Musizieren mit Badea sei die Idee entstanden, ihn als Paganini auftreten zu lassen – eine Operette, die wegen der hohen Ansprüche an die Hauptrolle nur selten gespielt wird.
Das Drama „Der Weibsteufel“ von Karl Schönherr hingegen gehört, zumindest in Österreich, zu den meistgespielten Theaterstücken. Neben Musical und Operette wollen die künstlerischen Leiter das Schauspiel dauerhaft im Festspielplan etablieren. Die Inszenierungen von Schillers „Kabale und Liebe“ und Shakespeares „Kaufmann von Venedig“, inszeniert gemeinsam mit einem Heidelberger Ensemble, erntete zwar gute Kritiken, der erhoffte Zuspruch des Publikums blieb aber aus.
In einem neuen Anlauf versucht es Pavel Fieber, der auch bei „Paganini“ Regie führt, mit einem alpenländischen Drama, besetzt mit Mitgliedern des Operetten-Ensembles.
Unterstützt werden die Schauspiel-Profis in der Operette und dem Musical auch in diesem Jahr wieder von den 25 Mitgliedern eines Extra-Ensembles von ambitionieren Laien aus der Region. Neu ist der zusätzliche Chor von vier ausgebildeten Sängerinnen, die im geheimen Garten in Aktion treten.
Neu ist auch das Theaterfest im Burghof, das den Gästen am Sonntag, 14. Juni, bei dem die Ensemblemitglieder die Stück vorstellen und einen Einblick in die laufende Probenarbeit gewähren. Bereits am 11. Mai starten die Kinderfestspiele mit dem Musical „Das magische Baumhaus“. Bis zum 20. Mai sind außerdem die Stücke „Die drei ??? Kids und du – Zirkus der Rätsel“, „Pippi Langstrumpf“ und „Findus zieht um“ zu sehen. Für Kinder und Erwachsene ist die Aufführung des Märchen-Musicals „Der Zauberer von Oz“ am 17. Mai gedacht.
Frankenfestspiele 2015
Die Frankenfestspiele Röttingen 2015 beginnen am 25. Juni und enden am 16. August.
Spielplan:
Theaterfest: Sonntag, 14. Juni, ab 14 Uhr im Burghof.
„Paganini“: Operette von Franz Lehár, Premiere: Donnerstag, 25. Juni.
„Der Weibsteufel“: Schauspiel von Karl Schönherr, Premiere: Donnerstag, 2. Juli.
„Der geheime Garten“: Musical von Marsha Norma und Lucy Simon und deutscher Übersetzung, Premiere: Donnerstag, 16. Juli.
Festkonzert des Festspiel-Ensembles: Sonntag, 26. Juli.
Das Konzert von Konstantin Wecker und Band am 28. Juli ist bereits ausverkauft.
Karten sind im Vorverkauf in der Tourist-Information Röttingen, Tel. (0 93 38) 97 28-55, -57 und -59, online, in den ReserviX-Vorverkaufsstellen sowie beim Ticket-Service der Main-Post, Tel. (09 31) 6001 6000,
E-Mail: ticketservice.mainfranken@mainpost.de, erhältlich.
Nähere Informationen im Internet unter www.frankenfestspiele.de.